Neues Smartphone: Faltbar und sehr teuer
25. Februar 2019Ein Scharnier, um ein Telefon aufzuklappen - man möchte meinen, das kann ja nicht so schwer sein... Aber: "Die Ingenieure haben drei Jahre lang an dem Scharnier gearbeitet", sagte Richard Yu, CEO der Huawei Consumer Group, als er das heiß erwartete, faltbare Mate X des Unternehmens auf dem Mobile World Congress in Barcelona vorstellte.
Die Menge hielt die Luft an, als er das Telefon hoch in der Luft hielt. Dann entfaltete er das Gerät so zart, als sei es ein Liebesbrief. Nach abgeschlossener Metamorphose zum Tablet-Modus hielt Yu das vergrößerte 8-Zoll-Gerät flach in der Hand.
Die Scharniertechnik, die den Übergang vom Smartphone zum Tablettbildschirm ermöglicht, hat sich Huawei patentieren lassen und bezeichnet sie als "Falkenflügel". Man hätte sie auch "Schmetterling" oder "Marienkäfer" nennen können, aber die Assoziation mit einem Raubvogel ist wohl eher treffend und passt zum Aufstieg von Huawei. "Vor sechs Jahren kannte uns niemand. Nicht einmal in China", sagte Yu. "Heute sind wir eine der führenden Marken weltweit."
Eine kurze Geschichte der faltbaren Telefone
Als führende Marke in der Mobilfunkindustrie muss Huawei auch am Wettlauf um ein faltbares Telefon mitmachen, der schon seit einiger Zeit läuft. Als erste konnte eine chinesische Firma namens Royole die Ziellinie überqueren. Sie brachte im Oktober den FlexPai auf den Markt. Abgesehen von seiner Biegsamkeit kann das Gerät jedoch nicht viele beeindruckende Features vorweisen. Die vielen Softwarefehler, die beim Wechsel zwischen Smartphone- und Tablet-Modus auftraten, veranlassten die Tech-Website The Verge, es liebevoll als "charmant schrecklich" zu beschreiben.
Der nächste Meilenstein in der Geschichte der faltbaren Telefone wurde letzte Woche in San Francisco erreicht, wo Samsung, der weltweit größte Smartphone-Hersteller, das Galaxy Fold vorstellte. Während das Gerät von den Technikfreaks gut angenommen wurde, dürften sich angesichts des Preises von 1.980 US Dollar (1.745 Euro) wohl mehr als nur ein paar Augenbrauen angehoben haben.
Und nun in Barcelona folgte Huawai mit dem Mate X. Zwar ist die Biegsamkeit das wichtigste Feature für die Schlagzeile, es gibt aber noch einiges mehr zu entdecken. Das Telefon ist 5G-kompatibel und damit bereit, die neueste und leistungsfähigste Marke der Mobilfunktechnologie zu unterstützen. Es verfügt über eine Kamera sowohl vorne als auch hinten, von der Yu behauptete, dass sie ein Premium-Angebot im Selfie-Spiel ist. Es verfügt auch über eine Dual-SIM und Turbo-Schnellaufladung. Entscheidend ist, dass der Mate X im eingeklappten Zustand schlanker ist als das Gerät von Samsung. Und wenn sich das Mate X zu seiner vollen Pracht aufgeklappt hat, verfügt es über ein größeres Display als der südkoreanische Konkurrent.
Zu teuer für Otto Normalverbraucher
Das alles hat aber auch seinen Preis - womit wir wieder beim hörbaren Luftanhalten der Menge bei der Vorstellung des Gerätes in Barcelona wären. Nur wenige hatten wohl erwartet, dass Huawei mit seinem Preis weit über den des Galaxy Fold hinausgehen würde. Nachdem genügend Spannung aufgebaut worden war, indem erst die Preise der weit weniger erwarteten Notebooks bekannt gegeben wurden, rückte Yu mit der Zahl raus: 2.299 US Dollar.
"Es ist sehr teuer", räumte er ein. Man könnte es auch so ausdrücken: Dieses Telefon liegt völlig außerhalb der Preisklasse normaler Menschen. Und damit stellt sich auch die Frage: Sollten uns klappbare Telefone interessieren? Sind sie überhaupt erwähnenswert? Vielleicht nicht auf Dinnerparties. Aber man sollte bedenken, dass der Wettbewerb um die "Foldables" auch eine Manifestation eines viel größeren Kampfes ist, der zurzeit stattfindet.
Ablenkungsmanöver zum richtigen Zeitpunkt
International machen sich Regierungen Sorgen, weil sie enge Beziehungen zwischen Huawei und der chinesischen Regierung vermuten. Sie fürchten vor allem, dass Huawei die Möglichkeit nutzen könnte, über die 5G-Technologie andere Länder auszuspionieren. Insofern hätte die Vorstellung des überteuerten Flexi-Handys zu keinem besseren Zeitpunkt kommen können.
Nach der Pressekonferenz am Sonntag wurden die Medien in den Ausstellungsbereich eingeladen, wo Exemplare des Mate X in bewachten Türmen aus Plexiglas ausgestellt waren. Der Drang, sie zu sehen, glich einer Szene, wie man sie wohl in einem brennenden Gebäude auf dem Weg zum Notausgang erleben würde: dringend, zielgerichtet und teilweise verzweifelt.
Inmitten des Schiebens und Drängens, um ein Foto zu schießen, konnte man fast schon spüren, wie der Falke seine Flügel ausbreitete, um sich nach oben zu schwingen.