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Moldau verbietet pro-russische Partei

Vitalie Calugareanu (aus Chisinau)
20. Juni 2023

Das Verfassungsgericht der Republik Moldau hat die SOR-Partei für verfassungswidrig erklärt. Die Organisation, deren Führung die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen wird, soll aufgelöst werden.

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 Anhörung der Führung der SOR-Partei beim Verfassungsgericht der Republik Moldau
Chisinau: Spitzenpolitiker der SOR-Partei vor dem Verfassungsgericht der Republik MoldauBild: Elena Covalenco

In der Republik Moldau ist die umstrittene SOR-Partei für verfassungswidrig erklärt worden. Ihren Gründern und Mitgliedern wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Jetzt soll die Partei aufgelöst werden.

Ilan Shor, Gründer, Namensgeber und Chef der Partei, steht auf den Sanktionslisten der USA, der EU, Großbritanniens und Kanadas. Der pro-russische Oligarch ist in der Republik Moldau wegen Geldwäsche und Bankbetrugs rechtskräftig zu einer 15-jährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden und hat sich ins Ausland abgesetzt. Er und seine Partei sollen in Wahlkämpfen und Aktionen zur Destabilisierung der Republik Moldau nicht deklariertes Geld eingesetzt haben. Die Aktionen seien von Moskau koordiniert worden. Gemäß der Verfassung der Republik Moldau kann eine Partei verboten werden, wenn sie gegen den politischen Pluralismus verstößt und Aktivitäten durchführt, die die Souveränität und Unabhängigkeit des Landes untergraben.

Einschränkungen für gewählte Parteifunktionäre

Laut Verfassungsgericht verlieren jegliche Handlungen oder Verwaltungsakte dieser Partei, die nach der Verkündung der Entscheidung angenommen wurden, ihre rechtliche Bedeutung. Das Justizministerium wird eine Sonderkommission ernennen, die alle notwendigen Maßnahmen zur Auflösung und Löschung der Partei aus dem Staatsregister ergreifen soll.

Anhänger der Partei SOR protestieren in Chisinau (19.06.2023)
Anhänger der SOR-Partei protestieren am Tag der Urteilsverkündung in Chisinau (19.06.2023)Bild: DW

"Vertreter und Mitglieder der Partei, die zum Zeitpunkt des Urteils ihr Mandat als Abgeordnete im Parlament der Republik Moldau ausüben, werden ihr Mandat weiterhin als unabhängige Abgeordnete behalten, ohne das Recht zu haben, sich anderen parlamentarischen politischen Formationen anzuschließen”, heißt es weiter im Urteil des Verfassungsgerichts.

Auch die Vertreter und Mitglieder der Partei, die repräsentative Mandate in den territorialen Verwaltungseinheiten auf allen Ebenen, einschließlich in der Autonomen Region Gagausien, ausüben, sollen ihre Mandate als unabhängige Vertreter behalten, ohne das Recht, sich anderen Fraktionen anzuschließen. Darüber hinaus werden die zuvor validierten Listen der Ersatzkandidaten der SOR-Partei im Parlament und in den Gemeinderäten für ungültig erklärt.

Reaktionen aus Chisinau und Moskau

Die moldauische Präsidentin Maia Sandu begrüßte die Entscheidung des Verfassungsgerichts. "Eine politische Partei, die durch Korruption und für Korruption gegründet wurde, ist eine Gefahr für das Verfassungssystem und die Sicherheit des Staates”, sagte Sandu. Die staatlichen Institutionen sollten die Folgen dieser Entscheidung analysieren und die nächsten Schritte unternehmen, um die Entscheidung zu respektieren und wirksam umzusetzen”, erklärte die pro-europäische Präsidentin.

Rumänien Bukarest | Olaf Scholz , Maia Sandu und Klaus Iohannis
Die moldauische Präsidentin Maia Sandu, Bundeskanzler Olaf Scholz (li.) und Rumäniens Staatschef Klaus Iohannis in Bukarest (4.04.2023)Bild: Presidency.ro

Auch Premierminister Dorin Recean begrüßte die Entscheidung des Verfassungsgerichts. Die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit würden dadurch gestärkt, sagte er. "Wir sind entschlossen, die Justiz zu reformieren, damit das Gesetz an erster Stelle steht und die Würde der Bürger nicht von korrupten Personen mit Füßen getreten wird”, so Recean.

Igor Grosu, Parlamentspräsident und Chef der pro-europäischen Partei PAS, erklärte, nur durch die harte Bestrafung korrupter Politiker könne die Politik "bereinigt” werden: "Nur so können wir sicherstellen, dass es in den staatlichen Institutionen am Ende integre Menschen gibt, die sich für die Bürger einsetzen”, so Grosu.

Die Anwälte der SOR-Partei kündigten an, gegen die Entscheidung des Verfassungsgerichts beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Berufung einzulegen. "Darüber hinaus werden wir die strafrechtliche Verfolgung der Richter fordern, die diese Entscheidung getroffen haben”, so einer der Anwälte.

Parteichef Ilan Shor verkündete seinerseits, dass bereits "mehrere Formeln für die Fortsetzung des Kampfes” identifiziert worden seien. Kürzlich wurde Shor, der sich in Israel aufhält, von mehreren moldauischen Abgeordneten besucht, die sich von der Sozialistischen Partei losgelöst haben. Nach diesem Treffen erklärten die Überläufer, sie würden die fast in Vergessenheit geratene Partei Renasterea (Wiedergeburt) wiederbeleben wollen.

Moskau reagierte umgehend auf die Entscheidung des moldauischen Verfassungsgerichts. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, verurteilte die Entscheidung der Richter und sagte, sie stünde im Widerspruch zu demokratischen Grundsätzen.

Republik Moldau | Demonstration für Europa in Chisinau
Pro-europäische Demonstration in Chisinau, 21.05.2023: Die Präsidentin des EU-Parlaments, Roberta Metsola, und die moldauische Präsidentin Maia Sandu auf der Bühne vor über 80.000 MenschenBild: Vitalie Calugareanu/DW

Es war das erste Mal, dass die moldauischen Behörden den Finanzierungsplan der SOR-Partei und deren Pläne zur Destabilisierung der Republik Moldau offenlegten. Nach Angaben des Generalstaatsanwalts erhielt die Partei "regelmäßig Geld aus verbotenen Quellen”, hauptsächlich aus der Russischen Föderation. Mit dem Geld seien unter anderem Proteste gegen die pro-europäische Regierung und die Staatspräsidentin Maia Sandu vor allem nach Ausbruch des Kriegs in der Ukraine finanziert worden. Ziel der pro-russischen Gruppierung sei es gewesen, Wählerstimmen zu kaufen, Geld zu waschen und Massenunruhen zu organisieren.

Adaption aus dem Rumänischen: Robert Schwartz