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"Merkel und Rousseff schätzen sich"

Astrid Prange14. August 2015

Es ist der ganz große Auftritt: In der nächsten Woche wird die Bundeskanzlerin mit der Hälfte des Kabinetts erstmals zu Regierungskonsultationen nach Brasilien reisen. Für die Beziehungen bedeutet dies einen Wendepunkt.

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Symbolbild Beziehung Brasilien Deutschland: Angela Merkel und Dilma Rousseff (Photo: Chris Ratcliffe-Pool/Getty Images)
Bild: Chris Ratcliffe-Pool/Getty Images

Schwerpunkt der Reise sind die Themen globale Güter und globale Verantwortung. Nach Informationen aus deutschen Regierungskreisen werden Berlin und Brasilia nach den zweitägigen Konsultationen am 19. und 20. August unter anderem auch eine gemeinsame Erklärung zur Klimapolitik herausgegeben.

Damit wollen beide Länder sich für den UN-Klima-Gipfel im Dezember in Paris positionieren. "Brasilien ist ein wunderbares Bindeglied für den Süd-Süd-Dialog", erklärt Felix Dane, Leiter des Auslandsbüros Brasilien der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS). Beim Klimagipfel spiele Brasilien eine wichtige Rolle, weil es die Länder im Süden überzeugen könne.

Brasilien ist nach Indien und China das dritte Schwellenland, mit dem Deutschland Regierungskonsultationen abhält. Bei ihrer Premiere in Brasilien wird die Kanzlerin von Außenminister Frank-Walter Steinmeier, Innenminister Thomas de Mazière, Entwicklungsminister Gerd Müller, Landwirtschaftsminister Christian Schmidt, Umweltministerin Barbara Hendricks, Gesundheitsminister Herman Gröhe, Verkehrsminister Alexander Dobrindt und Kulturstaatsministerin Monika Grütters begleitet.

Zu der großen hochrangigen Delegation gehören auch jeweils ein Staatssekretär aus den Ministerien für Wirtschaft, Verteidigung, Arbeit und Soziales, Finanzen und Bildung und Forschung.

Schulterschluss gegen die NSA

Neben der Kooperation im Umweltbereich ist auch eine stärkere Zusammenarbeit im Bereich Datenschutz vorgesehen. Nach Informationen aus der Hauptstadt Brasilia soll ein regelmäßiger Austausch zwischen dem Cyber-Beauftragten im Auswärtigen Amt mit seinem brasilianischen Amtskollegen verabredet werden, um den Schutz gegen US-amerikanische Abhörversuche zu verbessern.

Amazonas Soja Plantage Archiv 2013 (Foto: REUTERS/ Nacho Doce)
Zwischen 2004 und 2014 verringerte sich der CO2-Ausstoß Brasiliens laut Umweltministerium um 82 ProzentBild: Reuters

Hintergrund der Verabredung ist der NSA-Abhörskandal. Sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch Brasiliens Staatspräsidentin Dilma Rousseff wurden von dem amerikanischen Geheimdienst ausspioniert. Rousseff sagte deshalb im September 2013 ihren geplanten Staatsbesuch in die USA aus Protest ab. Im Juni dieses Jahres beendete sie die diplomatische Eiszeit mit einem Besuch bei Obama.

Im Rahmen der deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen sind auch Abkommen in den Bereichen Bildung und Forschung geplant. So soll die Anzahl der gemeinsamen Forschungsprojekte ausgebaut, mehr Studienplätze für den akademischen Nachwuchs aus Brasilien in Deutschland angeboten und der Deutschunterricht an Schulen und Universitäten in Brasilien verstärkt werden.

Naturschutzprogramm für den Amazonas

Schwerpunkt der deutsch-brasilianischen Kabinettssitzungen ist jedoch die Kooperation im Bereich Umwelt- und Klimaschutz. Sowohl Entwicklungsminister Gerd Müller als auch Umweltministerin Barbara Hendricks werden bereits zu Beginn der Woche nach Brasilien reisen. Auf dem Programm steht auch die Teilnahme an einer Konferenz über Waldschutz am 18. August.

Deutschland arbeitet in diesem Bereich schon seit 1990 mit Brasilien zusammen, als beim G7-Gipfel in Houston das Pilotprogramm zum Schutz tropischer Regenwälder aufgelegt wurde. Die Bundesrepublik gehört zu den größten Geldgebern des Pilotprogramms.

Hinter den Kulissen geht es bei den Regierungskonsultationen um Wirtschaftsfragen. Deutsche Unternehmen drängen auf eine Öffnung des brasilianischen Marktes, die Vereinfachung des Steuersystems und eine Abwertung der Landeswährung Real.

"Es ist unheimlich wichtig, dass die deutsche Seite Flagge in Brasilien zeigt", erklärt Reinhold Festge, Präsident des Verbandes der deutschen Maschinen und Anlagenbauer (VDMA), der auch in Brasilien produziert. Deutschland habe ein langfristiges Interesse an Brasilien, das über die aktuellen innenpolitischen Probleme und die wirtschaftliche Krise hinausgehe.

Brasilien Ankunft Li Keqiang in Brasilia (Foto: imago/Xinhua)
Im Mai besuchte Chinas Premier Li Keqiang Brasilien. Peking ist zum größten Handelspartner Brasiliens aufgestiegenBild: imago/Xinhua

Konkurrenz aus China

Für den Unternehmer sind die deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen vor allem angesichts der wachsenden Präsenz Chinas in Brasilien von großer politischer Bedeutung. "China wird künftig noch stärker versuchen, seine Produkte auf dem brasilianischen Markt zu platzieren", meint Festge. "Die deutsche Industrie muss sich anstrengen und etwas einfallen lassen".

Erst im Mai dieses Jahres besuchte der chinesische Regierungschefs Li Keqiang Brasilien und kündigte Investitionen von über 50 Milliarden US-Dollar an. Das größte Projekt ist die sogenannte Transozeanische Eisenbahn, deren Bau rund zehn Milliarden US-Dollar kosten soll. Sie soll die brasilianische Atlantikküste mit dem peruanischen Hafen "Puerto Ilo" am Pazifik verbinden.

Trotz Chinas wachsendem Einfluss bleibt die EU für Brasilien der wichtigste Wirtschaftspartner. "Brasilien hat panische Angst vor dem Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU", meint der KAS-Büroleiter. "Das Land fragt sich: Wo bleiben wir denn da?".

Dane hofft, dass die Regierungskonsultationen zwischen Brasilia und Berlin vom guten Verhältnis zwischen Merkel und Rousseff profitieren. "Die beiden respektieren und schätzen sich, trotz ihrer politischen Unterschiede", sagt er. "Sie haben über die Abhöraffäre der NSA zueinander gefunden."