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Durchbruch bei Syrienkonferenz möglich?

Kersten Knipp14. November 2015

In Wien beraten arabische und westliche Staaten, wie der Konflikt in Syrien beendet werden kann. Nach den Anschlägen von Paris könnte der gemeinsame Kampf gegen den IS-Terror die Gräben in der Region überwinden helfen.

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Teilnehmer der Syrien-Konferenz in Wien. In der Mitte der deutsche Außenminsiter Frank-Walter Steinmeier, 14.11.2015 (Foto: picture-alliance)
Bild: picture-alliance/H. Punz

Paris ist in Wien, geradezu physisch. Am Freitagabend noch schaute sich der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier gemeinsam mit dem französischen Präsidenten François Hollande das Fußballspiel ihrer Länder an, als sich vor dem Stadion zwei Selbstmordattentäter in die Luft sprengten. Nun ist Steinmeier in Wien, im Gepäck unmittelbare Eindrücke vom mörderischen Terror.

Gut möglich, dass die Anschläge in Paris den Wiener Verhandlungen wenn nicht Flügel, so doch Schwung verleihen. Allen Beteiligten dürfte klar sein, dass gegen terroristische Anschläge kaum ein Kraut gewachsen ist. Letztlich können Terroristen überall zuschlagen. Die Russen erfuhren das in der vergangenen Woche, als sich die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) zu dem Attentat auf die russische Passagiermaschine bekannte. Bei deren Absturz fanden 224 Menschen den Tod.

Polizisten bewachen das Umfeld der Wiener Syrien-Konferenz, 14.11.2015 (Foto: picture-alliance)
Schwer gesichert: die Wiener Syrien-KonferenzBild: picture-alliance/H. Punz

Kompromissbereitschaft gefordert

Nun Paris. Mit mehr als 120 Toten und rund 200 zum Teil schwer Verletzten. Der Terror ist global, er kennt offenbar keine Grenzen – und das dürfte für die 17 am Verhandlungstisch versammelten Nationen Anlass sein, sich einander anzunähern. Denn die Teilnehmer müssen über ihren eigenen Schatten springen, um zu einem gemeinsamen Vorgehen gegen den Terror zu gelangen.

Besonders gefordert sind die Golfstaaten unter der Führung Saudi-Arabiens. Ihnen fällt es schwer, sich mit den Iranern an einen Tisch zu setzen. Nicht nur, weil sie Bashar al-Assad nicht mehr an der syrischen Staatsspitze sehen wollen - anders als die Iraner, die weiterhin auf ihn setzen. Sondern auch, weil beide, die sunnitische Führungsmacht Saudi-Arabien und die schiitische Führungsmacht Iran, derzeit in vielen Ländern miteinander um Einfluss ringen, teils sogar einen Stellvertreterkrieg führen. Der wird am heftigsten in Syrien ausgetragen. Aber auch im Irak, im Libanon und im Jemen treten die beiden Länder gegeneinander an, in unterschiedlicher Form und Intensität. Insofern sind Verhandlungen über Syrien hinter der Hand immer auch ein Tauziehen um die Region als ganze.

EIn Zivilist legt Blumen für die Opfer der Anschläge in Paris nieder, 14.11. 2015 (Foto: Reuters)
Trauer in Paris nach den AnschlägenBild: Reuters/Ch. Hartman

Austesten neuer Partnerschaften

Saudi-Arabien fürchtet zudem, Iran könne durch den erfolgreichen Abschluss der Atomverhandlungen international aufgewertet werden. Das, so die Sorge, könnte der Erzrivale zum Ausbau seiner außenpolitischen Macht nutzen.

Immerhin hat es jüngst Bewegung gegeben: Saudische Politiker waren zu Besuch in Moskau. Russland ist zusammen mit Iran einer der engsten Verbündeten des Assad-Regimes. Auch der saudische König Salman bin Abdulaziz will noch in diesem Jahr zu Gesprächen in Moskau eintreffen. Der Besuch dürfte Signalwirkung haben.

Streit um innersyrische Opposition

Allerdings wird die Annäherung nicht ganz einfach werden, vermutet der Nahost-Experte Günter Meyer. Denn uneins sind Russland und Saudi-Arabien in der Frage, wer seitens der syrischen Opposition als Gesprächspartner in Frage kommt. Die USA und Frankreich - und mit ihnen auch Saudi-Arabien - wollen ausschließlich die Gruppe der "Syrischen Koalition" zulassen. An dieser Frage, fürchtet Meyer, könnte auch die jüngste Runde der Wiener Gespräche scheitern. "Denn das ist eine radikale Wende gegenüber dem positiven Ansatz der ersten Verhandlungsrunde. Die Mitglieder des Quartetts - also USA, Frankreich, Katar und die Türkei - wollen verhindern, dass die tatsächlich beteiligten oppositionellen Gruppen und Verbände, die durchaus als moderate Gruppierungen anzusehen sind, mit an den Verhandlungstisch kommen."

Hintergrund des Streites ist die Frage, welche dieser Gruppen das politische Geschick Syriens nach Assad mitbestimmen werden. Gegen manche der säkular orientierten innersyrischen Oppositionsgruppen, allen voran das aus linken Gruppen gebildete "Nationale Koordinationskomitee für den demokratischen Wandel", haben gerade die konservativen arabischen Staaten große Vorbehalte. Sie fürchten, diese Kräfte könnten womöglich eine demokratisch-laizistische Strahlkraft entfachen, die auch in ihre eigenen Länder reichen könnte.

Ein zerstörtes Viertel in Aleppo, 08.08.2015 (AFP/Getty Images)
Brutstätte der Gewalt: das zerstörte SyrienBild: Getty Images/AFP/Z. Al-Rifa

Gemeinsamer Gegner IS

Einig sind sich die in Wien versammelten Staaten nur darin, was sie nicht hinnehmen wollen, nämlich den fortgesetzten Terror dschihadistischer Gruppen wie etwa des IS oder der Nusra-Front. Die Anschläge von Paris haben gezeigt, wie bedrohlich der IS nicht nur für die Region, sondern die ganze Welt ist. Er vermag offenbar grenzüberschreitend Anhänger zu massenmörderischen Attacken zu mobilisieren. So dürfte dieser 13. November die Bemühungen um eine einheitliche Position stärken.

Freilich ist mit dem reinen Anti-Terrorkampf nur der erste Schritt getan. Darum steht in Wien nicht allein das militärische Vorgehen auf der Agenda, sondern auch humanitäres Engagement. Letzteres wird die Internationale Staaten viel länger fordern als der reine Kampf gegen den IS und andere dschihadistische Gruppen.