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NBA-Profi Kanter von Familie verstoßen

10. August 2016

Der türkische NBA-Profi Enes Kanter wird aufgrund seines Bekenntnisses zur Gülen-Bewegung von seiner Familie verstoßen. In seinem Heimatland sorgen seine politischen Statements für Aufregung.

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USA New York Basketball Spieler Enes Kanter aus Türkei
Bild: Reuters/M. Segar

Dass Enes Kanter aufgrund seiner politischen Ansichten in der Türkei im Kreuzfeuer der Kritik steht, ist für den NBA-Star nicht neu. Weil er sich offen von Präsident Recep Tayyip Erdogan distanzierte, erhielt er bereits Morddrohungen und flog aus fadenscheinigen Gründen aus der Nationalmannschaft. Nun wurde der Basketballer sogar von seiner Familie verstoßen.

"Heute, im Alter von 24 Jahren, habe ich meine Mutter, meinen Vater, meinen Bruder und meine gesamte Familie verloren", twitterte der 2,11-Meter-Hüne der Oklahoma City Thunder aus der nordamerikanischen Profiliga NBA.

Kanters Familie entschuldigt sich bei Erdogan

Kanter hatte sich nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei via Twitter zur Gülen-Bewegung bekannt und immer wieder Artikel gepostet, in denen der Prediger Fethullah Gülen eine Beteiligung an dem Putschversuch bestreitet. Kanters Familie sah sich daraufhin genötigt, sich öffentlich beim umstrittenen Machthaber Erdogan zu entschuldigen.

"Mein eigener Vater wollte, dass ich meinen Nachnamen ändere. Meine Mutter, die mir mein Leben geschenkt hat, hat mich ausgestoßen. Die Geschwister, mit denen ich aufwuchs, kennen mich nicht mehr. Meine Verwandten wollen mich nicht mehr sehen", schrieb Kanter. Seinen Brief unterschrieb er mit "Enes (Kanter) GÜLEN".

Liebe zu Gülen größer als zur Familie

All das werde jedoch nichts an seiner Meinung ändern, sagte Kanter: "Für den Willen Gülens würde ich meine Mutter, meinen Vater und meine ganze Familie opfern. Meine Liebe für Gülen ist größer als die Liebe für meine Eltern und meine Geschwister."

Ankara macht den im US-Exil lebenden Gülen für den versuchten Militärputsch vom 15. Juli verantwortlich und geht seitdem mit aller Härte gegen die einflussreiche Gülen-Bewegung vor. Zehntausende Menschen wurden bereits wegen ihrer angeblichen Nähe zu der Bewegung entlassen oder festgenommen, darunter Soldaten, Richter, Staatsanwälte, Lehrer und Journalisten. Vielen soll der Prozess gemacht werden.

Papa Kanter hat Sohn gewarnt

Kanters Twitteraccount in der Türkei ist laut verschiedenen Medienberichten mittlerweile nicht mehr zugänglich. Sein Vater war jedoch trotzdem bestens informiert. "Ich habe Enes gewarnt, aber er hat einfach nicht aufgehört, Tweets gegen den Präsidenten und die türkische Nation zu schreiben", teilte Mehmet Kanter in einem handgeschriebenen Brief mit, den verschiedene türkischen Medien veröffentlichten.

Zuvor hatte Kanter junior die aktuelle Situation in seinem Heimatland mit der Zeit der Weimarer Republik vor Hitlers Machtübernahme verglichen. Kanter, der in 373 NBA-Spielen für die Oklahoma City Thunder und Utah Jazz 3998 Punkte erzielte, fiel durch klare Statements immer wieder auf - und das wurde ihm auch sportlich schon zum Verhängnis. Überraschend wurde er im Vorjahr nicht in die türkische Nationalmannschaft berufen.

Warum spielt Kanter nicht in der Nationalmannschaft?

Angeblich habe er Anrufe von Nationalcoach Ergin Ataman nicht beantwortet. Kanter stritt das vehement als "Unsinn" ab und betonte mehrfach, dass er 2015 gerne bei der EM dabei gewesen wäre. "Die Rechtfertigungen sind überhaupt nicht überzeugend. Es gibt nur einen einzigen Grund: Ich wurde wegen meines Glaubens und meiner politischen Ansichten ausgeschlossen", sagte Kanter.

Kanter ist nicht der einzige prominente Sportler, der in die politischen Wirrungen gerät. Dem türkischen Fußball-Rekordtorschützen Hakan Sükür wurden von heimischen Medien Verbindungen zur Gülen-Bewegung vorgeworfen. Sükür steht in der Türkei zudem wegen Präsidentenbeleidigung in Abwesenheit vor Gericht.

sw/sn (sid)