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Politik

Äquatorialguinea: PR oder mehr Demokratie?

Antonio Cascais
16. Juli 2018

Seit 1979 ist Teodoro Obiang Nguema an der Macht, der dienstälteste Präsident Afrikas. Ab diesem Montag lädt er die Opposition wieder zu einem nationalen Dialog ein. Doch die traut dem autoritären Präsidenten nicht.

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Äthiopien Teodoro Obiang Nguema Präsident von Equatorial Guinea in Addis Abeba
Bild: picture-alliance/AA

"Das ist bereits der sechste Nationale Dialog, den Obiang einberuft. Aber keiner hat bisher etwas gebracht", sagt Tutu Alicante. Der Menschenrechtsaktivist aus Äquatorialguinea lebt im US-amerikanischen Exil. Präsident Obiang traut er nicht über den Weg. "Wenn man die Oppositionellen fragt, die bei den vorherigen Dialogen dabei waren, hört man immer die gleiche Antwort: dass es kein Dialog sondern ein Monolog war", so Alicante.

Ab Montag ist es wieder so weit: Vertreter der Oppositionsparteien, der Zivilgesellschaft und religiöser Gruppen werden sechs Tage lang über die Zukunft des Landes sprechen. Der Präsident hat allen Teilnehmern Redefreiheit, persönlichen Schutz und freies Geleit zugesichert – explizit auch denen, die im Exil leben.

Generalamnestie für politische Gefangene angekündigt

"Ich werde auf keinen Fall nach Äquatorialguinea reisen, denn ich glaube nicht, dass meine Sicherheit wirklich gewährleistet wäre", sagt dagegen Tutu Alicante. Andere hochrangige Oppositionsvertreter, die im spanischen oder französischen Exil leben, würden ebenfalls fernbleiben. Zu oft sei es in der Vergangenheit zu willkürlichen Verhaftungen von Oppositionellen gekommen: "Wenn es sein muss, erfinden die Sicherheitskräfte irgendwelche Straftaten, um Oppositionelle einzusperren", so Alicante. Äquatorialguinea sei nun mal kein Rechtsstaat.

Karte von Äquatorialguinea
Äquatorialguinea ist einer der wichtigsten Erdölproduzenten Afrikas

Vergangene Woche hatte Präsident Obiang angekündigt, eine Reihe politischer Gefangener freizulassen. In den vergangenen Monaten waren viele Oppositionelle ohne Anklage verhaftet worden. Im Februar war die wichtigste Oppositionspartei CI verboten worden. Laut ihren Angaben wurden 147 Parteimitglieder im Zuge des Verbots verhaftet und teilweise sogar gefoltert. Von diesen 150 seien 24 zunächst in Haft geblieben. "Diese 24 Mitglieder der CI, und nur sie, wurden im Zuge der Amnestie aus dem Gefängnis entlassen. Alle anderen politischen Gefangenen, die schon länger gefangen sind, blieben im Gefängnis", sagt Tutu Alicante. Die Amnestie hält er für ein Ablenkungsmanöver.

Tatsächlich sitzen viele Gefangene immer noch hinter Gittern. Im DW-Gespräch erinnert Alicante an den Fall Julian Abaga. Der Lehrer wurde im Dezember 2017 verhaftet, weil er in einem privaten WhatsApp-Gespräch über Korruption und Vetternwirtschaft in Äquatorialguinea geklagt hatte. Abaga hatte mit einem in Deutschland lebenden Mann namens Andrés Bakale Ayong gesprochen - nicht ahnend, dass der ein naher Angehöriger von Regierungschef Obama Legumbres ist.

Wegen solcher und ähnlicher Fälle wollen die Vertreter von fünf Exil-Oppositionsgruppen den runden Tisch boykottieren. Das Regime müsse eine generelle Amnestie für alle politischen Gefangenen erlassen, sagen sie. Außerdem solle der Dialog nicht in der Hauptstadt Malabo, sondern an einem neutralen Ort stattfinden.

Von der Demokratie noch weit entfernt

Äquatorialguinea sucht seit langem Wege aus der internationalen Isolation. Als großen Erfolg verbucht die Obiang-Regierung, dass ihr Land 2014 Vollmitglied in der Gemeinschaft der Portugiesischsprachigen Länder (CPLP) wurde. Dabei wird in Äquatorialguinea kaum Portugiesisch, sondern vor allem Spanisch und Französisch gesprochen. Die lusophonen Länder Afrikas, aber auch Osttimor und Brasilien, hatten die Aufnahme trotzdem unterstützt. Kritiker mutmaßen, dass dabei Wirtschaftsinteressen im Vordergrund standen. Das kleine, nur 1,2 Millionen Einwohner zählende Äquatorialguinea ist einer der größten Erdölproduzenten Afrikas.

Eine Frau gibt bei den Wahlen 2016 ihren Stimmzettel ab
Bei den Wahlen 2016 klagte die Opposition über Betrug und EinschüchterungBild: Getty Images/AFP/STR

Vor der Aufnahme in die CPLP musste Obiang versprechen, dass sein Land die Todesstrafe abschaffen und Demokratie und Menschenrechte achten würde. Passiert ist seitdem wenig. Die Todesstrafe wurde lediglich ausgesetzt. "Nach vier Jahren Mitgliedschaft in der CPLP hat sich leider nur sehr wenig verändert", sagt João Paulo Batalhav von der Anti-Korruptionsorganisation Transparency International in Lissabon. Nach wie vor sieht er einen gigantischen Machtmissbrauch im Land. Die Präsidentenfamilie sehe den Staat als ihr Privateigentum an.

Außerdem erweisen sich die Versprechen Äquatorialguineas hinsichtlich des Demokratisierungsprozess im Land als leer. "Die internationale Gemeinschaft und vor allem die CPLP müssten reagieren. Die CPLP hat eine besondere Verantwortung. Vor allem die afrikanischen CPLP-Länder behaupteten ja, dass der Beitritt des Landes den Demokratisierungsprozess entscheidend stärken würde. Das ist bislang aber mitnichten der Fall", sagt Batalha.

Obiangs Charmeoffensive in den lusophonen Ländern

Nach dem ersten Tag des Runden Tisches geht es für Obiang direkt auf die Kap Verden. Dort findet das nächste Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der CPLP statt. Die Kap Verden übernehmen für zwei Jahre den Vorsitz der Gruppe. Das wollen sie gebührend feiern: Musiker, Schriftsteller und andere Künstler sollen die Staatsführer – auch Obiang - mit einem großen kulturellen Rahmenprogramm empfangen.

Gipfel der Gemeinschaft der Portugiesischsprachigen Länder in Brasilien 2016
2014 wurde Äquatorialguinea Mitglied der CPLPBild: DW/N. dos Santos

Doch der Plan stößt auf Widerstand: "Ich will Diktatoren wie Obiang nicht aufwerten. Ich habe meine Prinzipien, und das sind die Menschenrechte. In Obiangs Land gibt es willkürliche Verhaftungen und Folter, es gibt keine Meinungsfreiheit. Dass Leute wie Obiang, die die Menschenrechte nicht achten, am CPLP-Gipfel teilnehmen, will und kann ich nicht unterstützen", sagt Tchalé Figueira, einer der erfolgreichsten Maler der Kap Verden.

Obiangs Charmeoffensive in der portugiesischsprachigen Welt zielt auf die ärmsten Mitgliedsländer der CPLP: Am 2. Juli stellte Obiang Guinea-Bissau finanzielle Unterstützung bei der Ausrichtung der nächsten Wahlen in Aussicht. Als Gegenleistung erwartet Obiang wohl Unterstützung dafür, dass sein Land turnusmäßig den Vorsitz der CPLP übernehmen darf. Das wäre ein diplomatischer Coup für das ölreiche, aber politisch weitgehend isolierte Land.

Vetternwirtschaft und Korruption

Menschenrechtsaktivist Tutu Alicante hat dafür ein aktuelles Beispiel parat: "Präsident Teodoro Obiang hat erst am 5. Juni Millionen für die Ausrichtung seiner Geburtstagsfeier ausgegeben. Er hat sogar eine Salsa-Gruppe aus Puerto Rico einfliegen lassen", erzählt Alicante. Doch damit mit genug: "Zwei Wochen später hat sein Sohn Téodorin, der gleichzeitig Vizepräsident ist, ebenfalls ein Riesenfest ausgerichtet, das noch größer war als das seines Papas." Bei dem Fest seien eine Samba-Gruppe aus Brasilien und mehrere Stars aus Amerika zugegen gewesen. "Das ganze auf Kosten des Volkes. Das muss aufhören, das muss anders werden. Es muss Schluss sein mit der Korruption", sagt Menschenrechtsaktivist Tutu Alicante.

Mitarbeit: António Rocha