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Neuanfang für syrische Flüchtlingsfrauen

Mona Naggar, Beirut 25. Dezember 2013

Auf Weihnachtsmärkten in Beirut verkaufen syrische Frauen Selbstgemachtes. Mit diversen Projekten versuchen sie, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen - um nicht mehr auf Hilfsorganisationen angewiesen zu sein.

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Verkaufsstände auf dem Weihnachtsmarkt in Beirut (Foto: DW/Naggar)
Bild: DW/M.Naggar

Eine Sporthalle im Beiruter Stadtteil Saqiyat Al-Janzir hat sich in einen Weihnachtsmarkt verwandelt: Hier werden handgemachter Schmuck, Kräuterextrakte, Keramik oder Strickwaren verkauft. Auch eine Gruppe von syrischen Frauen hat einen Stand aufgebaut. Auf dem Tisch liegen bestickte Kissen, Schals, Taschen und selbstgestrickte Strümpfe. Auf dem Boden vor dem Stand stehen Körbe mit Schmuck für den Weihnachtsbaum und Porträts von arabischen Berühmtheiten, wie der libanesischen Sängerin Fairuz oder dem palästinensischen Dichter Mahmoud Darwish.

Maysoon steht am Stand und wartet auf Kundschaft. Sie zeigt auf mehrere Kissen und einen gestrickten roten Stern. "Die habe ich selber gemacht", sagt die schlanke Frau mit dem schwarzen Kopftuch.

Rola (Name von der Redaktion geändert) ist auch dabei. Von ihr stammen die gemalten Porträts und der Weihnachtsschmuck. Die kleingewachsene, etwas rundliche Frau hat in Syrien vom Kunsthandwerk gelebt und Landschaftsbilder, Porträts und Ikonen gemalt. Im Libanon macht sie weiter: "Ich habe Schmuck für den Baum vorbereitet, Engel, Weihnachtsmänner und Glocken."

Die syrische Malerin Rola, die in den Libanon geflüchtet ist (Foto: DW/Naggar)
Die Malerin Rola musste aus Syrien flüchtenBild: DW/M.Naggar

Die Hilfe reicht nicht

DerKrieg in Syrien hat Rola und Maysoon gezwungen, ihre Heimat zu verlassen und im Libanon Zuflucht zu suchen - ein Schicksal, das sie mit rund einer Million anderen Syrern teilen. Seit einem Jahr leben die beiden etwa 40-jährigen Frauen in Beirut. Die Hilfe, die sie von humanitären Organisationen bekommen, wie Lebensmittelcoupons und kleinere Geldbeträge für Winterkleidung, reicht kaum zum Leben. Rolas Mann ist arbeitslos. Maysoon ist alleinstehend. Die Handarbeit und die Malerei sind für sie eine wichtige Einnahmequelle.

Unterstützung bekommen die Flüchtlingsfrauen von der syrischen Organisation Basmeh & Zeitooneh (Deutsch: "Ein Lächeln und eine Olive"). "Im dritten Jahr der Syrien-Krise deutet alles darauf hin, dass sie noch lange dauern wird", sagt Georges Talamas, Projektmanager der Organisation. Vor diesem Hintergrund habe sich Basmeh & Zeitooneh vorgenommen, die Flüchtlinge nicht nur mit dem Nötigsten zu unterstützen, sondern auch Initiativen zu ergreifen, damit diese auf eigenen Beinen stehen können: "Es geht jetzt darum, Arbeit zu schaffen und die Flüchtlinge weiterzubilden."

Verkaufsstände auf dem Weihnachtsmarkt in Beirut (Foto: DW/Naggar)
Selbstgemachte Weihnachtsgeschenke in BeirutBild: DW/M.Naggar

Zum Beispiel stellt die Organisation Frauen wie Maysoon einen Raum zur Verfügung, in dem sie jeden Tag gemeinsam arbeiten können. Wer noch keine Erfahrung mit Handarbeit hat, wird von einer Trainerin angeleitet. Auch die Materialien stellt die Organisation bereit. Sie kauft den Frauen dann die fertigen Produkte ab und verkauft sie weiter, wie auf dem Weihnachtsbasar in Saqiyat al-Janzir. Einige der Frauen haben bei Basmeh & Zeitooneh auch eine feste Stelle gefunden - wie die Schneiderin Rihab. Die 44-Jährige sitzt an der Nähmaschine und bringt Reißverschlüsse an Kissenbezügen an. Die Mutter von drei Kindern freut sich, dass sie nun wieder den Beruf ausüben kann, den sie in der Heimat erlernt hat. Mit dem Geld, das sie hier verdient, kann sie immerhin einen Teil der Miete für die Familie bezahlen.

Bei Null anfangen

Rihab und die anderen Frauen leben in den Armenvierteln von Beirut, in Shatila oder Bourj Al-Barajneh, wo Palästinenser, Migranten und nun auch Flüchtlinge aus Syrien unterkommen. Dort sind die Mieten und Lebenshaltungskosten im Vergleich zu anderen Stadtteilen der libanesischen Hauptstadt am niedrigsten - aber immer noch zu hoch für Menschen, die alles verloren haben und keine Arbeit finden. Syrer, die in ihrer Heimat gut über die Runden kamen - wie Um Nour - müssen jetzt bei Null anfangen. Die 39-jährige Grundschullehrerin hat bei Basmeh & Zeitooneh das Sticken erlernt.

Georges Talamas, Projektmanager der libanesischen Organisation Basmeh & Zeitooneh (Foto: DW/Naggar)
Georges Talamas will Flüchtlingen neue Perspektiven bietenBild: DW/M.Naggar

"In Syrien ging es mir gut. Ich wollte ein Auto kaufen, hatte alles bereit. Dann mussten wir weg. Ich hatte nichts dabei, nicht einmal einen Koffer", sagt die zierliche Frau. Mit dem Geld, das sie durch die Stickerei verdiene, habe sie nun das Gefühl, einen neuen Abschnitt in ihrem Leben als Flüchtling zu beginnen: "Die schwierigste Phase ist nun überstanden."

DieFlüchtlingemüssen sich auf einen längeren Aufenthalt im Libanon einstellen. Gefragt sind deshalb Projekte, die ihnen eine Perspektive eröffnen - wie die Angebote von Basmeh & Zeitooneh. Ein weiteres Beispiel ist die libanesische Organisation Ibda in Beirut, die Minikredite an Libanesen vergibt und nun auch an syrische Flüchtlinge.

Die Malerin Rola hat diesen Schritt gewagt und sich neben der Kunst ein zweites Standbein aufgebaut. In der Nähe ihres Wohnortes konnte sie einen Laden für Secondhand-Kleidung und Haushaltswaren eröffnen. Den Kredit in Höhe von 300 US-Dollar muss sie in vier Monaten zurückzahlen.

Es sei nicht leicht, die Miete für den Laden, die Ausgaben des täglichen Lebens und die Kreditrate unter einen Hut zu bringen - aber das sei schließlich der Anfang, sagt sie. Auch ihr Mann arbeite mit. Bevor sie mit ihren Projekten angefangen habe, musste sie sich für alles, was die Familie brauchte, an Hilfsorganisationen wenden: "Jetzt müssen wir nicht mehr darauf warten, dass uns jemand hilft. Ich fühle mich besser und stärker."