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Mißfelder: "Selbst mit No-Spy-Abkommen bleiben viele Fragen offen"

Sven Pöhle14. Januar 2014

Philipp Mißfelder bewertet ein mögliches Scheitern des No-Spy-Abkommens mit den USA als Rückschlag. Es sei aber ohnehin kein Allheilmittel, sagt der Koordinator der Bundesregierung für die transatlantischen Beziehungen.

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Philipp Mißfelder (Foto: DPA)
Bild: picture-alliance/dpa

Wegen der NSA-Affäre haben Deutschland und die USA im vergangenen Jahr Verhandlungen über ein gemeinsames Geheimdienstabkommen begonnen. Der damalige Kanzleramtschef Ronald Pofalla hatte im November 2013 gesagt, das sogenannte No-Spy-Abkommen sei auf einem guten Weg. Nun berichten die "Süddeutsche Zeitung" und der "Norddeutsche Rundfunk" (NDR), dass die Verhandlungen kurz vor dem Aus stehen.

Deutsche Welle: Herr Mißfelder, bedeutet die neueste Entwicklung, dass kein Ende der US-Spähaktionen in Sicht ist?

Philipp Mißfelder: Noch ist das Abkommen nicht wirklich gescheitert. Es ist zu früh, das ultimativ festzustellen. Ich bin der festen Überzeugung, dass es ein Rückschlag für die Kooperation mit den USA wäre, sollte das Abkommen nicht zustande kommen. Ich begrüße das No-Spy-Abkommen grundsätzlich. Machen wir uns aber nichts vor: Selbst wenn ein No-Spy-Abkommen unterzeichnet würde, bleiben viele Fragen offen, denn der grundsätzliche Umgang mit dem Datenaustausch ist eine sehr schwerwiegende Frage. Und es muss eben auch klar sein, dass solche Abkommen dann auch eingehalten werden.

Ist es von deutscher Seite nicht naiv zu glauben, die USA würden Spähaktionen gegen Deutschland stark einschränken oder sogar aufgeben?

Ich glaube die USA müssen sehen, welchen großen Schaden diese ganze Aktion mit sich gebracht hat und wie viel Vertrauen sie in Deutschland dadurch verloren haben. Wir können uns dauerhaft im Bündnis eine solche Situation wie jetzt nicht leisten - und das betrifft ja nicht nur Deutschland, sondern auch viele andere Partner der USA.

Das heißt, die Vereinigten Staaten müssen sich in Zukunft zur Mäßigung verpflichten?

Es ist eine Selbstbeschränkung, die auch in den USA sehr intensiv diskutiert wird. Die Debatte läuft ja in Amerika viel heftiger als bei uns. Deswegen ist eines klar: Wir müssen versuchen, die transatlantische Partnerschaft und Freundschaft weiter aufrecht zu erhalten. Aber die Gräben, die entstanden sind, müssen wieder zugeschüttet werden.

Wie sollen denn die Gräben zugeschüttet werden? Ohne das Abkommen hat sich schließlich wenig geändert: Die USA behandelt ihren Bündnispartner weiter wie einen potenziellen Gegner.

Nein, das ist nicht so. Es ist das Selbstverständnis mancher amerikanischer Dienste, das fragwürdig ist. Amerika behandelt uns wie einen Freund und wir sind auch nach wie vor Freunde und daran wird sich nichts ändern. Aber einige Dienste haben eine Gewichtung an den Tag gelegt, die nicht der politischen Konzeption der USA entspricht. Faktisch ist es so: Die USA sind uns bei vielen Dingen, wie der inneren und äußeren Sicherheit Deutschlands, sehr behilflich - was die Terrorabwehr angeht, was die Kooperation, aber auch Auslandseinsätze betrifft. Afghanistan ist da ein Beispiel, die Lösung des Ex-Jugoslawien-Konflikts ein anderes. Da sind wir enge Freunde und wollen es auch bleiben. Aber die Freundschaft hat Schaden dadurch genommen, dass sich die Dienste selbst bedient haben.

Aber nun ist es doch offenbar die US-Politik, die nicht zu Zugeständnissen bereit ist. Anscheinend fürchtet man einen Präzedenzfall, denn auch andere Staaten könnten ähnliche Forderungen an die USA stellen. Sollte man auf dieses US-Interesse Rücksicht nehmen?

Das sind Begründungen, die ich nicht gelten lasse. Wir wollen dieses Abkommen und wir werden uns weiter bemühen, es zu bekommen.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Mißfelder wird Koordinator der Bundesregierung für die transatlantischen Beziehungen. Mißfelder ist seit 2002 Vorsitzender der Jungen Union und ist außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag. Zudem ist er Vorstandsmitglied der Atlantik-Brücke.

Das Gespräch führte Sven Pöhle