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Politik

NATO sieht China als Sicherheitsrisiko

14. Juni 2021

Die Staats- und Regierungschefs der NATO haben sich bei ihrem Gipfeltreffen mit US-Präsident Joe Biden klar gegenüber Russland und China positioniert. Kanzlerin Merkel will dies nicht "überbewerten".

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Brüssel NATO Gipfeltreffen l Gruppenbild
Cyberattacken, Desinformation und mögliche Konflikte im Weltraum waren auch Thema beim Gipfeltreffen in BrüsselBild: Kevin Lamarque/AP/picture alliance

Nach schwierigen Jahren zeigt sich die NATO geschlossen und nimmt neben Russland erstmals auch China als strategischen Rivalen ins Visier. Im Vergleich zu Russland, das ausführlich in der rund 40-seitigen Gipfelerklärung Niederschlag fand, blieb es bei China im Wesentlichen aber bei zwei Absätzen.

Dort heißt es, die NATO sei besorgt über eine "Politik des Zwangs", die im Gegensatz zu Grundwerten der Allianz stehe und Bereiche betreffe, "die für die Sicherheit der Allianz relevant sind". Peking baue schnell sein Atomwaffenarsenal aus und kooperiere auch "militärisch mit Russland, unter anderem durch die Teilnahme an russischen Übungen im euro-atlantischen Raum."

Brüssel NATO Gipfeltreffen l Kanzlerin Merkel
Für Bundeskanzlerin Merkel ist China beides - Rivale aber auch PartnerBild: Patrick Semansky/AP/picture alliance

Solange Russland nicht beweise, dass es das Völkerrecht und seine internationalen Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten einhalte, könne es auch im Verhältnis zu Moskau keine Rückkehr zum "Business as usual" geben, erklärte der Gipfel zwei Tage vor dem ersten Treffen Joe Bidens mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Bundeskanzlerin Angela Merkel warb nach dem Treffen für eine ausgewogene Herangehensweise im Verhältnis zur Volksrepublik. Niemand solle die Beschlüsse der Militärallianz zu China "überbewerten", so Merkel. "Wir müssen da die richtige Balance finden." China sei zwar Rivale in vielen Fragen, aber gleichzeitig auch Partner für viele Fragen, sagte Merkel.

Brüssel NATO Gipfeltreffen | Joe biden
Der neue US-Präsident Joe Biden will einen klaren Kurs gegenüber ChinaBild: Brendan Smialowski/AFP/AP/picture alliance

Für Aufmerksamkeit sorge, dass China mit Russland außenpolitisch ein "zum Teil sehr gutes und abgestimmtes Zusammenwirken" habe. Zudem verfolge die Allianz die hybriden und Cyberaktionen "sowohl von Russland als auch von China" und sehe darin "natürlich auch neue Herausforderungen". Wichtig sei, so Merkel, dass die NATO einen Dialog anbiete, um Lösungen bei Konfliktthemen zu finden.

Brüssel NATO Gipfeltreffen | Erdogan, Johnson, Macron und Biden
Im NATO-Hauptquartier in Brüssel gab es viel AbstimmungsbedarfBild: Brendan Smialowski/AFP/AP/picture alliance

Treibende Kraft hinter der neuen Linie gegenüber China ist der neue US-Präsident. Biden sieht das Land als den einzigen Konkurrenten, der eine nachhaltige Herausforderung für ein stabiles und offenes internationales System sein könnte. NATO-Generalsekretär Stoltenberg sagte aber: "Wir treten nicht in einen neuen Kalten Krieg ein und China ist nicht unser Gegner und nicht unser Feind."

China ist nicht gerade erfreut

China hat die Kritik des Militärbündnisses inzwischen scharf zurückgewiesen. Die NATO übertreibe die von China ausgehende Bedrohung und schaffe damit Konfrontation, erklärte die chinesische Vertretung bei der EU. Sie forderte die Allianz auf, "Chinas Entwicklung rational zu betrachten", nicht länger verschiedene übertriebene Formen einer "Bedrohungstheorie" zu verbreiten und Chinas "legitime Interessen und Rechte" nicht länger als Vorwand für Manipulation und die "künstliche" Schaffung von Konfrontation zu nutzen.

Merkel bezeichnete das Gipfeltreffen als einen Neuanfang. Denn anders als sein Vorgänger Donald Trump bekannte sich Biden in Brüssel ausdrücklich zur Allianz und zur Beistandspflicht der USA für Europa. "Ich will ganz Europa wissen lassen, dass die Vereinigten Staaten da sind", sagte Biden. Damit soll der teils bittere Streit der Trump-Jahre der Vergangenheit angehören.

Brüssel NATO Gipfeltreffen | Stoltenberg und Macron
Generalsekretär Stoltenberg (l.) und Frankreichs Präsident Macron, der für Reformen im Bündnis plädiertBild: Patrick Semansky/AP/picture alliance

Zurzeit steckt die NATO mitten in einer Reformdebatte, um die neuen Herausforderungen zu meistern. Im bisherigen Strategiekonzept, das noch von 2010 stammt, wird China in keinem Wort erwähnt. Das neue soll 2022 fertig sein. Vor dem NATO-Gipfel 2019 hatte der französische Präsident Emmanuel Macron dem Bündnis den "Hirntod" bescheinigt. Das war einer der Anlässe für die Reformdebatte und die Arbeit an einem neuen Konzept. Generalsekretär Stoltenberg will, dass das Bündnis mehr Fähigkeiten gemeinsam finanziert und sich technologisch modernisiert.

Ein Sorgenkind der NATO bleibt die Türkei. US-Präsident Biden kam am Rande des Gipfels mit Präsident Recep Tayyip Erdogan zusammen. Hinter verschlossenen Türen sollte es dabei auch um das russische S-400-Raketenabwehrsystem gehen, das Erdogan trotz vehementer Proteste der USA und der NATO beschafft hat. Beide Politiker zogen eine positive Bilanz ihres Treffens. "Ich bin mir sicher, dass wir wirkliche Fortschritte erzielen werden", sagte Biden über die zuletzt gespannten Beziehungen zur Türkei. Erdogan erklärte, die Überschneidungen seien größer als die Differenzen. 

uh/haz/sti/kle (dpa, afp, rtr)