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Mit Brause-Geld und Plan

Stefan Nestler9. Mai 2016

Nur sieben Jahre brauchte RB Leipzig von der Vereinsgründung bis zum Aufstieg in die Fußball-Bundesliga. Dietrich Mateschitz, der Geldgeber, und Ralf Rangnick, der Architekt des Erfolgs, wollen mehr.

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Jubelfahrt des RB-Leipzig-Teams mit einem offenen Bus durch die Stadt. Foto: Getty Images
Bild: Getty Images/R.Michael

Gelogen war es nicht, was Vorstandschef Oliver Mintzlaff von sich gab, als endgültig feststand, dass RB Leipzig in der nächsten Saison in der Fußball-Bundesliga spielen wird. "Herr Mateschitz hat viel Liebe und Engagement in den Verein gesteckt", sagte Mintzlaff. "Vor allem am Anfang gab es einen unfassbaren Support." An Geld, hätte Mintzlaff ehrlicherweise hinzufügen müssen. Dietrich Mateschitz, Milliardär aus Österreich, hat seit der Gründung von RB Leipzig am 19. Mai 2009 angeblich bereits 100 Millionen Euro in das Projekt gepumpt. Während die Begeisterung des Red-Bull-Chefs für sein Formel-1-Team allmählich abzuflauen scheint, wird RB Leipzig immer mehr zum Lieblings-Spielzeug des bald 72-jährigen Unternehmers. Bis zu seinem 80. Geburtstag will Mateschitz die Meisterschale in Händen halten, hat er einmal gesagt. Acht Jahre bleiben ihm und den Verantwortlichen von RB Leipzig, um dieses Fernziel zu realisieren.

Lizenz übernommen

2006 hatte Mateschitz auf der Suche nach einem Kooperationspartner in Leipzig erstmals seine Fühler ausgestreckt, sich bei den dortigen Traditionsvereinen jedoch eine Abfuhr geholt. Drei Jahre später wurde er im Leipziger Umland fündig. Der SSV Markranstädt trat sein Startrecht der Saison 2009/2010 in der Oberliga Nordost - der damals vierthöchsten Spielklasse - an den neuen Verein RB Leipzig ab. Offiziell stehen die Initialen RB nicht für Red Bull, sondern für RasenBallsport, weil die Satzung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) eine Namensgebung zu Werbezwecken verbietet. Gleich in der ersten Saison gelang RB Leipzig der Aufstieg in die Regionalliga. Dort geriet der eigentlich angestrebte Durchmarsch durch die unteren Klassen ins Stocken. Zwei Jahre hintereinander verpassten die Leipziger, jeweils mit neuem Trainer, den Aufstieg.

Dietrich Mateschitz im Stadion in Leipzig. Foto: Getty Images
Dietrich Mateschitz machte mit Red Bull MilliardenBild: Getty Images/R.Michael

Mit Rangnick kam der Erfolg

Zur Saison 2012/2013 lockte Mateschitz Ralf Rangnick nach Leipzig. Rangnick hatte einst als Trainer 1899 Hoffenheim - ebenfalls einen Verein mit einem Milliardär im Rücken - innerhalb von zwei Jahren von der 3. Liga in die Bundesliga geführt. Nachdem Rangnick wegen eines Burnouts als Trainer des FC Schalke 04 zurückgetreten war und sich für zehn Monate aus dem Fußball zurückgezogen hatte, heuerte er 2012 als Sportdirektor bei dem Ostverein an. Neuer Trainer der Leipziger wurde Alexander Zorniger. Unter diesem Gespann gelang 2013 der Aufstieg in die 3. Liga und 2014 direkt in die 2. Liga.

Anti-RB-Leipzig-Banner im Hamburger Stadion. Foto: Getty Images
Für viele Fans von Traditionsvereinen ist RB Leipzig ein neues FeindbildBild: Stuart Franklin/Bongarts/Getty Images

Neues Logo mit alter Anmutung

Um die Lizenz für das Bundesliga-Unterhaus zu erlangen, musste der Verein allerdings zum einen das Vereinslogo ändern, das die Verantwortlichen der Deutschen Fußball Liga (DFL) zu sehr an den Brausehersteller aus Österreich erinnerte. Die DFL gab sich schließlich mit dem neuen Logo des Vereins zufrieden - obwohl die beiden roten Bullen, die für die Ähnlichkeit mit dem Red-Bull-Markenzeichen sorgen, auch in der neuen Version enthalten blieben. Außerdem forderte die DFL die Leipziger auf, die Führungsstruktur des Vereins zu ändern und den Klub für neue Mitglieder zu öffnen. Auch diese Forderung erfüllte RB Leipzig eher minimalistisch.

Nur 14 Vereinsmitglieder

Der Konzern Red Bull hält 99 Prozent aller Anteile an der RasenBallsport Leipzig GmbH und damit finanziell alle Fäden in der Hand. Rein formal aber liegt die Macht beim Rasenballsport Leipzig e.V., der die Stimmenmehrheit hält. Dieser eingetragene Verein hat laut Angaben von Vorstandschef Mintzlaff vom März 14 Mitglieder (Zum Vergleich: Der FC Bayern hat mehr als 270.000 Mitglieder): handverlesen, mit mehr oder weniger engen Beziehungen zum Red-Bull-Konzern, für den stattlichen Jahresbeitrag von 800 Euro. Mit diesem Kniff erfüllt der Klub formal die "50+1"-Regel, die im deutschen Fußball dafür sorgen soll, dass im Kapitalkonstrukt der eigentliche Verein immer die Mehrheit der Stimmanteile besitzt, und nicht ein Investor. Die angemahnte Öffnung des Vereins für neue Mitglieder sah am Ende so aus: Die Zahl der so genannten „Fördermitglieder“ - sie zahlen, haben aber kein Stimmrecht - stieg auf inzwischen rund 280. Eines dieser Fördermitglieder wurde zudem in den Aufsichtsrat des Vereins berufen. Auch diese Minimallösung reichte der DFL. Der hohe Jahresbeitrag für Vollmitglieder blieb unangetastet.

Rangnicks Plan

Die erste Zweitligasaison beendete RB Leipzig im Sommer 2015 auf Rang fünf. Während der Saison trat Trainer Zorniger zurück, Achim Beierlorzer sprang nur vorübergehend ein. Vor der aktuellen Saison übernahm Rangnick neben dem Posten des Sportdirektors auch den des Trainers. Sieben Jahre nach der Vereinsgründung führte er das Team zum Aufstieg. Damit dürfte wohl auch dem Letzten klar geworden sein, dass Ralf Rangnick neben Dietrich Mateschitz die entscheidende Rolle in der Erfolgsgeschichte des RB Leipzig spielt: Rangnick hat einen langfristigen Plan und setzt sein Konzept mit dem Geld aus der Mateschitz-Kasse um.

Davie Selke verpasst Trainer Ralf Rangnick eine Bierdusche. Foto: dpa-pa
Davie Selke verpasst Ralf Rangnick eine Bierdusche, auf der Flucht verletzt sich der Trainer am OberschenkelBild: picture alliance/GES/M. Guengoer

Gut 20 Millionen Euro gab RB Leipzig in dieser Saison für neue Spieler aus, etwa so viel wie der als Vizemeister feststehende Bundesligist Borussia Dortmund. Rangnick setzt vor allem auf junge Talente. So holte er in den vergangenen Jahren Spieler wie den Ex-Bremer Davie Selke (21 Jahre alt), den Dänen Yussuf Poulsen (21) oder Willi Orban (23) vom 1. FC Kaiserslautern, die allesamt zu Garanten des Aufstiegs wurden. Immer wieder beklagten sich andere Vereine darüber, dass RB Leipzig ohne Skrupel Personal abwerbe - wie jetzt auch im Fall von Ralph Hasenhüttl, der schlussendlich aus seinem Trainer-Vertrag beim FC Ingolstadt herausgekauft wurde und die Leipziger im ersten Bundesliga-Jahr betreuen wird. RB zahlte für Hasenhüttl nach Angaben der Ingolstädter die höchste Ablösesumme, die jemals für einen deutschen Trainer geflossen sei. 250.000 Euro berappten die Leipziger für das erst 15 Jahre alte Toptalent Elias Abouchabaka von Hertha BSC. Noch nie bezahlte in Deutschland ein Verein so viel für einen Jugendspieler.

Neues Stadion?

Geld spielt eben keine Rolle, wenn der Schritt ins Konzept passt. So eröffnete RB Leipzig im vergangenen Herbst ein hochmodernes Leistungszentrum, dessen Bau 33 Millionen Euro verschlang. Angeblich plant der Verein außerdem, ein neues Stadion mit über 80.000 Plätzen zu bauen - schon mit Blick auf mögliche internationale Auftritte in der Zukunft. Noch spielt RB im Leipziger Zentralstadion, das jetzt Red Bull Arena heißt und zunächst von knapp 43.000 auf 57.000 Plätze erweitert werden soll.

Gartenarchitekt ohne grünen Finger

Nach der Verpflichtung des neuen Trainers Hasenhüttl kann sich Ralf Rangnick wieder voll auf seine Management-Aufgaben als Sportdirektor konzentrieren. Der 57-Jährige beschreibt seine Rolle so: "Ich habe zwar keinen grünen Finger, kann aber der Gartenarchitekt sein." Für die erste Bundesliga-Saison wollen die Leipziger sechs bis sieben neue Leistungsträger kaufen. Als Neuzugänge gehandelt werden unter anderen Nationalspieler Kevin Volland (24) aus Hoffenheim und der Schweizer Nationalspieler Breel Embolo vom FC Basel (19). "Wir werden mit großer Wahrscheinlichkeit die jüngste Mannschaft der Bundesliga haben", verkündete Rangnick. Das Budget ohne Prämien soll auf 30 bis 35 Millionen Euro steigen.

Kevin Volland jubelt über einen Treffer. Foto: dpa-pa
Geht Volland von Hoffenheim nach Leipzig?Bild: picture-alliance/dpa/U. Anspach

Der Aufstieg - daran ließ Red-Bull-Chef Mateschitz schon vor zwei Jahren in einem Interview von sportal.de keinen Zweifel - ist nicht mehr als eine Zwischenstation. Auf die Frage, ob er eines Tages mit RB Leipzig ein ernsthafter Konkurrent für den FC Bayern und Borussia Dortmund sein wolle, antwortete der Österreicher: "Wenn wir das nicht irgendwann einmal wollten, sollten wir den Fußball besser an den Nagel hängen."