Mordfall Politkowskaja: Täter kämpft in der Ukraine
14. November 2023Rund 17 Jahre nach dem Mord an der kremlkritischen Journalistin Anna Politkowskaja ist einer der verurteilten Täter in Russland vorzeitig aus der Haft entlassen worden - als Gegenleistung für einen Kriegsdienst in der Ukraine. Das bestätigte der Anwalt des im Jahr 2014 zu 20 Jahren Straflager verurteilten Mannes dem Nachrichtenportal RBK laut einem veröffentlichten Artikel.
Dem Telegram-Kanal Baza zufolge kämpfte der ehemalige Polizist bereits Ende 2022 in der Ukraine. Nach einem halben Jahr soll er seinen Vertrag mit dem Verteidigungsministerium verlängert haben. Wo genau er derzeit im Einsatz ist, sei nicht bekannt.
"Nowaja Gaseta" ist mittlerweile verboten worden
Zu dem Fall äußerte sich auch Dmitri Muratow, der Chefredakteur der renommierten Zeitung "Nowaja Gaseta", für die Politkowskaja damals schrieb und die im Zuge des Angriffskrieg auf die Ukraine in Russland mittlerweile verboten wurde. "Die Rechte der Opfer werden vom Staat systematisch missachtet", sagte der 62-Jährige, der 2021 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden war, dem Internetmedium "Ostoroschno Media".
Der Straftäter hätte ursprünglich erst 2034 aus der Haft entlassen werden sollen. In den vergangenen Wochen haben in Russland immer wieder Fälle für Aufsehen gesorgt, in denen teils Schwerverbrecher von Präsident Wladimir Putin begnadigt wurden, damit sie in den Krieg gegen das Nachbarland Ukraine ziehen können. Der Kreml verteidigt die umstrittene Rekrutierungspraxis als Möglichkeit für die Verurteilten, ihre Taten durch "Blut auf dem Schlachtfeld" zu sühnen.
Familie fordert vollständige Aufklärung
Politkowskaja war im Oktober 2006 vor ihrer Wohnung in Moskau erschossen worden. Für das weltweit beachtete Attentat wurden mehrere Männer aus der russischen Teilrepublik Tschetschenien im Nordkaukasus verurteilt. Der nun freigelassene Mann soll die für ihre kritische Tschetschenien-Berichterstattung geschätzte Journalistin vor ihrer Tötung beschattet haben lassen. Politkowskajas Familie vermutet hinter dem Mord ein politisches Motiv und fordert bis heute eine vollständige Aufklärung.
nob/uh (dpa, afp, rtre)