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Neue Gutachten sehen Fremdverschulden

27. Oktober 2015

Mehr als zehn Jahre nach dem Feuertod eines Asylbewerbers in Sachsen-Anhalt halten gleich mehrere neue Gutachten eine Beteiligung von Polizisten für wahrscheinlich. Oury Jalloh starb in einer Dessauer Polizeizelle.

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Vorstellung der neuen Gutachten zum Fall Jalloh (Foto: dpa/picture alliance)
Vorstellung der neuen Gutachten zum Fall JallohBild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

Es spreche wenig dafür, dass der Brand in der Gefängniszelle von dem Opfer selber gelegt wurde, sagten mehrere Experten aus dem Ausland bei einer Pressekonferenz in Berlin. Die Gutachter - zwei Brandsachverständige, ein Rechtsmediziner und ein Experte für Giftstoffe - fanden in den Unterlagen zu dem Fall aber auch keine Beweise für die Mordthese der "Initiative in Gedenken an Oury Jalloh".

Der Brandsachverständige Iain Peck sagte, die Ergebnisse seines Gutachtens deuteten darauf hin, dass ein Feuerzeug zur Zeit des Vorfalls "eher nicht in der Zelle gewesen sein kann". So hätten sich etwa an den Überresten von Matratze und Leiche keine geschmolzenen Plastikpartikel gefunden. Wie die anderen Sachverständigen stützte Peck seine Untersuchung auf Fotos und Videos vom Tatort. Den Zellentrakt durfte er nicht besichtigen.

Beweise weiter Mangelware

Gutachter Peck ergänzte, es sei durchaus möglich gewesen, dass zur Entzündung des Feuers Brandbeschleuniger verwendet wurden. Dass die Ermittler in der Zelle keine entsprechenden Rückstände gefunden hätten, sei kein Beweis dafür, dass es sie nicht gegeben habe. Aufgrund der langen Branddauer und der Heftigkeit des Feuers sei es vielmehr denkbar, dass die Rückstände vollständig verbrannt seien, sagte Peck. Auch Gerichtsmediziner Alfredo Walker schätzte den Einsatz von Brandbeschleunigern als möglich ein.

Um die feuerfeste Matratze in der Zelle zu entzünden, hätte Jalloh ein sechs bis acht Zentimeter großes Loch in den Schaumstoff bohren müssen, fuhr Peck fort. "Es scheint doch sehr unwahrscheinlich, dass Herr Jalloh einen solch großen Schaden verursacht haben soll, wenn seine Hände fixiert waren und die wachhabenden Beamten ihn alle 30 Minuten überprüft haben", sagte der Sachverständige.

Die Initiative hatte die Gutachten für rund 20.000 Euro bei Brandsachverständigen und einem Toxikologen aus London sowie einem Gerichtsmediziner aus Kanada in Auftrag gegeben. Sie versucht zu belegen, dass das Feuer 2005, in dem der damals 22-Jährige aus Sierra Leone verbrannte, absichtlich von Polizisten oder anderen Tätern gelegt wurde. Die Justiz hatte in mehreren Prozessen keine Anhaltspunkte für eine Fremdbeteiligung am Tod des Afrikaners gefunden. Die verantwortlichen Polizisten wurden letztlich wegen fahrlässiger Tötung verurteilt.

Der Ayslbewerber Oury Jalloh war am 7. Januar 2005 bei dem Brand in Dessau mit knapp drei Promille Alkohol im Blut ums Leben gekommen. Er war mit Hand- und Fußfesseln an einer Liege fixiert. Dennoch gingen die Ermittler von einer Selbstentzündung mit einem Feuerzeug aus - obwohl das bei der Leibesvisitation nicht gefunden wurde und erst später auftauchte.

qu/kle (dpa, epd)