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Generalinventur in deutscher Natur

26. März 2014

Pflanzen und Tiere haben es schwer am Industriestandort Deutschland. Das zeigt der erste Bericht zur Lage der Natur. Angesichts der alarmierenden Bestandsaufnahme will die Umweltministerin gegensteuern.

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Moorprojekt Theikenmeer bei Ostenwalde im Emsland (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Es ist der bisher umfassendste Bericht zur Lage von Flora, Fauna und Lebensräumen in Deutschland. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks bezeichnet ihn als "Generalinventur der biologischen Vielfalt". Demnach befinden sich 70 Prozent der Lebensräume für Pflanzen und Tiere in einem unzureichenden oder schlechten Zustand. Während es im Alpenraum ganz gut aussieht, ist die Lage im Norden und Westen angesichts der dichten Besiedlung und landwirtschaftlich gut nutzbarer Flächen düsterer.

Ähnlich wie den Lebensräumen geht es auch den Tier- und Pflanzenarten selbst: Nur noch bei einem Viertel der Arten sprechen die Experten von einem günstigen "Erhaltungszustand". 60 Prozent befinden sich dagegen in einem schlechten oder sogar unzureichenden Zustand. "Besonders ungünstig ist der Zustand bei Amphibien, Wanderfischen, Schmetterlingen und Moosen", sagte Hendricks. Schlecht bestellt ist es auch um alle Grünland-Lebensräume sowie Küsten, Moore (im Artikelbild: Moor im Emsland), Heiden und Süßwasserlebensräume. Bienen etwa litten darunter, dass blütenreiche Wiesen in Maisäcker umgewandelt würden.

Problemfeld Landwirtschaft

Nach Ansicht der Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutzes, Beate Jessel, geht es der Natur in den Alpen und an den Felsküsten überwiegend gut. Landwirtschaftlich genutzte Lebensräume seien dagegen aus Naturschutzsicht "überwiegend in einem schlechten Zustand". Es gingen zu viele Grünlandflächen verloren und damit wichtige Lebensräume für eine Vielzahl von gefährdeten Arten.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND) setzt sich für mehr naturbelassene Wälder und geschützte Wildnisgebiete ein. Zu den Ursachen des Artensterbens gehörten auch der Pestizideinsatz und die Überdüngung der Böden. Der WWF fordert 30 statt bisher 15 Millionen Euro Fördergeld für die biologische Vielfalt. Die Grünen-Politikerin Steffi Lemke kritisierte, statt sich verstärkt um den Schutz der Natur zu kümmern, torpediere die große Koalition sogar noch den Erhalt der Grünlandflächen und erlaube eine Ausweitung des Pestizid-Einsatzes.

Hochwasserschutz schützt auch die Natur

Die Umweltministerin kündigte Kurskorrekturen an. Der Flächenverbrauch solle von 70 Hektar am Tag auf 30 Hektar zurückgeführt werden. Auch der Maisanbau solle nicht ausgeweitet werden. "Das reicht jetzt", sagte Hendricks. Daher sei von Union und SPD geplant, dass neue Biogasanlagen nur noch mit Abfall und Reststoffen betrieben werden dürfen, nicht mehr mit Mais. Auch beim Biosprit will sie einen Deckel einziehen.

Die Ministerin sprach sich zudem für einen präventiven Hochwasserschutz aus. Wenn man den Flüssen mehr Raum gebe, sei dies gut für Hochwasser- und Naturschutz gleichermaßen. "Ich bin dafür, dass wir den ökologisch wertvollen Maßnahmen, den Deichrückverlegungen und der Renaturierung von Flussauen beim Hochwasserschutz Priorität einräumen", sagte Hendricks.

Der Bericht zur Lage der Natur beruht auf rund 12.000 Stichproben von ehrenamtlichen Naturschützern und Behörden. Die Daten wurden über vier Jahre erhoben.

rb/sc (dpa, epd)