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Politik

Mit vielen Fragen nach Washington

2. Februar 2017

Das wird ein Treffen der Novizen: Der neue Bundesaußenminister Gabriel besucht als erstes deutsches Regierungsmitglied seit Trumps Amtsantritt die USA. Er wird dort seinen frischgebackenen Kollegen Tillerson treffen.

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USA Sigmar Gabriel  mit Bob Corker und Ben Cardin
Bild: Reuters/Y. Gripas

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel hat zu Beginn seines Washington-Besuches das gemeinsame Wertegerüst mit den USA betont. Keine Region der Welt stehe Deutschland politisch und kulturell so nahe wie die Vereinigten Staaten, sagte Gabriel am Kapitol in Washington, wo er sich zunächst mit Mitgliedern des US-Parlamentes traf. Später sind Treffen mit Vizepräsident Mike Pence im Weißen Haus sowie seinem neuen US-Amtskollegen Rex Tillerson geplant.  

"Wir wollen zeigen, dass wir an der transatlantischen Zusammenarbeit zwischen Deutschland, aber natürlich auch Europa und den USA festhalten wollen", betonte Gabriel. Deutschland komme mit "ausgestreckter Hand". Der SPD-Politiker wies darauf hin, dass es im Verhältnis zwischen Deutschland und den USA häufiger zu Unstimmigkeiten, sogar zu echten Konflikten gekommen sei.

"Wir sind selbstbewusst"

Deutschland gehe selbstbewusst in den Dialog mit dem großen Partner. "Wir sind ein Land und ein Kontinent von großer wirtschaftlicher Stärke", sagte Gabriel. "Wir haben nichts zu verbergen, wir sind selbstbewusst, wir haben etwas anzubieten, auch für die tranatlantische Partnerschaft."

"Uns verbindet mit den USA ein festes Wertegerüst", sagte er und fügte hinzu: "Aber bei diesen Werten muss es eben auch bleiben, es darf kein Abweichen davon geben." Dazu gehöre Religionsfreiheit ebenso wie der faire Umgang in der Welt miteinander.

Gabriel war am Morgen nur wenige Stunden nach der Vereidigung des neuen US-Außenministers Rex Tillerson nach Washington aufgebrochen. Er wird dessen erster ausländischer Gast sein. Eine gemeinsame Pressekonferenz der beiden nach dem Treffen ist nicht vorgesehen. Eine Begegnung mit Präsident Donald Trump ist aber nicht vorgesehen. Am Freitag will der Vizekanzler dann nach New York weiterfliegen, um dort UN-Generalsekretär Antonio Guterres zu treffen.

Tillerson als US-Außenminister vereidigt

"Wir haben Fragen an die neue US-Administration" 

Gabriel ist selbst erst seit Freitag im Amt. Die USA-Reise ist nach Paris sein zweiter Antrittsbesuch. Eine Brüssel-Reise sagte er am Dienstag wegen einer fiebrigen Infektion kurzfristig ab. Gabriel hatte in den vergangenen Tagen immer wieder betont, wie wichtig ihm ein möglichst früher Besuch in Washington ist. "Die Welt wartet nicht auf uns. Wir haben drängende Themen auf der internationalen Agenda, über die sich Deutschland und Amerika, genauso wie Europa und Amerika eng abstimmen sollten", sagte der neue Mann im Auswärtigen Amt. "Und wir haben Fragen an die neue US-Administration, über ihren außenpolitischen Kurs, ihr Verhältnis zum Bündnis und zur Ordnung der Welt."

Die Bundesregierung ist äußerst beunruhigt über den Start von Donald Trump in seine Amtszeit. Gabriel hatte dem US-Präsidenten nach dessen Antrittsrede "hoch nationalistische Töne" vorgeworfen. Von Tillerson und Verteidigungsminister James Mattis erhofft sich die Bundesregierung einen mäßigenden Einfluss auf den Präsidenten und ein klares Bekenntnis zur NATO. Tillerson ist aber umstritten. Er war über 40 Jahre lang Manager des Ölkonzerns ExxonMobil, zuletzt als Vorstandschef. Kritiker sehen darin eine mögliche Befangenheit. Seine Ölgeschäfte haben Tillerson auch große Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin gebracht.

Aber auch sonst klaffen zwischen Berlin und Washington tiefe Gräben. Die von Trump verhängte dreimonatige Einreisesperre für Menschen aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern beunruhigt die Bundesregierung schwer. Kanzlerin Angela Merkel kritisierte, auch der Kampf gegen den Terrorismus rechtfertige es nicht, "Menschen einer bestimmten Herkunft oder eines bestimmten Glaubens unter Generalverdacht zu stellen". Die Bundesregierung setzte zudem in Washington durch, dass das Einreiseverbot nicht für Doppelstaatler gilt, die auch einen deutschen Pass haben.

Große Unterschiede auf vielen Politikfeldern  

Schwere Differenzen auch bei den Themen Syrien, Nahost, Ukraine und Iran - also den großen Konflikten und Krisen der vergangenen Jahre. Hier bemühten sich Deutschland und die USA bisher stets gemeinsam um Lösungen. Doch über den künftigen Kurs der Trump-Regierung auf diesen Feldern herrscht im Berliner Regierungsviertel bislang Ratlosigkeit. Hinzu kommt noch, dass Trump von einer Annäherung an Russland sprach, die NATO als "obsolet" bezeichnete und den Brexit feierte. 

In der Handelspolitik kracht es ebenfalls: International wird befürchtet, dass Trump im Welthandel eine Ära der Handelsschranken einläutet. Er kündigte bereits das Transpazifische Freihandelsabkommen TPP auf, zudem stellt er den Nafta-Handelspakt mit Mexiko und Kanada infrage und droht unter anderem deutschen Autobauern mit saftigen Strafzöllen. Merkel warnte Trump bereits mehrfach vor Protektionismus.

Schließlich das Konfliktfeld Währungspolitik: Peter Navarro, ein Wirtschaftsberater Trumps, warf der Exportnation Deutschland vor, die USA und EU-Partner durch einen schwachen Euro "auszubeuten". Deutschland profitiere in seinen Handelsbeziehungen von einer "extrem unterbewerteten 'impliziten Deutschen Mark'", sagte Navarro. In Berlin provozierte die Kritik Widerspruch. Merkel verwies darauf, dass die Europäische Zentralbank (EZB) unabhängig für die Währungspolitik zuständig sei.

Moskau: Bereitschaft zu Treffen mit Tillerson in Deutschland

Die russische Führung betonte unterdessen ihre Bereitschaft zu einem ersten direkten Kontakt mit Tillerson noch in diesem Monat. Dies meldete die staatliche Nachrichtenagentur RIA Novosti unter Berufung auf Informationen aus dem Moskauer Außenministerium. Demnach könnte ein Treffen Mitte Februar in Deutschland stattfinden - entweder im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz oder der Außenminister-Zusammenkunft der G-20-Staaten in Bonn. Welcher russische Politiker mit Tillerson zusammentreffen soll, wurde nicht mitgeteilt.   

sti/myk (afp, dpa)