Mountainbike-Saison gestartet
19. März 2014Es ist Mitte März, die Magnolien blühen und Andreas Kromer schwärmt: “Zweistellige Temperaturen so früh im Jahr? Was haben wir für ein Glück!“ Dann steigt der Lehrer der Mountainbike-Schule Freiburg vom Rad und stellt sich den ersten Schülern der Saison vor: “Ich bin der Andi“. Zwischen zwei Noppen-Reifen ist kein Platz für das distanzierte “Sie“. Wir tun es dem muskelbepackten ehemaligen Weltmeister im Trial-Biken gleich. Wir, das sind Danny, Nadja, Thomas und ich, die Charlotte. Mountainbike-Neulinge, die ihre Räder besser beherrschen lernen möchten. Zu fünft wollen wir die Saison einläuten.
Der Schwarzwald ist ein Paradies für Biker: Wälder, Bergseen, Gipfel, anspruchsvolle Steigungen, rasante Abfahrten. Die Region zählt zu den besten Mountainbike-Revieren Deutschlands.
"Mensch, wir erleben heute eine Premiere!“, ruft Andi plötzlich aus und zeigt auf Thomas' Mountainbike. Wo bei uns anderen die Trinkflasche am Rahmen hängt, sitzt bei Thomas ein weißer Kasten. Darin: eine Batterie. Thomas, der Mann mit den grauen Haaren, fährt ein E-Mountainbike.
In den vergangenen Jahren ist Mountainbiken nicht nur bei jungen Leuten immer populärer geworden. Mittlerweile schaffen das auch ältere Menschen. Dank elektrischer Unterstützung beim Treten verlieren knackige Anstiege ihren Schrecken und lange Strecken schrumpfen zu machbaren Distanzen. Im Schwarzwald finden E-Biker zudem ein gut ausgebautes Netz von Akkuwechselstationen.
Immer schön die Balance halten
Zunächst lernen wir auf dem Übungsplatz im Dietenbachpark westlich des Stadtzentrums von Freiburg, wie wir unsere Mountainbikes richtig reiten. Geradeaus fahren kann jeder, der Knackpunkt sind die Kurven. Enge Kurven. Mit Kreide zeichnet Andi sie auf den Asphalt. Zuerst scheint es mir fast unmöglich, den Schlangenlinien zu folgen. Ich frage mich, ob der Wendekreis meines Rads größer ist als der von Andis. Ist er nicht. Nach ein paar Versuchen werde ich besser.
Der Trick ist, was Andi den “fünften Punkt“ nennt und eigentlich mein Bein ist: Wenn ich in den Pedalen stehend mein Bike durch enge Kurven zwinge, lehnt sich der Sattel an die Innenseite meines Oberschenkels. Das gibt Stabilität.
Und die ist bei den teils ziemlich schmalen Trails im Schwarzwald wichtig. Es gibt ganz unterschiedliche Strecken. Vom Anfänger bis zum Mountainbike-Profi kommt in der Region jeder auf seine Kosten. Für Tourenfahrer gibt es die berühmte Bike-Crossing Schwarzwald, eine 450 Kilometer lange Strecke von Pforzheim nach Bad Säckingen. Für Downhill- und Sprung-Freaks gibt es Mountainbike-Parks, etwa in Todtnau oder Wolfach. Allen Strecken ist eines gemeinsam: Irgendwann führen sie bergab. Und im Schwarzwald teils erheblich, mit Höhenunterschieden bis zu 1000 Meter. Dafür sollte man gewappnet sein: mit der richtigen Bremstechnik.
Mit einem Finger an der Bremse
“Bei den Scheibenbremsen heutzutage reicht ein Finger“, sagt Andi. Meint er das ernst? Wenn es so richtig bergab geht, kralle ich mich gewöhnlich mit beiden Händen an beide Bremsen. Ich gucke mich unauffällig um. Bei Nadja, Thomas und Danny liegt wirklich nur ein Finger auf dem Bremszug.
Die nächste Übung soll uns retten, falls wir für eine Vollbremsung zu schnell sind: Andi fährt einen Hügel hinab, mit der Bremse blockiert er das Hinterrad, so dass es ausbricht. Dadurch schlittert das Rad auf die Seite, Andi springt elegant ab und sagt: “Jetzt ihr.“ Als Danny bei seiner Vorführung viel Staub aufwirbelt, ist mein Ehrgeiz geweckt. Leider ziehe ich vor Aufregung an der falschen Bremse - und segele fast über meinen Lenker in den Dreck. Jetzt sind wir warm trainiert für den Wald.
Die Hausberge vor der Tür
Freiburg ist ein guter Ausgangspunkt für Mountainbike-Touren. Die Biker unter den 220.000 Einwohnern der Stadt können nach Uni oder Arbeit noch auf die Hausberge radeln: den Rosskopf, den Kybfelsen und den Schauinsland. Am Wochenende bieten sich längere Touren in den Schwarzwald an. Sogar bis zum Feldberg kommt man auf kleinen Pfaden.
Nachdem wir ein bisschen auf engen Trails durch den Wald geprescht sind, hält Andi an einer steilen Kurve an und lässt uns nochmal die Spitzkehre üben. Auf Asphalt war das wesentlich leichter. Verlagere ich mein Gewicht nicht rechtzeitig nach vorne, bäumt sich mein Rad auf wie ein Pferd. Während ich noch kämpfe, zieht Thomas triumphierend an mir vorbei und ruft: “Es lebe das E-Bike!“