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PolitikMosambik

Mosambik nach den Wahlen: Polizeigewalt und politische Morde

Antonio Cascais
Veröffentlicht 23. Oktober 2024Zuletzt aktualisiert 23. Oktober 2024

Bis Freitag müssen die Ergebnisse der Wahlen vom 9. Oktober offiziell vorliegen. Beobachter rechnen mit einem Sieg des Regierungskandidaten. Doch die Opposition beklagt Wahlfälschung. Die Staatsmacht reagiert mit Gewalt.

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Polizisten mit Schutzhelmen blockieren in einer Reihe stehend eine mehrspurige Straße, gepanzertes Polizeifahrzeug im Hintergrund, geparkte Autos und Plakatwerbung an den Seiten
Bürgerproteste gegen politische Morde und Wahlbetrug: Die Polizei will Demonstrationen unterbindenBild: Silaide Mutemba/DW

Schon kurz nach den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vom 9. Oktober beanspruchte der Oppositionskandidat Venâncio Mondlane den Wahlsieg in Mosambik für sich. Er sei der legitime Sieger und wolle jetzt mit allen Parteien über die Zusammensetzung einer von ihm angeführten neuen, demokratischen Regierung sprechen, kündigte er bereits am Tag nach der Wahl an.

Doch die Regierungspartei FRELIMO, die seit der Unabhängigkeit des Landes 1975 ununterbrochen regiert, sieht das ganz anders: Nicht Mondlane, der mehrere Parteien hinter sich hat, sondern FRELIMO-Kandidat Daniel Chapo werde die Nachfolge von Präsident Filipe Nyusi antreten, zeigten sich zahlreiche Parteifunktionäre sicher. Man warte gelassen auf die offiziellen Endergebnisse, die am 25. Oktober verkündet würden, so wie es das mosambikanische Wahlgesetz vorschreibe. Amtsinhaber Nyusi durfte nach zwei Wahlperioden nicht wieder antreten.

Präsidentschaftskandidat Daniel Chapo gibt seine Stimme ab - Pressevertreter im Hintergrund
FRELIMO-Präsident Daniel Chapo dürfte noch diese Woche zum Sieger der Präsidentschaftswahlen in Mosambik erklärt werdenBild: Mozambique Liberation Front/AFP

"Der Wahlprozess und die Wahlauszählung waren chaotisch. Wahlbeobachter haben überall im Land zahlreiche Unregelmäßigkeiten registriert. Gegenseitiges Misstrauen bestimmt die politischen Diskussionen. Die Stimmung ist zum Zerreißen gespannt", so beschreibt der Forscher und Analyst Salvador Forquilha die politische Lage im Land während und nach den Wahlen. Die Gefahr von politischen Gewaltausbrüchen liege förmlich in der Luft.

Mord und Gewalt als Mittel der Einschüchterung?  

Die ohnehin aufgeheizte Stimmung eskalierte, als in der Nacht von Freitag auf Samstag zwei Menschen auf offener Straße erschossen wurden: der junge Rechtsanwalt von Venâncio Mondlane, Elvino Dias, und Paulo Guambe, Kandidat der Partei PODEMOS, die Mondlane unterstützt. Sie hatten geplant, den Wahlverlauf gerichtlich anzufechten. Das Auto, in dem sie fuhren, wurde mitten in der Hauptstadt Maputo von anderen Autos umstellt und am Weiterfahren gehindert. Daraufhin eröffneten Unbekannte mit Sturmgewehren das Feuer. Die Körper der Oppositionellen wurden von Kugeln regelrecht durchsiebt.

Menschenmenge vor Hochhäusern: Mahnwache nach der Ermordung von Elvino Dias und Paulo Guambe
Oppositionspolitiker Venâncio Mondlane: "Regierung schreckt nicht einmal vor politischen Morden zurück"Bild: ALFREDO ZUNIGA/AFP

Für Venâncio Mondlane und seine Anhänger war klar: Es handelt sich um "politische Morde". Das Ziel sei die Einschüchterung der Opposition. Mondlane organisierte sogleich Mahnwachen für die Toten und rief zu Protesten sowie zu einem Generalstreik für Montag dieser Woche auf.

Vor allem in Maputo folgten viele Menschen diesem Aufruf. Doch die Staatsmacht demonstrierte Härte: Polizeikräfte in schwerer Montur fuhren auf und trieben die Menschen auseinander, die sich auf den Plätzen der Stadt versammelt hatten.

Dabei setzten sie Augenzeugen zufolge Tränengasgranaten, aber auch Gummigeschosse und sogar richtige Munition ein. Viele Demonstranten erlitten Verletzungen. Mindestens zwei Journalisten erlitten Schussverletzungen und kamen ins Krankenhaus.

Auch Reporterinnen, die für die DW berichten, wurden von Sicherheitskräften bedrängt und an ihrer Arbeit behindert. DW-Intendant Peter Limbourg richtete eine Protestnote an die mosambikanische Regierung, in der er den Schutz der Journalisten in der Ausübung ihres Berufs anmahnt.

Mann mit schwarzem T-Shirt und Rastazöpfen zeigt Foto von Elvino Dias und Paulo Guambe bei Mahnwache
Mahnwache nach der Ermordung von Elvino Dias und Paulo Guambe: Seit 2015 gab es mehrere politische Morde in MosambikBild: ALFREDO ZUNIGA/AFP

"Die Morde an den Oppositionspolitikern Dias und Guambe sind ein barbarischer Akt eines Regimes, das zur Gewalt greift, um sich an die Macht zu klammern", sagt der Forscher und Analyst Salvador Forquilha im DW-Interview. Er befürchte, dass diese Verbrechen, ebenso wie die "unverhältnismäßige" Reaktion auf die Proteste am Montag, eine gewaltsame Gegenreaktion im Land hervorrufen könnten.

Was in den letzten Tagen am Rande der Wahlen in Maputo passiert sei, sei "abscheulich", sagt Ernesto Nhanale, Geschäftsführer des lokalen Ablegers des regierungsunabhängigen Media Institute of Southern Africa, MISA-Mosambik, im DW-Gespräch. Die Unterdrückung der friedlichen Proteste sei ein klares Beispiel dafür, dass Mosambiks Regierung immer autoritärer agiere.

"Todeskommandos": Morden im Dienst der Macht

Politische Morde sind keine Neuigkeit in Mosambik: Seit 2015 registriert das Land eine Serie von Morden an Intellektuellen, Aktivisten, Journalisten und politischen Dissidenten, die von sogenannten "Todeskommandos" verübt werden. Laut Analysten sind diese Morde politisch motiviert.

Im DW-Interview erinnert der Jurist José Capassura etwa an die Erschießung des französisch-mosambikanischen Verfassungsexperten Gilles Cistac in einem Nobelviertel Maputos im Jahr 2015, die bis heute nicht aufgeklärt worden ist. Auch die Umstände der Erschießung des Abgeordneten Jeremias Pondeca von der Oppositionspartei RENAMO im Jahr 2016 seien im Dunkeln geblieben.

2019 sei der Aktivist und Wahlbeobachter Anastácio Matavele erschossen worden. Der Fall sei zwar vor Gericht verhandelt und zwei Polizisten für das Verbrechen verurteilt worden, aber man habe nicht klären können, wer die Auftraggeber des Mordes gewesen seien, sagt Capassura. Er habe keinen Zweifel daran, dass all diese Morde - und übrigens auch die jüngsten Ermordungen von Elvino Dias und Paulo Guambe - politisch motiviert seien, da sie allesamt von Polizeikräften ausgeführt worden seien.

Auch die Morde an Dias und Guambe trügen, mit Blick auf die Präzision des Verbrechens, eindeutig die Handschrift der Verteidigungs- und Sicherheitskräfte (FDS) Mosambiks, so Capassura: "Aufgrund der Anzahl der abgefeuerten Projektile bestehen keine Zweifel daran, dass es sich um FDS-Mitglieder handelt, die über umfangreiche Kenntnisse im Umgang mit den benutzten Waffen verfügen", schließt der Jurist.

Demonstranten halten eine mosambikanische Fahne hoch
Die Demonstration in Maputo am Montag wurde mit Tränengas, Gummigeschossen und scharfen Geschossen aufgelöstBild: Alfredo Zungia/AFP

Proteste werden fortgesetzt

Die von Venâncio Mondlane angeführte Opposition scheint nach den jüngsten Ereignissen entschlossener denn je zu sein, die Proteste fortzusetzen. Ab Donnerstag soll das gesamte Land erneut stillstehen, wie Mondlane am Mittwoch ankündigte. Als Antwort auf die mutmaßlich 25 Schüsse auf seine Mitstreiter Dias und Guambe kündigte er 25 Tage "Terror" gegen das Regime an. Präsident Nyusi erwiderte gegenüber Pressevertretern, "das Volk zur Revolte anzustiften, die Welt falsch zu informieren und zu politischen zwecken Chaos zu stiften", könnten "als Straftat gewertet werden".

Vitamo Singano, Vorsitzender der außerparlamentarischen "Partei Revolutionäre Demokratie", die ebenfalls Mondlanes Kandidatur unterstützte, meldete sich in Beira, der zweitgrößten Stadt des Landes, zu Wort: "Die Internationalen Wahlbeobachter dürfen die massiven Wahlfälschungen nicht verschleiern oder verharmlosen. Wenn die EU, die Afrikanische Union und die SADC nicht in der Lage sind, eine Wahlfälschung beim Namen zu nennen, dann sollen sie unser Land verlassen." 

Einen Wahlsieg der FRELIMO werde seine Partei niemals anerkennen, fügte Singano hinzu: "Wir sind entschlossen, unser Land von der FRELIMO zu befreien, auch wenn wir dafür mit unserem Leben bezahlen." Die Aussichten, dass das Land zur Ruhe kommt, stehen damit weiterhin nicht gut.

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