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Meyer: "US-Militäreinsatz in Syrien würde Al Kaida stärken"

Christian Ignatzi24. August 2013

Der Syrien-Experte Günter Meyer warnt im DW-Interview vor den Folgen eines militärischen Eingreifens der USA in den syrischen Bürgerkrieg. Die Macht könnte dann an radikale Islamisten fallen.

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Straßenszene im unkäpften Aleppo (Foto: Abo Shuja/AFP/Getty Images)
Bild: Abo Shuja/AFP/Getty Images

Deutsche Welle: Wie wahrscheinlich ist ein US-Militäreinsatz in Syrien derzeit?

Günter Meyer: Der US-Militäreinsatz ist höchst unwahrscheinlich. Das geht einerseits aus den sehr vorsichtigen Aussagen von Präsident Barack Obama hervor. Andererseits warnt inbesondere auch der US-Oberkommandierende Martin Dempsey dringend davor, militärisch einzugreifen. Es besteht zwar die Möglichkeit, jetzt zu intervenieren, aber es gibt keine Exitstrategie. Die Gefahr ist sehr groß, dass, wenn das Regime gestürzt wird, die Macht an die Islamisten, an die Al Kaida-Kämpfer fällt. Die stellen mit Abstand die stärkste militärische Kraft innerhalb des Landes dar, nach der syrischen Armee.

Wie könnte denn ein militärischer Einsatz aussehen?

Das Verteidigungsministerium will unter allen Umständen vermeiden, tatsächlich Soldaten vor Ort einzusetzen. Eine andere Option wäre, eine Flugverbotszone über Syrien einzurichten. Das geht aber nur mit Zustimmung der Vereinten Nationen. Der Aufwand wäre sehr hoch, weil die gesamte syrische Luftabwehr ausgeschaltet werden muss. Die syrische Luftabwehr ist mit hochmodernen Raketen von der Sowjetunion ausgerüstet worden. Das wird also eine sehr aufwändige, viele Milliarden teure Aktion werden. Eine einfachere Lösungen, die vorgeschlagen worden ist, ist es, mit Raketen die Flugplätze der syrischen Armee zu zerstören. Das wäre durchaus eine Möglichkeit. Dann könnten die Kampfflugzeuge nicht mehr landen. Die zerstörten Landebahnen lassen sich aber rasch wieder aufbauen. Auch für eine solche Aktion wäre die Zustimmung der Vereinten Nationen erforderlich. Dazu werden sowohl Russland, als auch China nicht bereit sein.

Was wäre das Ziel eines Militäreinsatzes?

Wenn es dazu kommt, dass tatsächlich eine Flugverbotszone eingerichtet wird, dann bedeutet das eine enorme Schwächung des Regimes von Baschar al-Assad, weil vor allem seine militärischen Erfolge darauf beruhen, dass er die völlige Lufthoheit in Syrien besitzt. Wenn diese Lufthoheit auch durch die Bombardierung von Landebahnen nicht mehr gewährleistet ist, dann wird es für das Regime schwieriger, sich gegenüber den Rebellen zu behaupten.

Inwieweit würde ein Militäreinsatz die Situation in Syrien verändern?

Es wäre in der Tat sehr schwierig für das Regime, sich an der Macht zu halten. Aber das Risiko ist groß, dass auch Russland sich noch intensiver einbringt und selbstverständlich auch von iranischer Seite Gegenschläge zu erwarten sind. Es könnte also durch ein solches Eingreifen ein Flächenbrand in der Region ausgelöst werden. Außerdem entstünde ein Machtvakuum, das von der Seite gefüllt wird, die derzeit am stärksten ist. Das sind die Anhänger von Al Kaida. Der Erfolg der Opposition würde nicht nur zu einem Blutbad unter den Assad-Anhängern führen, sondern auch dazu, dass ein islamistisches Kalifat in Syrien ermöglicht wird - mit der stärksten Konzentration von Al-Kaida, die wir weltweit haben.

Professor Günther Meyer (Foto: Universität Mainz)
Professor Günther Meyer von der Uni MainzBild: Universität Mainz

Gäbe es Auswirkungen auf Syriens Nachbarstaaten?

Je stärker die Kämpfe sind und je mehr Regionen einbezogen werden, desto mehr Flüchtlinge wird es zweifellos auch im Ausland geben.

Wie steht die US-Bevölkerung zu einem möglichen Militäreinsatz?

Die Medien in den USA sind zu einem sehr großen Teil von den Republikanern gesteuert. Die fordern nachdrücklich einen Einsatz von US-Truppen in Syrien, um die Stärke der USA und die Verantwortung als Hegemonialmacht auch weiter zu unterstreichen.

Und wie sehen die Syrer die Situation?

Sie sind gespalten. Wir haben einerseits einen Teil der syrischen Bevölkerung, der nach wie vor auf der Seite des Regimes steht. Auf der anderen Seite ist die Mehrheit der Bevölkerung dagegen. Sie würden eine Intervention begrüßen. Dann gibt es noch die Rebellen, deren Begeisterung für die Sache erheblich geschwunden ist, seitdem Al-Kaida zu einer starken oppositionellen Kraft geworden ist.

Professor Günter Meyer lehrt am geographischen Institut der Universität Mainz. Er ist Leiter des Zentrums für Forschung zur Arabischen Welt.

Das Gespräch führte Christian Ignatzi.