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Mosambik: Angst vor Bürgerkrieg

António Cascais / Amos Zacarias2. Februar 2016

Der Streit zwischen den ehemaligen Bürgerkriegsparteien in Mosambik spitzt sich zu. Etwa 3000 Menschen sind bereits ins Nachbarland Malawi geflohen. Täglich kommen mehr dazu. Essen, Kleider und Zelte sind knapp.

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Flüchtlinge aus Mosambik im Flüchtlingslager Kapise im Nachbarland Malawi. Die Menschen fliehen aus Angst vor einem neuen Bürgerkrieg. (Foto: DW/A. Zacarias)
Bild: DW/A. Zacarias

Improvisierte Hütten aus Ästen und etwas Stroh, zerrissene Zelte: Das Flüchtlingslager in Kapise wirkt verwahrlost. Es liegt in Süd-Malawi, nahe der Stadt Chikwawa, dicht an der Grenze zu Mosambik. Ein älterer Flüchtling erzählt dem DW-Korrespondenten vor Ort: "Wir halten uns mit Gelegenheitsjobs in der Umgebung am Leben. Wir haben kein Essen, keine Kleidung und auch keine Seife."

Die malawischen Behörden sind mit den vielen Flüchtenden aus dem Nachbarland überfordert: Edgar Chihama von der örtlichen malawischen Verwaltungsbehörde gibt zu, dass die Lebensbedingungen dringend verbessert werden müssten - gerade jetzt, wo täglich neue Flüchtlinge aus Mosambik eintreffen. "Aber uns sind die Hände gebunden. Wir sind auf Hilfe von außen angewiesen, auf Mittel des UN-Welternährungsprogramms, auf UNICEF, aber auch auf Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen oder Oxfam."

Morde und Plünderungen treiben die Menschen in die Flucht

Adelino Benedito kam bereits im Juni 2015 aus dem mosambikanischen Moatize hierhin. Er hat seine neun Kinder und seine beiden Frauen mitgebracht - und keine Hoffnung, bald wieder in seine Heimat zurückzukehren. "Sie haben viele von uns getötet und viele Frauen wurden vergewaltigt", erzählt er.

Politische Morde und Mordversuche, Plünderungen und willkürliche Landnahme gehören in Mosambik fast schon zum Alltag. Die Regierungspartei FRELIMO (Front für die Befreiung Mosambiks) und Aufständische von der Oppositionspartei RENAMO (Nationaler Widerstand Mosambiks) geben sich gegenseitig die Schuld dafür.

Gerade in den vergangen Wochen hat die Zahl der Flüchtlinge aus Mosambik nach Malawi stark zugenommen, so die Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR). Ende Januar kamen demnach innerhalb einer Woche bis zu 300 neue Flüchtlinge über die Grenze. UNHCR geht davon aus, dass die Zahl der mosambikanischen Flüchtlinge im Süden Malawis bald auf 5000 ansteigen könnte. Denn die Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Parteien in Mosambik nehmen zu.

Mosambiks Proviniz Tete grenzt an Malawi. Viele Mosambikaner fliehen dorthin.
Vor allem aus der mosambikanischen Provinz Tete fliehen die Menschen nach Malawi - in die Lager hinter der Grenze, nahe der Stadt Chikwawa

Politisches Chaos in Mosambik

Grund ist die seit Jahrzenten schwelende politische Krise in Mosambik, die sich seit den Wahlen im Oktober 2014 noch verschärft hat: Seit der Unabhängigkeit des Landes regiert FRELIMO ununterbrochen. Auch die Wahlen 2014 gewann sie mit großem Vorsprung. Doch Wahlbeobachter stellten Unregelmäßigkeiten fest. Die Oppositionspartei RENAMO kündigte daraufhin an, die Macht in ihren Hochburgen zu übernehmen - notfalls mit Gewalt. Die Hochburgen der RENAMO liegen vor allem im Zentrum und Norden des Landes. Auch die Provinz Tete gehört dazu. Sie grenzt an Malawis Bezirke Mwanza und Chikwawa, in denen mehrere Flüchtlingslager liegen.

Aus der Provinz Tete stammt auch Landwirtin Luisa Mateus, die mit ihren vier kleinen Kindern jetzt in Kapise lebt. Seit November sei sie nun schon in Malawi, erzählt sie dem DW-Reporter. Sie habe ihre Felder in Mosambik verlassen, nachdem Sicherheitskräfte ihr Dorf angegriffen hätten: "Sie haben alles komplett verbrannt: unser Haus und alles, was wir besaßen!"

Jorge Khalau, Einsatzleiter der mosambikanischen Polizei, streitet solche Vorwürfe gegen Polizei und Sicherheitskräfte rigoros ab: "Es ist eine Lüge, dass diese Leute vor unserer mosambikanischen Polizei fliehen. Die Wahrheit ist vielmehr, dass sie vor den RENAMO-Banditen weglaufen!"

Propagandakrieg zwischen FRELIMO und RENAMO hat Tradition

Bereits zwischen 1977 und 1992 bekriegten sich die damals marxistische FRELIMO und die antikommunistischen RENAMO-Rebellen in einem blutigen Bürgerkrieg. Bereits damals flüchteten Zehntausende aus der mosambikanischen Provinz Tete nach Malawi. Erst nachdem beide Parteien Frieden geschlossen hatten, kehrten sie nach Mosambik zurück. Schon damals gab es gegenseitige Schuldzuweisungen: Die FRELIMO behauptete, die Menschen flüchteten vor den "Bandidos Armados", den bewaffneten Banditen der RENAMO. Die RENAMO-Rebellen beteuerten, die Flüchtlinge hätten aus Angst vor plündernden Regierungstruppen das Land verlassen.

Ähnlich widersprüchlich klingen die Erklärungen der Parteien heute. Jorge Jasse ist Regierungsbeamter im mosambikanischen Moatize. Er sagt im DW-Interview, die Flüchtlinge, die nach Malawi wandern, seien gar keine echten Mosambikaner: "Sie geben sich bloß als Mosambikaner aus, um Hilfe zu kassieren. Das sind faule Leute, die keine Lust haben, ihre Felder zu bestellen. Sie hängen in den Lagern ab und fordern, von der Regierung Hilfe. Hier gibt es überhaupt keinen Krieg!" Die RENAMO schildert es anders: Die FRELIMO-Regierung terrorisiere die Bevölkerung und zwinge sie damit zur Flucht.

Frauen sitzen im Flüchtlingslager im malawischen Kapise auf dem Boden (Foto: DW/A. Zacarias)
Warten auf Wasser, Essen und gute Nachrichten aus der Heimat: Frauen im Flüchtlingslager in KapiseBild: DW/A. Zacarias

Schüsse und Gefechte im Norden und Zentrum Mosambiks

DW-Korrespondenten vor Ort sprechen zwar noch nicht von Krieg, aber von heftigen bewaffneten Auseinandersetzungen. Mitte Januar wurden mehrere RENAMO-Angehörige nach einer Kundgebung in Beira, Mosambiks zweitgrößter Stadt, beschossen. Es gab einen Toten. Der Generalsekretär der RENAMO, Manuel Bissopo, schwebt seitdem in Lebensgefahr.

Ende Januar: eine weitere Schießerei in der Provinz Zambésia, bei der ein Ranger in Uniform verletzt wurde. In einem anderen Distrikt derselben Provinz gab es heftige Gefechte: Bewaffnete RENAMO-Anhänger sollen nach Medienangaben die dortige Polizeistation angegriffen haben. Die Regierung machte bislang keine Angaben dazu, wie viele Menschen verletzt wurden oder starben. Auch von dort machen sich nun viele Menschen auf den Weg in die Flüchtlingslager im Nachbarland Malawi.