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Mit Schnelltests aus dem Lockdown?

4. März 2021

Wochenlang haben Politiker diskutiert, ob und wie Schnelltests in Deutschland zum Einsatz kommen. Jetzt steht zumindest ein Plan. Welche Rolle spielen Selbst- und Schnelltests für den Weg aus der Pandemie?

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Kostenlose Corona-Schnelltests zu Weihnachten
Bild: Marijan Murat/dpa/picture alliance

25 oder sogar 50 Euro für einen Corona-Schnelltest? Solche Preise dürften in Deutschland bald der Vergangenheit angehören. Die jüngsten Beschlüsse, auf die sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer am Mittwoch geeinigt haben, sehen eine komplexe Schritt-für-Schritt-Anleitung vor, um Deutschland aus dem Lockdown herauszuführen. Und der massenhafte Gebrauch von Schnelltests spielt dabei eine Schlüsselrolle.

Die Bundesregierung wird voraussichtlich ab nächster Woche die Kosten für Schnelltests übernehmen. Jeder Mensch in Deutschland hat dann Anspruch auf einen wöchentlichen Test, entweder in einem Testzentrum, einer Arztpraxis oder am Arbeitsplatz.

Durchgeführt werden sollen die Tests von geschultem Personal. Kindergartenkinder, Schüler, Lehrer und Erzieher stehen dabei besonders im Fokus, damit Schulen und Kindertagesstätten geöffnet bleiben können.

Schnelltests auf dem Vormarsch

Am Donnerstag sagte Gesundheitsminister Jens Spahn, die Bundesregierung habe mindestens 200 Millionen Selbsttests und 800 Millionen Schnelltests bestellt, von denen 150 Millionen bei den Lieferanten auf Lager sind. Selbsttests funktionieren nach demselben Prinzip wie die Schnelltests, der Abstrich aus Nase oder Rachen kann jedoch ohne geschultes Personal durchgeführt werden.

Zuvor war auch die Zahl von zwei wöchentlichen Tests pro Person diskutiert worden, was etwa 160 Millionen Tests bedeutet hätte. Doch selbst der genehmigte Plan mit nur einem Test pro Person und Woche könnte die Vorräte schnell erschöpfen. Kritiker sagen, zunächst müssten diese Testkapazitäten bereitgestellt sein – und dann erst könne man weitere Öffnungsschritte gehen.

"Auch Öffnung der Schulen ohne Schnelltests wird Inzidenz treiben", prognostiziert etwa der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Die Teststrategie für Schulen und Betriebe sei unklar, die nötigen Schnelltests fehlten noch. Gesundheitsminister Jens Spahn hatte ursprünglich flächendeckende Tests ab dem 1. März angekündigt.

Erst Öffnung, dann Schnelltests?

Auch viele Vertreter lokaler Behörden zeigten sich nach der Einigung zwischen Bund und Ländern skeptisch. In kleineren Städten und ländlicheren Gebieten könnte es schwierig werden, die notwendigen Tests zu beschaffen und durchzuführen, so die Sorge.

"Gerade da kann ich Ihnen nicht sagen, wie das gehen soll, dass in bestimmten Testzentren da Tests laufen", sagte etwa Oliver Hermann, Bürgermeister der Kleinstadt Wittenberge und Vorsitzender des Städte- und Gemeindebundes im Land Brandenburg, dem öffentlich-rechtlichen Sender rbb.

Denn ein solches Testzentrum sei ihm bislang nicht bekannt. Er sehe daher nicht, wie die Bürger schon ab kommenden Montag an die Schnelltests kommen sollten. "Ich glaube, da wäre es gut, wenn man relativ frühzeitig zu einer klaren Kommunikation und Strategie kommt."

Selbsttests: Bald auch beim Discounter

Große Lebensmittel- und Drogerieketten sowie Apotheken haben bereits angekündigt, dass sie bald mit dem Verkauf von Selbsttest-Kits für zu Hause beginnen werden. Also den Tests, die jeder ohne Schulung durchführen kann.

Deutschland | Coronavirus | Schnelltest
Solche Schnelltests soll es bald auch im Supermarkt zu kaufen gebenBild: Soeren Stache/dpa/picture alliance

Die Preise hierfür stehen teilweise noch nicht fest. Der Discounter Aldi will mit einer Fünfer-Packung Selbsttests zum Preis von 25 Euro starten. Bei den Selbsttests war eine staatliche Förderung im Gespräch, die den Eigenanteil auf einen Euro gesenkt hätte. Völlig kostenfrei will nun der Drogeriemarkt dm Tests vor seinen Märkten zur Verfügung stellen.

Geschwindigkeit versus Zuverlässigkeit

Schnelltests waren bislang vor allem für medizinisches Personal und andere wichtige Berufsgruppen verfügbar. Alle anderen mussten sich ihren eigenen Schnelltest organisieren und bezahlen, in einer Arztpraxis oder in privaten Testzentren.

Einige dieser Tests haben sich dabei als unzuverlässig erwiesen. Die genaueren PCR-Tests, die im Labor ausgewertet werden und deshalb mehr Zeit benötigen, waren in Deutschland weitgehend denjenigen vorbehalten, die Symptome zeigten.

Berlin Corona Testzentrum Antigen Schnelltest
Mund bitte weit aufmachen: für viele Tests braucht es geschultes PersonalBild: John MacDougall/AFP/Getty Images

Schnelltests können in weniger als 30 Minuten ein einigermaßen genaues Ergebnis liefern. Doch Gesundheitsexperten warnen, dass sie kein Allheilmittel seien und die Ausbreitung des Corona-Virus nicht allein eindämmen könnten. Die Schnelltest haben eine ähnliche Spezifität wie ein PCR-Test, ein positives Ergebnis bei fehlender Infektion ist also unwahrscheinlich.

Ihre Sensitivät ist aber geringer. Das bedeutet, dass die Tests öfter ein negatives Ergebnis anzeigen, obwohl eine Infektion vorliegt. Sie könnten deshalb Menschen in falscher Sicherheit wiegen.

Schnelltests, ob für den Hausgebrauch oder für den Einsatz von geschultem Personal, sind zudem keinen einheitlichen Qualitätsstandards unterworfen. Das Paul-Ehrlich-Institut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel hat zwar Mindestkriterien entwickelt, an die sich die Testhersteller halten müssen - aber es sind Richtlinien, keine Vorschriften. Dutzende solcher Tests sind auf dem Markt, nur wenige wurden bislang unabhängig bewertet.

Isolation sofort möglich

Das ändert sich nun langsam. Vergangene Woche veröffentlichte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Liste von Selbsttests, die eine Sondergenehmigung erhalten haben. Schnelltests, die vom Staat finanziert werden, müssen bestimmte Standards erfüllen.

Trotz des Risikos falsch-negativer Ergebnisse hoffen die Behörden, dass durch massenhafte Tests mehr Corona-Fälle entdeckt werden und dass durch die schnellen Ergebnisse weniger Zeit vergeht, bis sich Infizierte in Isolation begeben. Zu Hause durchgeführte Selbsttests haben den Vorteil, dass die Isolation sofort beginnen könnte.

Allerdings werden solche positiven Selbsttest-Ergebnisse ohne einen offiziellen Folgetest nicht von den Gesundheitsbehörden erfasst. Das könnte wiederum zu einer Unterschätzung der Inzidenzraten führen.