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Netflix: Mehr Kunden - doch die Aktie fällt

20. Juli 2023

Die hohe Zahl neuer Abos spiegelt sich nicht wie erhofft in der Bilanz von Netflix wider. Der Streaming-Dienst gab einen Quartalsumsatz unter Markterwartungen bekannt. Auch der Quartalsausblick enttäuscht.

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Eine mit dem Wort "Netflix" bedruckte Taste auf einer TV-Fernbedienung
Bild: Chris Delmas/AFP/Getty Images

Der US-Streamingdienst Netflix hat Dank seines Vorgehens gegen das Teilen von Nutzerkonten die Zahl seiner Abonnements deutlich ausbauen können. Wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte, stieg die Zahl der Abos im zweiten Quartal auf mehr als 238 Millionen. Demnach kamen im abgelaufenen Quartal 5,9 Millionen neue Abonnenten hinzu. Das ist gut drei Mal so viel wie erwartet.

"Wir sehen eine gesunde Umwandlung von leihenden Haushalten zu zahlenden Netflixmitgliedschaften sowie die Inanspruchnahme unserer Extra-Mitglied-Funktion", erklärte Netflix in einem Brief an seine Aktionäre. "Wir haben zwar stetige Fortschritte gemacht, aber vor uns liegt noch mehr Arbeit, um unser Wachstum zu beschleunigen", teilte das Unternehmen weiter mit. Der Umsatz war leicht hinter den Markterwartungen zurückgeblieben.

Kampf den Trittbrettfahrern

Netflix geht seit Anfang des Sommers unter anderem in Deutschland dagegen vor, dass Nutzer einen Account über einen Haushalt hinaus teilen. Dafür wird nun zusätzliches Geld fällig - entweder zahlen die Mitbenutzer für ein eigenes Konto, oder der bisherige Account-Inhaber fügt sie für 4,99 Euro im Monat als Zusatzmitglied hinzu. Soviel kostet in Deutschland auch das günstigste Abo mit Werbeanzeigen.

Nach früheren Berechnungen von Netflix nutzten rund 100 Millionen Kunden das Passwort aus einem anderen Haushalt. Die Firma setzt darauf, dass betroffene Nutzer lieber zahlen, statt den Dienst zu kündigen. Bei einigen betroffenen Nutzern könne es mehrere Quartale dauern, sie als Kunden zu gewinnen, räumte das Unternehmen ein.

Filmszene: Deutscher Soldat zwischen den Schützengräben in  "Im Westen nicht Neues"
Viele neue Abos, aber trotz vieler Kassenschlager wie "Im Westen nicht Neues" nicht eitel SonnenscheinBild: Netflix/Zumapress/picture alliance

Umsatz und Ausblick enttäuschen

Der hohe Kundenzustrom spiegelt sich aber nicht wie erhofft in der Bilanz Netflix wider. Der Umsatz stieg den Angaben zufolge im abgelaufenen Quartal um 2,7 Prozent auf 8,2 Milliarden Dollar. Analysten hatten allerdings auf 8,3 Milliarden Dollar gehofft. Der Gewinn überraschte dagegen mit 1,5 Milliarden Dollar positiv.

Für das laufende Quartal stellte Netflix Erlöse von 8,5 Milliarden Dollar in Aussicht, 200 Millionen Dollar weniger als von Experten prognostiziert. Anleger waren von den Quartalszahlen und der Prognose nicht beeindruckt: Die Aktie fiel im nachbörslichen Handel um gut acht Prozent. Zuvor war der Kurs seit Jahresbeginn um mehr als 60 Prozent gestiegen.

Ungewisse Streikfolgen

Netflix leidet wie die gesamte Film- und Fernsehbranche unter dem Doppelstreik der US-Schauspieler und -Drehbuchautoren. Dieser hat zahlreiche Produktionen zum Erliegen gebracht. Durch den Streik wird Netflix im laufenden Quartal zunächst einmal mehr freies Geld ausgeben. So geht es auch anderen Streaming-Diensten und TV-Sendern in Amerika. Doch der Streik bedeutet auch eine Lücke beim Nachschub von Filmen und Fernsehserien. Wenn der Ausstand in den September hinein andauere, "wird das ein echtes Problem", sagte Branchenanalyst Michael Nathanson im Wirtschaftssender CNBC.

Die Industrie bereitet sich darauf vor. So will etwa Paramount die Lücken im Programm seines Sendern CBS mit Folgen der Serie "Yellowstone" stopfen, die eigentlich ein Zugpferd der hauseigenen Netflix-Konkurrenz Paramount+ ist. Netflix mit einer großen Bibliothek an Filmen und Serien sowie über die Welt verteilten Produktionsstudios wird in einer besseren Position als einige Rivalen gesehen.

TV-Zuschauerin schaut einen Netflix-Film über das Glamour-Pärchen Harry und Meghan - "The Sussexes"
Auch das Glamour-Pärchen "Harry und Meghan" bringt Abos - hilft der Aktie aber nicht auf die BeineBild: Jacob King/AP Photo/picture alliance

Die Reklame bringt das Geld

Im Videostreaming-Geschäft herrscht ein scharfer Konkurrenzkampf um Nutzer, insbesondere nachdem immer mehr Player mit eigenen Diensten in den Markt drängten: Studios wie Disney, Warner und Paramount, Tech-Riesen wie Amazon und Apple. Netflix gehört zu den Anbietern, die weniger ausgabefreudige Nutzer mit einem günstigeren Angebot mit Werbeanzeigen gewinnen wollen.

Der Ansatz scheint zu funktionieren. Pro Nutzer mache Netflix dank der Anzeigeneinnahmen bereits weltweit mehr Umsatz im Anzeigen-Abo als in der werbefreien Basis-Version. In den USA hätten die Erlöse pro Nutzer im dort 6,99 Dollar teuren Werbemodell sogar das Standard-Abo für 15,49 Dollar überholt.

Netflix will nun für Werbekunden so attraktiv wie möglich werden. Unter anderem können sie Anzeigenplatz auf Wunsch ausschließlich in den zehn populärsten Filmen und Serien buchen - was ein breites Publikum garantiert.

dk/hb (dpa, afp, rtr)