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Merkels Kampf mit der BND-Affäre

Kay-Alexander Scholz27. Mai 2015

Die BND-Affäre ist seit kurzem wieder das Aufreger-Thema Nummer 1 im politischen Berlin. Erstmals kommt nun auch Angela Merkel innenpolitisch in Bedrängnis. Wie gefährlich ist die Affäre für die deutsche Kanzlerin?

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Angela Merkel
Bild: picture-alliance/S. Simon

"Forbes", das einflussreise New Yorker Wirtschaftsmagazin, hat die deutsche Kanzlerin zum fünften Mal in Folge auf Platz 1 seiner jährlichen Liste der einflussreichsten Frauen gesetzt. Insgesamt ist sie nun sogar schon zum neunten Mal die "Power Woman No 1". In der Begründung heißt es, sie habe Deutschland in der Finanzkrise vor einer ernsten Rezession bewahrt. Sie habe zudem ihre Macht gegen den Islamischen Staat genutzt und den Kurden Waffen geschickt. Damit habe sie ein Nachkriegstabu der militärischen Nichteinmischung gebrochen. Außerdem habe sie in der Ukraine-Krise mit Pendeldiplomatie Wladimir Putin für eine friedliche Lösung gewinnen wollen. Auch ihre Hilfe in der Griechenlandkrise wird hervorgehoben. Angela Merkel - die Krisenmanagerin.

In Deutschland gehört Merkel auch wegen dieses Images zu den beliebtesten Politikern und genießt ein hohes Vertrauen in der Bevölkerung. Sie ist zudem Chefin jener Partei, der CDU, die bundesweit mit Abstand die meisten Wähler hinter sich vereinen kann. Nun aber gerät Merkel durch eine drängende deutsche Medien-Öffentlichkeit in eine kritische Situation. Auslöser sind Aktivitäten des Bundesnachrichtendienstes - bekannt geworden in der sogenannten BND-Affäre.

Politische Botschaften

Dabei geht es vor allem um das Verhalten der Merkel-Administration nach den Enthüllungen durch Edward Snowden im Sommer 2013. Was Spionage-Experten und auch Vertreter der damals noch politisch relevanten Piratenpartei vermutet hatten, dass nämlich das Internet auch ein Spionagewerkzeug ist, wurde plötzlich einer breiten Öffentlichkeit offenbart.

Snowden platzte mitten in den Bundestagswahlkampf der CDU. Merkel reagierte mit der Aussage, das Internet stelle "Neuland" dar. Die Kanzlerin bat um Verständnis -vieles sei gesetzlich eben noch nicht geregelt. Doch dann kam auch noch heraus, dass der deutsche Auslandsgeheimdienst (BND) schon lange mit dem US-amerikanischen Pendant (NSA) zusammen arbeitete. So neu war das Neuland also gar nicht. Immerhin hat das Kanzleramt die Rechts- und Fachaufsicht über den BND.

Bundeskanzlerin Merkel spricht mit US-Präsident Obama. (Foto: Chris Ratcliffe - Pool / Getty Images)
Immer wieder im Dialog über Spionage - Kanzlerin Merkel und US-Präsident ObamaBild: Getty Images

No-Spy-Abkommen nur ein Märchen?

Als die Affäre dann weiter loderte, erklärte Kanzleramtsminister Ronald Pofalla die Affäre einfach für beendet. Doch das funktionierte auch nicht. Es folgte der inzwischen berühmte Satz von Merkel "Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht". Öffentlich wurde ein "No-Spy-Abkommen" ins Gespräch gebracht. Die USA wären bereit, mit Deutschland ein solches Abkommen zu verhandeln, hieß es damals.

Dem deutschen Parlament schmeckte das Verhalten der Bundesregierung nicht und so wurde im Bundestag ein eigener NSA-Untersuchungsausschuss eingesetzt, der seitdem versucht, mehr Klarheit zu schaffen. Die damalige Debatte um ein No-Spy-Abkommen sei "eine Nebelkerze im Wahlkampf" gewesen, kritisiert nun das Ausschuss-Mitglied Christian Flisek, Obmann des Koalitionspartners SPD. Wie neueste Recherchen ergeben haben, wusste Merkel damals, dass es keine konkrete Zusage der US-Regierung für ein solches No-Spy-Abkommen gegeben habe. Allein die Prüfung einer solchen Regelung sei zugesagt worden. Das Bundeskanzleramt sei nun gut beraten, zusammen mit dem Untersuchungsausschuss "offensiv den Sachverhalt zu sortieren und neu einzuordnen", fordert Flisek. Ansonsten verfestige sich in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass "man die Wähler im Wahlkampf irregeführt, vielleicht sogar getäuscht hat". Auf jeden Fall aber sei "der Mund zu voll genommen" worden, kritisiert Flisek. Merkel habe als Heldin dastehen wollen, "indem sie den Amerikaner ein Abkommen abtrotzt, das es so in der Welt nicht gibt".

Portrait Christian Flisek Mitglied NSA-Untersuchungsausschuss (Foto: Daniel Naupold/dpa )
Christian Flisek, Mitglied im NSA UntersuchungsausschussBild: picture-alliance/dpa

Viele offenen Fragen

Die Bundesregierung lässt inzwischen durch ihre Sprecher ausrichten, man habe in der BND-Affäre immer nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Die Aussage mit dem Ausspähen unter Freunden sei nur eine "politische Aussage" gewesen. Ob die Realität eine andere ist, ob der BND rechtmäßig handelt, wenn er europäische Partner ausspäht, oder was eigentlich "Freunde" sind - dazu äußert sich die Bundesregierung derzeit ausweichend mit dem Verweis auf eine rechtliche Prüfung. Besprochen würden diese Themen außerdem im dafür vorgesehenen Parlamentarischen Kontrollgremium beziehungsweise im Untersuchungsausschuss, heißt es von Regierungsseite.

Wie gefährlich kann die BND-Affäre Merkel noch werden? Wie üblich lassen andere Parteien die Spionage-Vorgänge derzeit nicht aus den Augen, weil sie sich davon politischen Nutzen versprechen. Die beiden Oppositionsparteien Die Linke und auch die Grünen äußern sich empört. Ähnlich der Koalitionspartner SPD. Die Sozialdemokraten befinden sich seit Jahren in einem 25-Prozent-Umfragetief und hoffen bei dem Thema auf Profilierung. Merkel war bei den vergangenen Bundestagswahlen das Zugpferd von CDU/CSU. Bekommt ihr Image jetzt allzu tiefe Kratzer, könnte das auch Folgen für den Bundestagswahlkampf 2017 haben. In einer ersten Umfrage ist die Union bereits unter 40 Prozent gefallen.

Wahrscheinlich könnte die BND-Affäre bald wieder von der Liste der Aufreger-Themen verschwinden. Schließlich muss sich bald entscheiden, wie es mit Griechenland weitergeht. Eine Chance für Angela Merkel, sich erneut als Krisenmanagerin zu profilieren.