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Merkel: "Umfragen nicht mein Maßstab"

12. Oktober 2015

Nicht nur das Bundesland Bayern hat mit der Politik der Kanzlerin in der Flüchtlingsfrage so seine Probleme. Am Abend gab es ein Treffen mit den Innenministern - und Merkel spricht mit der "Bild"-Zeitung über ihren Kurs.

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Merkel unter Druck
Bild: picture-alliance/dpa

Das Treffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Innenministern von Bund und Ländern zur Flüchtlingskrise ist am Sonntagabend offensichtlich ohne konkrete Ergebnisse zu Ende gegangen. Man habe sich intensiv über die Probleme der Länder und Kommunen ausgetauscht, sagte Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) nach dem fünfstündigen Treffen im Kanzleramt. Klar sei, dass in der Krise nicht eine einzelne Maßnahme helfen werde, sondern dass ein Bündel von Maßnahmen notwendig sei. Über die Einführung von Transitzonen an den deutschen Grenzen wolle man weiter im Gespräch bleiben. Das sei eine schwierige Problematik, sagte Jäger.

Sein CDU-Kollege aus Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier, erklärte, eine Einführung solcher Zonen sei auf Ebene der Ministerpräsidenten zu regeln. Er sei zuversichtlich, dass es da zu einer Lösung komme. Nach den Worten des neuen Flüchtlingskoordinators Peter Altmaier (CDU) will die Koalition in den nächsten Tagen über solche Zonen entscheiden. In diesen sollen Asylsuchende ohne Chance auf Anerkennung schneller wieder abgewiesen werden können.

Transitzonen als Ausweg aus der Krise?

Eine solche Sonderregelung gibt es schon im Flughafenverfahren. Wer auf dem Luftweg einreist und keine oder gefälschte Ausweispapiere bei sich hat oder aus einem als sicher eingestuften Herkunftsland kommt, kann am Flughafen festgehalten werden, während sein Asylgesuch innerhalb weniger Tage bearbeitet wird.

Dem NRW-Minister Jäger zufolge sprachen Merkel und die Innenminister auch darüber, dass das Dublin-Abkommen im Schengen-Raum wieder gelten sollte. Demnach werden die Asylanträge der Flüchtlinge eigentlich in dem EU-Staat bearbeitet, den der betreffende Flüchtling zuerst erreicht hat. Das Abkommen gilt auch für Norwegen, Island, die Schweiz und Liechtenstein. Jäger sagte, den Ländern, die die Flüchtlinge vor allem aufnähmen, müsse dann allerdings geholfen werden. Caffier sagte, er hoffe, dass die aufgelaufenen Asylanträge beschleunigt abgearbeitet würden, sowohl die neuen als auch die alten.

NRW Innenminister Ralf Jäger SPD
NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD)Bild: picture-alliance/ZB/Karlheinz Schindler

Keine Steuererhöhungen

Derweil hat die Kanzlerin ein weiteres Mal in einem Interview einen Anlauf genommen, ihre Politik in der Flüchtlingsfrage zu erklären. Der "Bild"-Zeitung sagte sie, dass sie zur Bewältigung des Flüchtlingsandrangs keine Steuern erhöhen wolle. Es werde dafür weder einen "Soli" geben noch Steuererhöhungen, erklärte die CDU-Vorsitzende. Merkel fügte hinzu: "Wir können uns freuen, dass wir seit Jahren gut gewirtschaftet haben und unsere Wirtschaftslage zurzeit gut ist."

Die Regierungschefin will sich von den sinkenden Zustimmungswerten in Meinungsumfragen nicht beirren lassen. "Umfragen sind nicht mein Maßstab", sagte sie. Die Kanzlerin verwies darauf, dass ihre Umfragewerte bereits in den vergangenen Jahren schwankten. Ihr Maßstab sei die Lösung von Problemen. "Und darauf konzentriere ich mich voll und ganz." Eine am Wochenende veröffentlichte Umfrage hatte ergeben, dass 48 Prozent der Bundesbürger Merkels Umgang mit der Flüchtlingskrise für falsch halten. Unterstützung bekommt sie demnach von 39 Prozent.

"Für mich gehört es zur grundlegenden Menschlichkeit unseres Landes, dass man einem Flüchtling wie jedem anderen Menschen erst einmal freundlich entgegentritt", sagte sie der "Bild". Zugleich äußerte sich unzufrieden darüber, dass nur eine Minderheit von abgelehnten Asylbewerbern abgeschoben wird. "Das ist in der Tat unbefriedigend."

Deutschland: Flüchtlinge am Passauer Bahnhof
"Für mich gehört es zur grundlegenden Menschlichkeit unseres Landes, dass man einem Flüchtling wie jedem anderen Menschen erst einmal freundlich entgegentritt", sagt die Kanzlerin.Bild: picture-alliance/dpa/T. Hase

"Es fehlen Maß und Ziel"

Unterdessen hat der bayerische Ministerpräsident Seehofer den Vorwurf zurückgewiesen, mit seiner harten Haltung in der Flüchtlingsfrage die Ausländerfeindlichkeit zu schüren. Um den Zustrom zu begrenzen, werde er im Ernstfall alle rechtsstaatlichen Maßnahmen auch anwenden, sagte Seehofer der "Welt am Sonntag". Das habe nichts mit Rassismus zu tun. Der bayerische Ministerpräsident bekräftigte seine Kritik am Kurs der Kanzlerin: "Der jetzige Zuzug überfordert uns. Es sind zu viele. Es fehlen Maß und Ziel."

ml/cw (dpa,rtr,afp)