Merkel und DGB betonen Gemeinsamkeiten
13. Dezember 2011Ursprünglich wollte Angela Merkel den Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, schon vor ein paar Monaten treffen. Doch wegen der schon damals schwelenden Staatsschulden- und Euro-Krise vereinbarte man einen neuen Termin. Die Hoffnung, dann mehr Zeit für klassische Gewerkschaftsthemen wie Mindestlohn oder Kurzarbeitergeld zu haben, blieb unerfüllt. Der Grund: weder die Schuldenkrise ist gelöst noch die der europäischen Gemeinschaftswährung. Entsprechend viel Raum nahm dieses Thema bei dem gut einstündigen Meinungsaustausch am Dienstag (13.12.2011) im Kanzleramt ein.
"Es lohnt sich, für den Euro zu kämpfen"
Fast schon staatsmännisch beschwor der DGB-Chef anschließend, es lohne sich, "für den Euro zu kämpfen". Mit der Kanzlerin sei er sich einig, dass Haushaltsdisziplin unabdingbar sei. Es müssten aber auch Wachstumsimpulse gesetzt werden, weil die Arbeitslosigkeit in vielen europäischen Ländern einfach zu hoch sei. Vor allem junge Menschen hätten kaum Perspektiven, mahnte Sommer. Damit meinte der Vorsitzende des Dachverbandes der deutschen Einzelgewerkschaften weniger sein eigenes Land, wo die Jugendarbeitslosigkeit mit rund neun Prozent vergleichsweise niedrig ist. Im EU-Durchschnitt hat jedoch jeder Fünfte keinen Job, in Spanien sogar jeder Zweite.
Um an dieser Situation etwas zu verbessern, plädieren Sommer und Merkel gemeinsam für Investitionen in ein intelligentes europäisches Energie-Netz, das nach dem Atom-Ausstieg Deutschlands ohnehin modernisiert werden muss. Großes Potenzial sehen die beiden zudem im Ausbau des Breitband-Netzes für Telekommunikation, insbesondere in ländlichen Regionen.
Der DGB-Vorsitzende warnte angesichts des nachlassenden Wirtschaftswachstums davor, eine Krise herbeizureden, "die wir noch nicht haben". Deshalb lehnt Sommer im Moment eine Wiedereinführung des Kurzarbeitergeldes ab, um kein Zeichen der Verunsicherung auszusenden.
Umstrittener Stellenabbau nach Atom-Ausstieg
Mit Hilfe dieser wirtschaftspolitischen Maßnahme war es Deutschland nach allgemeiner Einschätzung gelungen, in der Rezessionsphase 2008/2009 einen spürbaren Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern. Sollte es aus konjunkturellen Gründen nötig werden, wäre man aber erneut dazu bereit, das Kurzarbeitergeld einzuführen, betonten Merkel und Sommer nach ihrem Gespräch.
Thema des Treffens war auch die Energiewende. Merkel bestritt einen direkten Zusammenhang zwischen dem Atomausstieg und dem Stellenabbau bei großen Energieversorgern. Die Streichung von Arbeitsplätzen sei langfristig zu betrachten und habe nicht monokausal mit der Energiewende zu tun. Unter dem Strich werde die Energiewende mehr Arbeitsplätze schaffen, als durch sie verloren gehen, prognostizierte die Kanzlerin. Sommer sagte, die angekündigte Streichung der Stellen bei großen Energiekonzernen sei "unbegründet und nicht gerechtfertigt".
Autor: Marcel Fürstenau
Redaktion: Nils Naumann