Nach Quarantäne endlich wieder zu Hause
17. Februar 2020"Ich bin schon froh, jetzt raus zu sein", sagt Ann-Sophie Muxfeldt aus Bad Oldesloe. Die 22-jährige Studentin gehört zu den 120 Menschen, die in den vergangenen Wochen am Bundeswehrstandort Germersheim in Rheinland-Pfalz unter Quarantäne stand. "Wenn man rausging, konnte man nur um den Kasernenblock laufen, da kannte man irgendwann jeden Grashalm. Das fühlt sich schon nach einiger Zeit etwas komisch an." Am Sonntag hoben die deutschen Behörden die Isolation für die Männer, Frauen und Kinder in der Kaserne auf.
Wegen der neuen Lungenkrankheit waren sie mit einem Airbus der Luftwaffe Anfang Februar aus der stark vom Coronavirus betroffenen Stadt Wuhan nach Deutschland zurückgeholt worden, mussten auf dem Kasernengelände in Germersheim ausharren und wurden zwei Wochen lang immer wieder medizinisch untersucht.
Doch auch der letzte Test ergab keinen Hinweis auf das Coronavirus. Keiner der Zurückgeholten war infiziert. Studentin Muxfeldt wurde von den Eltern abgeholt, andere ließen sich zum Bahnhof fahren - weitgehend abgeschirmt von der Presse.
Gemischtes Fazit der Quarantäne
In die Euphorie mischen sich auch Zweifel. "Wir mussten in Wuhan alles zurücklassen: Wohnung, Verwandte, Freunde. Wann wir zurückkehren können, ist unklar", sagt eine Frau, die namentlich nicht genannt werden will. Sie zieht ein gemischtes Fazit der Quarantäne. "Mit der Zeit wurde es anstrengend. Jetzt freue ich mich auf die Freiheit."
Auch Ann-Sophie Muxfeldt meint: "Vermutlich werde ich mich einfach ein bisschen frei bewegen. Ganz egal, ob spazieren gehen oder Fahrrad fahren oder nur eine Runde einkaufen. Darauf freue ich mich!"
Positive Nachrichten kommen auch aus Bayern, dem Bundesland in dem gleich mehrere Coronafälle im Umkreis des Stockdorfer Autozulieferer Webasto auftraten. Die Betroffenen hatten sich alle letztendlich bei einer chinesischen Mitarbeiterin des Unternehmens angesteckt, die auf Dienstreise in Deutschland war. Am Wochenende wurden nun weitere dieser Coronavirus-Patienten aus dem Krankenhaus entlassen. Das teilte das bayerische Gesundheitsministerium am Sonntag in München mit. Die Entlassungskriterien des Robert Koch-Institutes (RKI) seien erfüllt, sagte eine Ministeriumssprecherin. Nähere Angaben zu den Betroffenen wollte die Behörde nicht machen.
Der erste der insgesamt 14 in Bayern registrierten Patienten war am vergangenen Donnerstag aus einer Münchner Klinik entlassen worden. Die Person sei wieder vollständig gesund und nicht mehr ansteckend, hatte das Krankenhaus mitgeteilt.
Aus einer Quarantäne in die nächste
Wenigstens etwas Aufatmen können auch zahlreiche Passagiere des Kreuzfahrtschiffs "Diamond Princess", das seit zwei Wochen unter Quarantäne im Hafen von Yokohama liegt. Hunderte US-Bürger an Bord sind zurück in ihre Heimat geflogen worden. Die USA ließen ihre Landsleute in der Nacht mit Bussen des japanischen Militärs vom Hafengelände holen. Die Fahrer trugen dabei Schutzanzüge. Die Passagiere wurden mit zwei von der US-Regierung gecharterten Maschinen zu US-Militärstützpunkten in Kalifornien und Texas geflogen, wie der Nachrichtensender Fox News berichtete.
Doch frei bewegen können sich die Betroffenen nach ihrer Ankunft in den Vereinigten Staaten immer noch nicht: Sie sollen zunächst 14 Tage auf den Militärstützpunkten in Quarantäne, hieß es. Unter den zurückgebrachten Passagieren seien auch 14 Menschen, die in den vergangenen Tagen positiv auf das Coronavirus getestet worden sein, hatten zuvor das US-Außenministerium und das Gesundheitsministerium in einer gemeinsamen Erklärung mitgeteilt. Sie saßen demnach isoliert von den anderen Passagieren und sollen nun in geeignete Einrichtungen zur weiteren Behandlung gebracht werden.
Auch Kanada, Hongkong und Israel bereiten sich nach japanischen Medienberichten vor, ihre eigenen Landsleute von Bord des Schiffes in Japan zurückzuholen. Gegenwärtig befinden sich noch rund 3000 Menschen auf dem Kreuzfahrtschiff. Insgesamt waren 355 Menschen an Bord der "Diamond Princess" mit dem COVID-19-Erreger Infiziert.
Weiterer Anstieg der Fallzahlen in China
In China ist die Zahl der Todesopfer durch das neuartige Coronavirus inzwischen auf über 1700 gestiegen. In der besonders betroffenen Provinz Hubei starben weitere 100 Menschen an den Folgen der Erkrankung, wie die dortigen Gesundheitsbehörden mitteilten. Die offizielle Gesamtzahl der Menschen, die in Festlandchina an den Folgen der Infektion gestorben sind, nahm damit auf 1765 zu.
Die Gesamtzahl der Krankheitsfälle in Festlandchina stieg auf mindestens 70.400. Die allermeisten Todes- und Infektionsfälle treten weiterhin in Hubei auf. Die Behörden haben die Provinz weitgehend von der Außenwelt abgeschottet.
Die Behörden in Hubei hatten zuletzt einen Rückgang bei den Neuinfektionen verzeichnet. Die neuesten Zahlen lagen nun wieder leicht höher als jene vom Vortag, aber deutlich unter den Zahlen von Freitag und Samstag. Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt allerdings vor vorschnellem Optimismus. Es sei "unmöglich", den weiteren Verlauf der Epidemie vorherzusagen, betonte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus.
Ein Team internationaler Experten unter Leitung der Weltgesundheitsorganisation ist inzwischen in Peking zu Gesprächen mit chinesischen Behördenvertretern eingetroffen. Die WHO hatte China aufgefordert, ihr mehr Informationen über die Diagnose-Möglichkeiten von Coronavirus-Fällen zur Verfügung zu stellen. "Wir freuen uns auf diese äußerst wichtige Zusammenarbeit, die zum weltweiten Wissen über den Ausbruch von COVID-19 beiträgt", so WHO-Chef Tedros.
AR/wa (dpa, afp, rtr)