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Von Peking nach Sankt Petersburg

Jeremy Hainsworth (AP) / ak18. August 2015

Unterwegs auf einer der längsten Eisenbahnstrecken der Welt, mit der Transmongolischen und der Transsibirischen Eisenbahn. Für einen, der schon als Kind verrückt war nach Schienen und Zügen, ist ein Traum wahr geworden.

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Baikalsee Transsibirische Eisenbahn
Transsibirische Eisenbahn am BaikalseeBild: picture-alliance/dpa/K. Maxim

Es ging mit einigen Zwischenstopps von der chinesischen Hauptstadt, über Ulan-Bator in der Mongolei quer durch Russland nach Moskau und Petersburg. Über zwei Kontinente, sieben Zeitzonen, viele Kulturen und mehr als 7900 Kilometer.

Eine logistische Herausforderung, weshalb ich die Organisation einem Reiseveranstalter überlassen hatte. Da ich einige Tage vor der Abfahrt in Peking angekommen war, hatte ich Zeit die Stadt kennenzulernen. Auf dem Markt einen tiefgefrorenen Skorpion zu zerkauen, antike Glocken und Trommeltürme zu ersteigen, die Verbotene Stadt und das Mausoleum von Mao zu besuchen, das einem Göttergrab ähnelt. Danach versammelte sich die sechsköpfige Reisegruppe und Reiseleiter Alexandr Paramanov für das dreiwöchige Abenteuer.

Alles eine Frage der Spurbreite

So eine Woche im Zugabteil kann schon ziemlich eng werden. Jeder Waggon hat einen Wasserkocher aber man muss Essen, Wasser und Tee mitbringen. Und umschalten: Entspannen, mit den Reisegefährten plaudern oder einfach die ständig wechselnde Landschaften bestaunen.

Die Transsibirische Eisenbahn ist kein Spezialzug mit speziellen Fahrplänen. Sondern ein regelmäßige Verbindung, für die man je nach Streckenlänge Tickets bucht und je nach Wunsch zu oder aussteigen kann.

Auf dem ersten Teilstück, als wir den Wahnsinn des Pekinger Hauptbahnhofs in Richtung Ulan-Bator verließen, waren unsere Begleiter meist Wanderarbeiter aus China und der Mongolei auf der Heimreise. Nachdem chinesische Grenzbeamte am späten Abend den Zug durchsucht und die Pässe gestempelt hatten, wurde der Zug auseinandergenommen. Die Waggons mussten mit Kränen um fast zwei Meter angehoben werden, damit das Fahrwerk für die Spurbreite der mongolischen Eisenbahn getauscht werden konnte.

Mongolei, Reise mit der Transmongolischen Eisenbahn
Fahrwerkwechsel an der Grenze zwischen China und der MongoleiBild: picture alliance/AP Photo/J. Hainsworth

Zelten wie die Nomaden

Am nächsten Morgen durchquerten wir die sandbraune mit Gestrüpp-Flecken durchsetzte Wüste Gobi. Nach einer langen Biegung kam Ulan-Bator in Sicht, die weltweit entlegenste Hauptstadt, mit den Jurten-Zelte auf den Hügeln am Stadtrand. In der 1,1 Millionen-Einwohner-Stadt leben immer noch 100.000 Nomaden unter Zeltdächern.

Auf dem Schwarzmarkt, einem riesigen Gelände von Hütten und Ständen gibt es alles von Pferdedecken bis zu Nazi-Bajonetten. Man sollte unbedingt auf Taschendiebe achten, auf dem Markt und überall in der Stadt. Mir waren nach einem kleinen Zusammenstoß mit jemanden die Kreditkarten abhanden gekommen.

Mongolei, Reise mit der Transmongolischen Eisenbahn
Selbstversorger im Abteil - Jeremy Hainsworth und Mitreisende beim Durchqueren der Wüste GobiBild: picture alliance/AP Photo/A. R. Whibley

Wir lauschten dem Gesang buddhistischer Mönche und probierten Pferdefleisch, das auf einem flachen Metallgrill zubereitet wurde. Zum Schlafen ging es in eine Jurte auf freier Steppe. Der Heizofen musste mitten in der Nacht noch mal befeuert werden. Kühe streiften durch das Zeltlager und auf den fernen Hügeln waren Lichter zu sehen – fast wie eine Filmszene aus Mittelerde.

Erfrischung im Dampfbad

Zurück im Zug haben wir uns auf die russischen Grenzkontrollen vorbereitet, bei der Pässe eingezogen, Taschen durchsucht und Spürhunde durch die Waggons geführt werden.

Nach 51 Stunden erreichten wir Irkutsk. Die Großeltern unseres Stadtführers hatten in der Stalinära nur 15 Minuten, um ihre Habseligkeiten zu packen, bevor sie in eine Kolchose zwangsverschickt wurden.

Danach ging es in ein Ferienhaus ins 70 Kilometer entfernte Listwjanka am Ufer der Baikalsee. Unser Gastgeber führte uns in eine Banja, ein russisches traditionelles Dampfbad. Nach dem Schwitzen in der Sauna springt man in einen kalten Pool. Danach wird man mit Birkenzweigen abgeschlagen, bevor es wieder in den Pool geht. Nach weiteren Abreibungen mit rauen Schwämmen, warmen Spülungen und einer eiskalten Dusche ist man dann wirklich erfrischt.

Reise durch die Geschichte Russlands

Auf nach Jekaterinburg, der Stadt an der Trennlinie zwischen den Kontinenten Asien und Europa, eine zweitägige Reise durch Wald- und Hügellandschaften. Auf diesen Schienen reisten in entgegengesetzter Richtung einst Vertriebe auf dem Weg in den Gulag. Im Nachbarabteil spendierten Fremde uns Kaviar, Krebsfleisch, Eier und Wodka.

Jekaterinburg
Jekaterinburg, gegründet 1723 von Zar Peter dem GroßenBild: picture-alliance/dpa

Hauptsehenswürdigkeit in Jekaterinburg ist die Kathedrale auf dem Blut. Das Gotteshaus mit den goldenen Kuppeln steht an der Stelle, wo der letzte Zar Nikolaus II zusammen mit seiner Familie von den Bolschewiken ermordet wurde. Eine kleine Kapelle markiert den Ort der Exekution.

Zurück im Zug Richtung Moskau waren wir auf verschiedene Abteils verteilt, die Kommunikation mit den freundlichen Russen blieb beschwerlich. In der russischen Hauptstadt erkundeten wir natürlich den Roten Platz, den Kreml, sowjetische Monumente und Kunstgalerien.

Schließlich, mehr als zwei Wochen nach der Abfahrt in Peking ging es mit dem Nachtzug nach Sankt Petersburg. Es schmerzte, diesen letzten Zug dann zu verlassen. Wir hatten einen Traum gelebt.