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Nervenkrieg um Syrien-Gespräche

23. Januar 2016

Eigentlich will keine der Gruppen bei den Syriengesprächen in Genf miteinander reden, aber die Situation zwingt alle Konfliktparteien an den Tisch. Eine bedeutende Rolle kommt dabei den internationalen Vermittlern zu.

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John Kerry in Saudi Arabien
Bild: picture-alliance/AP Photo/J. Martin

Der amerikanische Außenminister John Kerry ist optimistisch, dass die Verhandlungen über einen Frieden in Syrien bald beginnen können. "Wir sind zuversichtlich, dass - mit gutem Einsatz in den nächsten Tagen - die Gespräche losgehen können", sagte er nach einem Treffen mit dem saudiarabischen Außenminister Adel al-Dschubeir und anderen Kollegen aus den Staaten des Golfkooperationsrats (GCC) in Riad.

Am Nachmittag will er mit dem saudischen König Salman und dessen Sohn, Verteidigungsminister Mohammed bin Salman, sprechen, der als Saudi-Arabiens starker Mann gilt. Dazu kommen noch führende Vertreter der syrischen Opposition.

Teilnehmer an den Verhandlungen noch ungewiss

Der eigentlich für Montag geplante Beginn der neuen syrischen Friedensgespräche in Genf steht seit Tagen auf der Kippe und muss wahrscheinlich verschoben werden. Russland als enger Verbündeter des Regimes und die syrische Opposition streiten sich darum, welche Regimekritiker bei den Gesprächen in Genf am Tisch sitzen. Die arabische Tageszeitung "Al-Hayat" meldete, Kerry wolle die Opposition in Riad zu Zugeständnissen bewegen. Der UN-Syrien-Sondergesandte Staffan de Mistura hatte bereits angekündigt, wegen praktischer Gründe sei der Termin wahrscheinlich nicht zu halten. Mutmaßlicher Grund für die Verzögerung ist ein Streit innerhalb der syrischen Opposition darüber, wer sie bei den Gesprächen in Genf vertreten soll.

Schwierige Verhandlungen stehen bevor

Saudi-Arabien hatte im Dezember in Riad ein Treffen von Oppositionsgruppen organisiert, um eine gemeinsame Haltung für die Verhandlungen zu finden, doch beklagte Russland anschließend die Abwesenheit mehrerer Gruppen. Während Saudi-Arabien auch radikale Rebellenorganisationen wie Ahrar al-Scham dabei haben will, dringt Russland auf die Beteiligung moderater Oppositionsgruppen, die von Damaskus geduldet werden. Die Türkei wiederum lehnt die Teilnahme kurdischer Milizen ab, während der Westen diese als wichtige Verbündete im Kampf gegen Dschihadisten betrachtet. Die Assad-Regierung macht ihre endgültige Entscheidung über ihre Teilnahme von der Liste der Oppositionsgruppen abhängig.

Noch vor Beginn der Friedensgespräche haben Rebellengruppen Präsident Baschar Assad und Russland in einer Erklärung für ein Scheitern verantwortlich gemacht. Sie verlangen, dass Assad vor dem Start der Friedensgespräche die Belagerung mehrerer Orte beendet und die russische Luftwaffe ihre Angriffe stoppt. Sie bezichtigen Assad und Russland der Kriegsverbrechen. Einer der Unterzeichner der Erklärung ist Mohammed Allusch. Er ist Chefunterhändler des von Saudi-Arabien unterstützten Oppositionsrates, des Hohen Verwaltungskommitees (HTC).

Syrien Sergej Lawrow und Baschar Assad in Damaskus (Foto: dpa)
Syriens Opposition wirft ihnen Kriegsverbrechen vor: Russlands Außenminister Sergej Lawrow und Syriens Präsident Baschar AssadBild: picture-alliance/dpa/Stringer/Ap/Pool

Der Iran steht hinter Assad und die USA sind ein traditioneller Verbündeter Saudi-Arabiens. Zum Iran unterhalten sie seit der Besetzung ihrer Botschaft in Teheran nach dem Sturz des Schahs 1979 keine diplomatischen Beziehungen. Mit dem Abkommen über das iranische Atomprogramm näherten sich Washington und Teheran zuletzt aber vorsichtig an.

Stellvertreter-Krieg zweier Mächte

Im Hintergrund schwelt auch immer noch der langjährige Konflikt zwischen dem Iran und Saudi-Arabien. Der schiitisch geprägte Iran und das sunnitische Saudi-Arabien ringen seit Jahren um die Vormachtstellung am Golf. Auslöser der jüngsten Eskalation war die Hinrichtung eines prominenten schiitischen Geistlichen in Saudi-Arabien am 2. Januar. Danach hatten hunderte Menschen aus Protest die saudische Botschaft in Teheran angegriffen und in Brand gesetzt. Auch das Konsulat in Maschhad wurde angegriffen. Saudi-Arabien und andere Golfstaaten brachen daraufhin ihre Beziehungen zum Iran ab. Es wird befürchtet, dass die jüngsten Bemühungen zur Beendigung des Gewaltkonflikts in Syrien wegen der tiefen Krise zwischen Riad und Teheran zum Erliegen kommen könnten.

Dialog kann auch scheitern

Angesichts der Verzögerungen im Zeitplan hat Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier vor einem Abbruch des Syrien-Friedensprozesses gewarnt. "Die in Wien eröffnete Chance, endlich den Einstieg in eine politische Lösung für Syrien zu finden, dürfen wir nicht ungenutzt lassen", sagte Steinmeier in Berlin. "Auf den letzten Metern vor dem Beginn der Verhandlungen dürfen wir in unserem Druck auf die Konfliktparteien nicht nachlassen." Entscheidend sei, "dass jetzt das Momentum für eine Einigung nicht verloren geht", so Steinmeier. Er forderte "noch einmal eine gemeinsame Anstrengung der internationalen Gemeinschaft", um de Mistura zu helfen, "die letzten Hindernisse auszuräumen".

cgn/stu (dpa, afp, rtr)