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100 Jahre Folkwang Museum

Manasi Gopalakrishnan mit epd
6. Februar 2022

Ein deutscher und ein japanischer Kunstsammler entdeckten im letzten Jahrhundert ihre Liebe zum Impressionismus. Zum runden Jubiläum zeigt das Folkwang Museum Essen ihre Sammlungen.

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Ölgemälde | Paul Gauguin:  Arearea
Auch Werke von Paul Gauguin sind in der Schau zu sehen Bild: Erich Lessing/akg-images/picture alliance

Moderne Kunst für alle zugänglich machen: Diese Idee verfolgte der Gründer des Museum Folkwang in Essen, das an diesem 6. Februar 2022 100 Jahre alt wird. Bei einem Festakt am Samstagabend würdigte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Museum als Kulturschatz mit Vorbildcharakter. Es habe sich seit seiner Gründung zu einem "der bedeutendsten Museen moderner Kunst Deutschlands, ja Europas" entwickelt. Er wies darauf hin, dass Kunst es den Menschen, ermögliche nicht nur zu sehen, was ist, sondern auch, was sein könnte.

Museum mit internationaler Tradition

Das Museum Folkwang wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von dem Kunstmäzen und Sammler Karl Ernst Osthaus gegründet. Er hatte dabei drei Leitlinien im Kopf: "den Dialog der Künste und Kulturen, das Museum als Ort des Austausches und der kulturellen Bildung sowie die Einheit von Kunst und Leben." Anlässlich des runden Jubiläums hat man im Museum Folkwang an die internationale Tradition des Hauses angeknüpft und eine Ausstellung mit dem Titel "Renoir, Monet, Gauguin - Bilder einer fließenden Welt" kuratiert.

Die Schau soll veranschaulichen, dass moderne französische Kunst zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht nur in Europa, sondern auch in Japan geschätzt wurde. Zu diesem Zweck haben die Kuratoren zwei Sammlungen zusammengeführt: die eine gehörte Karl Ernst Osthaus, die andere dem japanischen Geschäftsmann Kōjirō Matsukata. Im Gespräch mit der DW sagte Rebecca Herlemann vom Museum Folkwang: "Die Sammlungen, die diese beiden Männer [Osthaus und Matsukata] aufgebaut haben, sind sich in ihren künstlerischen Ansätzen sehr ähnlich, und es ist sehr interessant, sie einander gegenüberzustellen und zu vergleichen."

Ein zeitgenössisches Museum in Japan

Um die Wende zum 19. Jahrhundert erlebte Europa und insbesondere auch Deutschland eine massive Industrialisierung. Es war aber auch die Zeit, in der die Künste blühten und Menschen wie Osthaus dazu inspirierten, den traditionellen Familienberuf zu verlassen - sein Vater war Bankier - und das industrielle Ruhrgebiet mit Kunst und Kultur zu beleben. Im Fall von Matsukata war die Entdeckung der Kunst eher zufällig. Er wurde in eine wohlhabende japanische Familie hineingeboren. Sein Vater, Matsukata Masayoshi, war Premierminister während der Meiji-Zeit, als Japan einen tiefgreifenden sozialen, politischen und wirtschaftlichen Wandel erlebte und seine Herrscher versuchten, einen Nationalstaat zu schaffen, der den westlichen Kolonialmächten die Stirn bieten konnte.

In einem Essay über den Kunstsammler mit dem Titel "Ein grundlegender Führer zur größten Matsukata-Sammlung der Welt" schreibt die japanische Autorin Maha Harada, dass Kōjirō Matsukata ein armer Student war, aber der Status seines Vaters ihm einen Doktortitel der Yale-Universität in den USA sicherte. Harada zufolge wurde Matsukata im Alter von etwa 30 Jahren zum Leiter der Kawasaki Shipbuilding Company ernannt. "Es heißt, dass sein Interesse an Kunstwerken dadurch geweckt wurde, dass er in einer Londoner Galerie, die er zufällig betrat, um sich die Zeit zu vertreiben, ein Gemälde einer Werft von Frank Brangwyn fand. Matsukata fühlte sich mit dem Gemälde verbunden", schreibt Harada. Irgendwann beschloss er, in seinem Heimatland Japan ein Museum zu errichten.

Der Japonismus in der europäischen Kunst

Frank Brangwyn wurde sein Partner bei der Suche und dem Kauf von Kunstwerken bedeutender europäischer Künstler. Bei einem Besuch in Europa im Jahr 1921 lernte Matsukata auch den Maler Claude Monet kennen und erwarb mehrere seiner Gemälde. Monet soll seinerseits eine Leidenschaft für japanische Kunst gehegt haben. Seine "Seerosen"-Serie soll von japanischen Kunststilen inspiriert gewesen sein. Mit seiner Liebe zu Japan war Monet nicht allein: Auch andere Maler dieser Zeit, darunter Vincent Van Gogh und Paul Gauguin, ließen sich in der Zeit des "Japonisme" zwischen 1860 und 1910 von japanischen Stilmitteln und Holzschnitten inspirieren. 

Viele der Kunstwerke im Besitz von Matsukata wurden in Paris oder London gelagert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die über 400 Werke in Frankreich als feindliches Eigentum beschlagnahmt. Die Finanzkrise ruinierte auch den Geschäftsmann, dessen fast 1000 Kunstwerke in Japan versteigert wurden. Die Gemälde, die er zuvor besessen hatte, darunter Monets "Seerosen" und Auguste Rodins "Der Denker" und "Das Höllentor", wurden schließlich Ende der 1950er -Jahre von Japan unter der Bedingung erworben, dass ein Museum für europäische Kunst eingerichtet wird. So wurde 1959 in Tokio das Nationalmuseum für westliche Kunst gegründet.

Kombinationen und Kontraste

Die Jubiläumsausstellung des Folkwang Museums ermöglicht es, die Sammlung Matsukata mit den Gemälden von Osthaus in einen "Dialog" zu setzen. Rebecca Herlemann erläutert das Konzept: "Für die Jubiläumsausstellung wurden fast 40 Werke aus Matsukatas Sammlung nach Essen gebracht. Die Veranstaltung bietet den Besuchern die Möglichkeit, seine Sammlung mit der von Osthaus zu vergleichen.

Neben prominenten europäischen Meistern wie Renoir, Gauguin und Rodin zeigt die Ausstellung auch Werke östlicher Künstler aus der Sammlung Osthaus und wird durch Werke zeitgenössischer japanischer Künstler wie Chiharu Shiota und Tabaimo abgerundet.

Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank Walter Steinmeier und beginnt am 6. Februar und geht bis zum 15. Mai 2022.

Adaption aus dem Englischen. Paula Rösler. Aktualisierung am 6.2.