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Mit oder ohne Kopftuch? Egal!

Diana Hodali1. September 2015

Die Deutsch-Iranerin Lara-Zuzan Golesorkhi will muslimischen Frauen zu mehr Erfolg auf dem deutschen Arbeitsmarkt verhelfen. Für ihre "With or without"- Kampagne hat sie jetzt einen UN-Preis bekommen.

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Frau mit Kopftuch von hinten (Foto: DPA)
Bild: dapd

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Die Situation muslimischer Frauen in Deutschland hat eine junge Stuttgarterin zu einem Projekt angeregt, das jetzt einen UN-Preis gewonnen hat. Mit dem Preisgeld von 20.000 Euro kann Lara-Zuzan Golesorkhi, die an der New School in New York unterrichtet, jetzt ihr Projekt "With or without" ("Mit oder ohne") umsetzen. Muslimische Frauen in Deutschland sollen in Kursen auf die Anforderungen des Arbeitsmarktes vorbereitet werden, egal, ob mit oder ohne Kopftuch. Die Vereinten Nationen hatten Ideen zur Bekämpfung von Intoleranz und Diskriminierung per Wettbewerb gesucht. Und Golesorkhi ist eine von zehn Gewinnern und Gewinnerinnen des diesjährigen Wettbewerbs zur Vielfalt.

Deutsche Welle: Frau Golesorkhi, Sie wollen den Einstieg von muslimischen Frauen auf dem deutschen Arbeitsmarkt fördern -"With or Without" - also mit oder ohne Kopftuch. Wie wollen Sie das angehen?

Lara-Zuzan Golesorkhi: Das ganze Projekt startet 2016 und besteht aus drei Teilen. Der erste Teil wird eine Workshop-Serie, die muslimische Frauen auf den deutschen Arbeitsmarkt vorbereiten wird. Es ist eine vierwöchige Seminarreihe geplant, bei der es um Themen wie Bewerbung schreiben, Präsentationen halten und den Arbeitsmarkt kennenlernen gehen wird. Am Ende bekommen die Frauen ein Zertifikat für ihre Teilnahme. Im zweiten Teil beginnt die Kampagnen-Arbeit. Teil zwei habe ich die "I pledge Kampagne" - "Ich verpflichte mich-Kampagne" - genannt. Freiwillige Mitarbeiter werden dann zu Arbeitgebern gehen und sie bitten, sich symbolisch dazu zu verpflichten, muslimische Frauen mit oder ohne Kopftuch einzustellen - with or without eben. Es ist zwar erst mal symbolisch, aber wir halten das bildlich fest und richten eine Datenbank ein, in der wir diese Arbeitgeber aufnehmen. Der dritte Teil besteht dann darin, die "With or Without-Kampagne" öffentlich bekannt zu machen, auch im Internet.

Lara-Zuzan Golesorkhi gewinnt UN-Preis für Anti-Diskriminierungs-Kampagne (Foto: DPA)
"With or Without" - so heißt die Kampagne von Golesorkhi - egal, ob mit oder ohne KopftuchBild: picture-alliance/dpa/C. Horsten

Welche Arbeitgeber werden Sie denn gemeinsam mit den Freiwilligen ansprechen?

Wir sind ja noch in der konzeptionellen Phase, aber wir recherchieren, welche Arbeitgeber sich schon sozial engagiert haben. Und dann erweitern wir den Kreis nach und nach. Wir werden nicht vor großen Firmen zurückschrecken. Wir wollen alle die ansprechen, die für die muslimischen Frauen interessant sind. Und durch die Seminare werden wir herausfinden, in welche Arbeitsmarktbereiche diese Frauen wollen.

Wie können die Frauen mit Ihnen in Kontakt treten?

Wir haben vor, mit den Arbeitsagenturen zusammenarbeiten. Aber natürlich wollen wir auch mit muslimischen Verbänden, Moscheen, Schulen und Universitäten Partnerschaften gründen. Wir wollen so vielen Frauen wie möglich helfen, damit der Übergang ins Berufsleben leichter verläuft.

Wann bringen Sie die Frauen und die Arbeitgeber zusammen?

Die Idee ist, dass die Frauen sich bewerben können, sobald wir die Arbeitgeber in die Datenbank aufgenommen haben. Das Ganze ist ein Pilotprojekt und wird erstmals in Stuttgart stattfinden, aber wir hoffen natürlich, dass es auch bundesweit stattfinden kann.

Wieso liegt ihnen dieses Thema so am Herzen?

Ich habe einen iranischen Vater und eine deutsche Mutter, und ich habe beide Kulturen kennengelernt. Ich habe in der Schule so viel mitbekommen, wenn Mädchen Kopftuch getragen haben. Ich habe schon als jüngeres Mädchen nicht verstanden, warum eine Frau nicht eingestellt wird, wenn sie ein Kopftuch trägt. Ich habe dann meine Masterarbeit über das Thema Kopftuchverbote geschrieben. Ich habe aber besonders die arbeitsrechtliche Situation beleuchtet.

Wie würden Sie denn die arbeitsrechtliche Situation von vielen muslimischen Frauen in Deutschland beschreiben?

Die letzte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, dass Religionsfreiheit grundsätzlich nicht eingeschränkt werden kann, sehe ich als einen Erfolg für das Arbeitsrecht. Im Bezug auf private Arbeitgeber ist das natürlich eine andere Situation als mit staatlichen Arbeitgebern, aber wenn schon nicht mehr gesetzlich diskriminiert wird, dann ist das ein Schritt vorwärts. Die Kopftuchverbote waren eine institutionelle und strukturelle Diskriminierung.

Das Gespräch führte Diana Hodali