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Mit Sowjetschlagern an die Wahlurne

Inna Kuprijanova30. Oktober 2014

Die selbsternannte "Donezker Volksrepublik" lässt wählen. Nur separatistische Gruppen nehmen teil. Es kandidieren meist unbekannte Leute. Prominente Unterstützung kommt aus Russland.

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Plakat für Wahlen am 2. November in der "Donezker Volksrepublik" (Foto: Inna Kuprijanova)
Wahlen am 2. November in der "Donezker Volksrepublik"Bild: Inna Kuprijanova

Volles Haus und stürmischer Applaus. So umjubelte das Publikum im Donezker Opernhaus Josif Kobson. Er trat gemeinsam mit dem Gesangs- und Tanzensemble des russischen Innenministeriums auf und warb für die Teilnahme an der "Wahl“ des Parlaments der selbsternannten "Donezker Volksrepublik" am 2. November. Zum Abschluss seines Konzerts bat der aus Moskau eingeflogene Altmeister des sowjetischen Schlagers den "Premierminister" der "Volksrepublik", Alexander Sachartschenko, auf die Bühne.

Wahlplakat mit Portrait von Josif Kobson (Foto: Inna Kuprijanova)
Josif Kobson wurde im ostukrainischen Industrierevier Donbass geborenBild: Inna Kuprijanova

Schon vor zwei Jahren trat Kobson in Donezk in ähnlicher Weise auf. Damals sang er das Lied "Meine Mutter Ukraine, mein Vater Donbass" - gemeinsam mit dem inzwischen nach Russland geflüchteten ehemaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Die Stadt im Osten der Ukraine war dessen politische Hochburg. Doch inzwischen hat sich Donezk ebenso wie die Stadt Luhansk auf Druck von Separatisten und Söldnern aus Russland von der Ukraine losgesagt. Das Lied von der "Mutter Ukraine“ sang Kobson jetzt nicht mehr. Nicht die Musik, sondern Krieg und Politik bestimmen in diesen Tagen das Leben in Donezk.

Die Separatisten dort und in der Nachbarregion Luhansk wollen mit der geplanten Abstimmung die Abspaltung von der Ukraine besiegeln. "Der Stil dieses Wahlkampfs erinnert an die damals in der Ukraine regierende Partei der Regionen", sagt Sergej, der in Donezk lebt. "Doch der Gegner ist heute nicht der politische Konkurrent, sondern der Staat Ukraine", berichtet Sergej.

Wer steht hinter Sachartschenko?

Portrait von Alexander Sachartschenko (Foto: REUTERS/Sergei Karpukhin/Files)
Alexander Sachartschenko kandidiert für das Amt des "Regierungschefs"Bild: Reuters

Die "Wahlkommission" der selbsternannten Donezker Volksrepublik hat drei Kandidaten für den Posten des Regierungschefs registriert. Der bekannteste ist Sachartschenko, der erst seit kurzem politisch in Erscheinung getreten ist. Inzwischen kommt er in fast jeder Nachrichtensendung des lokalen Fernsehens vor. Auch auf den meisten Plakatwänden steht sein Name.

Ukrainische Medien vermuten, dass hinter der massiven Reklame für den bisher unbekannten Mann der Donezker Oligarch Rinat Achmetow stehen könnte, der früher als Pate des Donbass galt. Doch mit der Flucht von Janukowitsch verlor er an politischem Einfluss. Wie das ukrainische Magazin "Insider" berichtet, soll Sachartschenko früher Achmetows Holding "System Capital Management" (SCM) sowie Abgeordneten der Partei der Regionen nahegestanden haben. Die Unternehmensgruppe bestreitet allerdings, dass Sachartschenko jemals für sie gearbeitet habe.

Juri Siwokonenko und Alexander Kofman sind die beiden anderen Kandidaten für den Posten des Regierungschefs der "Donezker Volksrepublik". Über die Männer ist nur bekannt, dass sie Parlamentsabgeordnete der selbsternannten Republik sind.

Parlamentswahl mit zwei Vereinigungen

Dem Parlament der "Donezker Volksrepublik" sollen künftig 100 Abgeordnete angehören. Lediglich zwei "gesellschaftliche Bewegungen" treten bei der Wahl an - die "Donezker Republik" und der "Freie Donbass". Beide Gruppen setzen sich für die Abspaltung von Kiew ein.

Die "Donezker Republik" wird von Andrej Purgin geleitet, einem der Anführer der Separatisten. Die Gruppierung besteht seit 2005 und war als separatistische Organisation von Kiew verboten worden. An der Spitze der Wahlliste stehen Sachartschenko, Purgin sowie Denis Puschilin, der hin und wieder in Donezk auftaucht, um dann wieder nach Moskau zu verschwinden. Die Bewegung "Freier Donbass" wurde erst Anfang Oktober 2014 von Mitgliedern des Parlaments der selbsternannten Republik gegründet.

Der "Frei Donbass" wirbt auf einem Wahlplakat für "Frieden, Arbeit und Unabhängigkeit" Foto: Inna Kuprijanova)
Der "Freie Donbass" wirbt für "Frieden, Arbeit und Unabhängigkeit"Bild: Inna Kuprijanova

Die Namen der Mitglieder der beiden Bewegungen sagen den meisten Menschen im Donbass nicht viel. "Als diese Leute mit Gewehren die Macht übernahmen, haben sie uns nicht gefragt. Sie sind einfach gekommen und haben alles an sich gerissen. Und jetzt wollen diese unbekannten Leute Wahlen abhalten. Damit wollen sie doch nur zeigen, dass wir ihnen angeblich vertrauen. Aber es gibt noch nicht einmal Gegenkandidaten", sagt Marina aus Donezk, die die Wahl ablehnt.

Möglichkeiten zur Manipulation

Wie viele Menschen tatsächlich an der Abstimmung in der "Donezker Volksrepublik" teilnehmen wollen, ist nicht bekannt. Denn es gibt keine verlässlichen Erhebungen dazu. Insgesamt sollen 3.198.000 Stimmzettel gedruckt worden sein. So viele Menschen haben angeblich bereits an dem umstrittenen Referendum am 11. Mai dieses Jahres teilgenommen. Bei der international nicht anerkannten Abstimmung hat sich nach Angaben aus Donezk eine Mehrheit für die Unabhängigkeit der Region ausgesprochen.

Manipulationen sind auch bei der neuerlichen Abstimmung nicht auszuschließen. Gewählt werden kann auch über das Internet. Dies bietet weitere Möglichkeiten zu Fälschungen. In sozialen Netzwerken wird darüber bereits heftig diskutiert. Bislang hat nur Russland in Aussicht gestellt, die so genannten Wahlen am 2. November in der selbsternannten "Donezker Volksrepublik" anzuerkennen.

Unterdessen sprechen der ukrainische Präsident Petro Poroschenko sowie Vertreter der internationalen Gemeinschaft von "Pseudo-Wahlen". Sie rufen auf, die mit den Separatisten und Russland unter OSZE-Vermittlung getroffenen Minsker Vereinbarungen einzuhalten. Danach sollen Kommunalwahlen nach ukrainischem Recht durchgeführt werden. Für den 7. Dezember hat das Parlament in Kiew eine solche Abstimmung angesetzt. Damit soll ein Sonderstatus für bestimmte Bezirke im Donbass umgesetzt werden.