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Klartext an der Wolga

Wim Abbink18. Mai 2007

Russland und die Europäische Union haben auf ihrem Gipfel an der Wolga neue Bereitschaft zum Dialog verkündet. Eine Einigung über ungelöste Probleme wurde aber nicht erzielt - und es fielen scharfe Worte.

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Merkel und Putin beim Tête-à-tête. Quelle: AP
Tête-à-tête an der Wolga:<br>Angela Merkel und Wladimir PutinBild: AP

"Es ist immer besser, miteinander zu reden als übereinander", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag (18.5.2007) zum Abschluss des Gipfels in Samara, der wie erwartet ohne greifbare Ergebnisse blieb. Auf der Pressekonferenz wurden die Meinungsverschiedenheiten vor allem in Sachen Menschenrechte und Versammlungsfreiheit in scharfer Form ausgetragen. Leider gelinge es nicht immer, einander zu überzeugen, sagte Merkel am Konferenzort. Russlands Präsident Wladimir Putin lobte eine "Einigkeit in fast allen Punkten". Er griff aber erneut die EU-Mitglieder Polen und Estland an.

Der Kremlchef sprach in der Idylle eines umgebauten Sanatoriums am Wolga-Ufer von "positiven Ergebnissen" und einem "konstruktiven Dialog" mit Merkel und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Ausnahme seien nur die ungeklärten Konflikte. "Sie hängen mit dem wirtschaftlichen Egoismus einiger europäischer Staaten zusammen", sagte Putin im Hinblick auf den Fleischstreit mit Polen, der ein neues Partnerschaftsabkommen der EU mit Russland blockiert. Die EU-Ratspräsidentin Merkel stellte klar, dass das russische Einfuhrverbot für Fleisch aus Polen eine europäische Angelegenheit sei.

Besorgnis über Menschenrechtslage in Russland

Mit Blick auf Estland erhob der Kremlchef schwere Vorwürfe gegen das Vorgehen der Polizei bei Ausschreitungen in Tallinn Ende April, die durch die Verlegung eines Kriegerdenkmals aus Sowjetzeiten ausgelöst worden waren. Eher gleichgültig antwortete der Kremlchef auf Fragen nach der massiven Behinderung der Organisatoren einer genehmigten Oppositionskundgebung in Samara. "Das sind politische Randgruppen. Mich stören die nicht weiter", sagte Putin. Dabei sei das Vorgehen der Sicherheitskräfte "nicht immer gerechtfertigt" gewesen.

Merkel äußerte Besorgnis angesichts der Menschenrechtslage in Russland. "Ich hoffe, dass die, die in Samara demonstrieren wollen, dies auch tun können", sagte die Kanzlerin. Mehrere Oppositionspolitiker, unter ihnen der frühere Schachweltmeister Garri Kasparow, waren auf einem Moskauer Flughafen von der Polizei festgenommen worden. Damit sollte die Teilnahme der Putin-Gegner an der Demonstration in Samara verhindert werden. Putin konterte, auch in Deutschland werde die Vorbeugehaft im Vorfeld des G8-Gipfeltreffens in Heiligendamm angewendet. "Wir werden aber nicht mit dem Finger auf andere zeigen", fügte Putin hinzu.

Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen

EU-Kommissionspräsident Barroso sah die Rufe aus einigen EU-Mitgliedsländern nach einer Verschiebung des Gipfels als widerlegt an. "Es war richtig, dass wir den Gipfel abgehalten haben", betonte der Portugiese. Eine engere Zusammenarbeit vereinbarten beide Seiten bei der Energie, beim Klimaschutz, in der Forschung und bei der Bewältigung internationaler Konflikte. Ausdrücklich hob Barroso die Bedeutung von Demokratie und Menschenrechten in den Ländern Europas hervor. "Und zu diesen Ländern zähle ich auch Russland", fügte Barroso hinzu.

EU-Kommissionspräsident Barroso und Bundeskanzlerin Merkel
EU-Kommissionspräsident Barroso und Bundeskanzlerin Merkel in SamaraBild: AP

Putin bekräftigte die Absicht seines Landes, die wirtschaftlichen Beziehungen zur EU als dem mit Abstand wichtigsten russischen Handelspartner weiter auszubauen. Dafür seien bei dem Treffen konkrete Absprachen getroffen worden. So sollten ein neues Gremium für die Investitionen geschaffen und die Grenzkontrollen vereinfacht werden. Auch bei der angestrebten Visafreiheit habe es Fortschritte gegeben.

Tendenz zur Abschottung

Beide Seiten erörtern zudem ein Frühwarnsystem für Schwierigkeiten bei Energielieferungen. Auslöser sind die Energiekonflikte Moskaus mit den Transitländern Ukraine und Weißrussland, deren Folgen im Vorjahr auch vorübergehend die Kunden in West- und Mitteleuropa zu spüren bekamen.