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KonflikteNahost

Nahost aktuell: Tausende bei propalästinensischen Demos

4. November 2023

In vielen Städten Deutschlands haben Menschen ihre Unterstützung für Palästinenser zum Ausdruck gebracht. Frankreich will eine "humanitäre Konferenz" für den Gazastreifen organisieren. Ein Nachrichtenüberblick.

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Deutschland Pro-Palästina-Demo in Berlin
In Berlin startete die Demonstation am AlexanderplatzBild: Andreas Friedrichs/IMAGO

 

Das Wichtigste in Kürze:

  • Tausende bei propalästinensischen Demos in Berlin und Düsseldorf
  • US-Außenminister Blinken berät mit arabischen Staaten über Feuerpause
  • Kanzler Scholz und Jordaniens König Abdullah dringen auf Zwei-Staaten-Lösung
  • Israel: Haben mit Angriff auf Krankenwagen in Gaza Hamas-Kämpfer getötet
  • Frankreich plant Geberkonferenz für Gaza

 

In der Hauptstadt Berlin kamen die Demonstranten zunächst im Bezirk Mitte zusammen. Sie trugen Palästina-Flaggen und Plakate mit Aufschriften wie "Stoppt den Genozid in Gaza". Am Nachmittag zählte die Polizei rund 6000 Menschen. Man gehe aber von weiteren Teilnehmern aus, hieß es. Plakate, die gegen die Auflagen verstoßen hätten, seien übermalt oder abgenommen worden. Die Demonstration findet unter strengen Auflagen statt. Jegliche Äußerungen sind untersagt, die antisemitisch, antiisraelisch und gewalt- oder terrorverherrlichend sind, so die Polizei.

Deutschland Pro-Palästina-Demo in Düsseldorf
Solidarität mit Palästinensern auch in DüsseldorfBild: Christoph Reichwein/dpa/picture alliance

Auch in Düsseldorf zogen tausende Menschen durch die Stadt. Die angemeldete Teilnehmerzahl von tausend sei mehrfach übertroffen worden, teilte die Polizei mit. Vor Beginn stellten die Ordnungskräfte mehrere Plakate sicher, auf denen der Holocaust relativiert wurde. Dagegen werde es Strafverfahren geben. Die Polizei kündigte gegenüber den Teilnehmern ein niedrigschwelliges und konsequentes Einschreiten bei Straftaten an.

In Duisburg kamen weniger als hundert Menschen zu einer propalästinensischen Kundgebung vor dem Hauptbahnhof zusammen. Die Polizei stellte mehrere Strafanzeigen gegen Teilnehmer aus wegen Volksverhetzung und Billigung von Straftaten. In Münster waren etwa 250 Menschen für die Rechte der Palästinenser auf der Straße. Die Polizei sprach von einem friedlichen Verlauf.

Frankreich, Paris | Präsident Macron
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron lädt ein zur Geberkonferenz für die Menschen im GazastreifenBild: Tomas Stevens/abaca/picture alliance

Frankreich plant Geberkonferenz für Gaza

Angesichts der verzweifelten Lage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für den 9. November eine "humanitäre Konferenz" in Paris angekündigt. Der "Kampf gegen den Terrorismus rechtfertigt nicht die Opferung von Zivilisten", sagte Macron. Nach Angaben des französischen Außenministeriums sind zu der Geberkonferenz Vertreter der EU-Staaten, aus der Golfregion sowie der G20-Staatengruppe, der Arabischen Liga und von verschiedenen UN-Organisationen und großen Hilfsorganisationen eingeladen. 

Konkret gehe es um die Versorgung des Palästinensergebiets mit Nahrung, medizinischer Ausrüstung und Energie. Auch die Evakuierung von Verletzten über den Seeweg solle besprochen werden. Israel sei über die geplante Konferenz informiert, werde jedoch selbst nicht teilnehmen. Frankreich werde Israel über die Ergebnisse in Kenntnis setzen.

Gazastreifen Blick auf Zerstörungen von der Nähe der Grenze zu Israel aus
Zerstörte Gebäude im Gazastreifen (Archivbild)Bild: Menahem Kahana/AFP/Getty Images

Grundlage der angestrebten Unterstützungsleistungen seien Einschätzungen der Vereinten Nationen, hieß es in Paris. Es solle sichergestellt werden, dass die humanitären Hilfen nicht in die Hände der Hamas gerieten.

Nach dem brutalen Terrorangriff der im Gazastreifen herrschenden Hamas auf Israel hatte das Land die Versorgung für den von mehr als zwei Millionen Palästinensern besiedelten Küstenstreifen gekappt. Die militant-islamistische Hamas wird von der EU, Deutschland, den USA sowie weiteren westlichen Staaten und auch einigen arabischen Ländern als Terrororganisation eingestuft.

Blinken berät mit arabischen Staaten über Feuerpause

Mehrere arabische Staaten und die Palästinensische Befreiungsorganisation haben nach einem Treffen mit US-Außenminister Antony Blinken einen "sofortigen Waffenstillstand in Gaza" gefordert. Dies sei dringend notwendig, sagte der jordanische Außenminister Aiman al-Safadi bei einer Pressekonferenz in der jordanischen Hauptstadt Amman. Angemessene Hilfen müssten unverzüglich im Gazastreifen ankommen. Die "Vertreibung der Palästinenser" müsse gestoppt werden.

Jordanien Amman | Nahostreise US-Außenminister Antony Blinken
US-Außenminister Antony Blinken beim Treffen in der jordanischen Hauptstadt AmmanBild: JONATHAN ERNST/AFP

Die USA lehnen einen Waffenstillstand ab. Denn dies ermögliche der Hamas den Gazastreifen weiter zu beherrschen, sagte Außenminister Blinken. Die Terrororganisation könne sich dann neu formieren und wieder ähnliche Angriffe wie am 7. Oktober starten. 

Blinken fügte hinzu, die USA seien der Ansicht, dass humanitäre Pausen zum Schutz der Zivilbevölkerung, für die Versorgung mit Hilfsgütern und für die Ausreise von Ausländern von entscheidender Bedeutung sein könnten. Zugleich würde Israel nicht daran gehindert, "die Niederlage der Hamas zu erreichen". 

Scholz und Jordaniens König dringen auf Zwei-Staaten-Lösung

Bundeskanzler Olaf Scholz und der jordanische König Abdullah II. haben nach Angaben eines Regierungssprechers eine Zwei-Staaten-Lösung für Israelis und Palästinenser gefordert. Er sei sich mit Abdullah einig gewesen, dass Frieden und Sicherheit im Nahen Osten "nachhaltig nur durch eine Zwei-Staaten-Lösung erreicht werden" könnten, schrieb Scholz nach einem Telefonat mit dem König im Onlinedienst X (vormals Twitter).

Scholz bekräftigte laut seinem Sprecher zudem, dass Deutschland sich nachdrücklich für den Schutz von Zivilisten und für einen kontinuierlichen und sicheren Zugang humanitärer Hilfe für die Menschen im Gazastreifen einsetze. Die Bundesregierung habe ihre humanitäre Hilfe für das Gebiet ausgeweitet.

Erdogan: Netanjahu kein Gesprächspartner mehr

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat nach eigenen Worten als Konsequenz aus dem israelischen Vorgehen im Gazastreifen den Kontakt zu Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu abgebrochen. "Netanjahu ist für uns keine Art von Gesprächspartner mehr. Wir haben ihn gelöscht, wir haben ihn durchgestrichen", sagte Erdogan laut einer Mitteilung seines Pressebüros auf dem Rückflug von der kasachischen Hauptstadt Astana.

Er warf Netanjahu vor, die Hauptverantwortung für die Gewalt im Gazastreifen zu tragen. Ankara beabsichtige allerdings nicht, die diplomatischen Beziehungen zu Israel abzubrechen. Dennoch rief die Türkei ihren Botschafter in Israel zurück. Die humanitäre Krise und die fortdauernden Angriffe Israels im Gazastreifen sollten beraten werden, teilt das Außenministerium in Ankara mit. Israel hat seinen Botschafter in Ankara bereits vor einem Monat in die Heimat beordert. Grund sei eine neue Bewertung der bilateralen Beziehungen, hieß es.

Israel: Haben mit Angriff auf Krankenwagen Hamas-Kämpfer getötet

Israels Militär hat nach eigener Darstellung einen Krankenwagen im Gazastreifen angegriffen, der von der Hamas für den Transport von Terroristen und Waffen verwendet worden sei. Bei dem Luftangriff seien mehrere radikale Islamisten getötet worden, hieß es. Soldaten hätten festgestellt, dass das Fahrzeug von einer "Hamas-Terrorzelle" im Kampfgebiet genutzt worden sei.

Der mutmaßlich bei einem israelischen Luftangriff getroffene Krankenwagen in Gaza-Stadt
Der mutmaßlich bei einem israelischen Luftangriff getroffene Krankenwagen in Gaza-StadtBild: Momen Al-Halabi/AFP/Getty Images

Zuvor hatte die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde im Gazastreifen von dem Vorfall berichtet. Die Behörde behauptete, es sei ein Angriff auf einen zivilen Konvoi von Krankenwagen gewesen, der Verwundete vom Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt nach Rafah zum Grenzübergang nach Ägypten transportieren sollte. Bei dem Angriff seien zahlreiche Menschen getötet und viele weitere verletzt worden.

Das Al-Schifa-Krankenhaus dient nach israelischer Darstellung der Hamas als ein Kommandozentrum. Unter dem Komplex verberge die Terrororganisation Eingänge zu ihren Tunnelsystemen. Israelische Medien berichteten zuletzt unter Berufung auf Sicherheitskreise, die Hamas habe rund 30.000 Menschen im Umkreis der Klinik konzentriert, damit diese als "menschliche Schutzschilde" dienten. Die Islamisten und die Leitung des Krankenhauses weisen dies zurück. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben der Konfliktparteien aus dem Kampfgebiet nicht.

Ausreisen aus dem Gazastreifen gestoppt

Nach dem israelischen Angriff auf einen Krankenwagen hat die im Gazastreifen herrschende Terrororganisation Hamas Ausreisen aus dem Küstengebiet vorerst gestoppt. Betroffen sind verletzte Palästinenser ebenso wie Ausländer und Palästinenser mit doppelter Staatsbürgerschaft. Aus Sicherheitskreisen in Gaza hieß es, dass Ausländer den Gazastreifen nicht verlassen könnten, ehe nicht die Verwundeten nach Ägypten gebracht werden können.

Auch eine dem Ägyptischen Roten Halbmond nahestehende Quelle bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, Mitarbeiter des Palästinensischen Roten Halbmonds seien von den Behörden angewiesen worden, den Transport verwundeter Palästinenser vorerst einzustellen. Es müssten zunächst sichere Wege für die Durchfahrten von Krankenwagen aus dem Gazastreifen zum Grenzübergang Rafah zu Ägypten geschaffen werden.

"Dutzende Terroristen" bei Bodeneinsatz getötet

Bei einem weiteren Bodeneinsatz gegen die Hamas seien "Dutzende Terroristen" getötet worden, teilte die Armee weiter mit. Es habe zahlreiche Versuche gegeben, die israelischen Truppen aus Tunnelschächten und militärischen Einrichtungen heraus anzugreifen. Israelische Panzer hätten im Norden des Gazastreifens drei Beobachtungsposten der Hamas zerstört und bei Gefechten mit 15 Terroristen mehrere von ihnen getötet, hieß es weiter.

Im Süden des Küstengebiets habe die Armee eine gezielte Razzia durchgeführt, um Gebäude zu räumen und Sprengsätze zu entschärfen. Während des Einsatzes seien die Truppen auf eine Terrorzelle gestoßen, die aus einem Tunnelschacht gekommen sei. Die Truppen hätten auf die Terroristen gefeuert und sie getötet, hieß es.

Armee: Wieder Angriffe aus dem Libanon

Zudem wehrte das israelische Militär nach eigenen Angaben Attacken von Terroristen aus dem Libanon ab. Diese hätten versucht, Panzerabwehrraketen auf das Gebiet des Kibbuz Yiftah im Norden Israels abzuschießen. Ein Panzer der israelischen Armee habe die Terrorzelle beschossen. Zudem habe sich ein Terrorist aus dem Libanon dem Grenzgebiet in der Nähe der Gemeinde Schelomi genähert. Er sei von einem israelischen Kampfflugzeug getötet worden.

Seit dem Großangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober kommt es auch an der Grenze zum Libanon immer wieder zu Konfrontationen zwischen der israelischen Armee und der proiranischen Schiitenmiliz Hisbollah. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah warnte Israel am Freitag vor einer militärischen Eskalation. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu reagierte darauf ebenfalls mit einer Warnung: Ein Fehler wäre für die Gegenseite "sehr kostspielig"; diese müsste "einen unvorstellbaren Preis" zahlen, so der Regierungschef. Israel, Deutschland, die USA und einige sunnitische arabische Staaten haben die Hisbollah als Terrororganisation eingestuft. Die EU listet lediglich ihren bewaffneten Flügel als Terrorgruppe.

Israel beginnt mit Rückführung palästinensischer Arbeiter

Nach palästinensischen Angaben hat Israel Tausende Arbeiter aus dem Gazastreifen zurück in das Gebiet am Mittelmeer geschickt. Israelische Behörden brachten sie mit Bussen an die Grenze, wie es aus palästinensischen Sicherheitsquellen hieß. Die Arbeiter überquerten zu Fuß den Grenzübergang Kerem Schalom, der vor dem Hamas-Überfall auf Israel als Warenübergang diente.

Palästinensische Arbeiter am Grenzübergang Kerem Shalom im südlichen Gazastreifen
Palästinensische Arbeiter am Grenzübergang Kerem Shalom im südlichen Gazastreifen Bild: Mohammed Talatene/dpa/picture alliance

Der Grenzübergang befindet sich im südlichen Gazastreifen, in der Nähe der ägyptischen Grenze. Die genaue Zahl der Arbeiter, die seit dem terroristischen Angriff der Hamas am 7. Oktober in Israel festsaßen, ist unklar. Auch wo die Palästinenser zuvor festgehalten wurden, war nicht bekannt. Nach Angaben israelischer Behörden besaßen vor Kriegsbeginn rund 18.500 Menschen aus dem Gazastreifen eine Arbeitserlaubnis für Israel.

qu/mak/wa/jj/MM/uh/hf/cw (dpa, rtr, afp)