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Neue Pläne für eine bessere Zuwanderungspolitik in Deutschland

Monika Dittrich, Berlin14. August 2006

Das deutsche Zuwanderungsgesetz soll nachgebessert werden. Die Innenpolitiker von CDU/CSU und SPD wieder einmal mit Plänen für eine bessere Integrations- und Zuwanderungspolitik.

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Vater und Sohn in BerlinBild: picture-alliance/ dpa

Am 1. Januar 2005 trat in Deutschland das Zuwanderungsgesetz in Kraft. Es war das Ende einer langen Debatte darüber, wie Deutschland mit seinen Einwanderern umgehen will. Rund 15 Millionen Menschen gibt es in Deutschland, die nicht hier geboren wurden oder deren Eltern Ausländer sind. Jetzt zeigt sich, dass dieses Gesetz nachgebessert werden muss. Die Große Koalition hat auch bereits einige Ideen auf Lager.

Tests vom Tisch

Vorschlag Nummer Eins: Die Integrationskurse sollen besser werden. Wer nach Deutschland kommt, muss hier noch einmal die Schulbank drücken. 630 Stunden Integrationskurs stehen nach dem neuen Zuwanderungsgesetz auf dem Programm: Darin sollen Einwanderer vor allem die deutsche Sprache lernen, aber auch Grundwissen über Kultur, Geschichte und Rechtsordnung in Deutschland erhalten. Diese Integrationskurse sind Kernstück der deutschen Eingliederungspolitik. Nur leider bringen sie nicht den erwünschten Erfolg: Gerade einmal jeder dritte Teilnehmer besteht die freiwillige Abschlussprüfung. Deshalb soll es künftig mehr Unterricht geben. "Wir sprechen derzeit über eine Ausweitung der Integrationskurse. Ich sage mal, statt eines 600-Stunden-Kurs ein 800- oder 900-Stunden-Kurs", sagt der SPD-Abgeordnete Dieter Wiefelspütz.

Die Union aus CDU und CSU wollte eigentlich, dass es am Ende der Kurse einen Pflicht-Test gibt, um die Erfolge der Teilnehmer zu überprüfen. Doch diese Debatte ist nun offenbar vom Tisch, wie Reinhard Grindel von der Unionsfraktion erklärt: "Ich glaube, es kommt darauf an, dass möglichst viele Teilnehmer am Ende eines Integrationskurses ein Zertifikat in der Hand haben, insofern sind Tests wünschenswert. Eine Pflicht sehen wir nur bei denjenigen vor, die eingebürgert werden wollen." Möglicherweise könnte auch die Vergütung der Lehrer erhöht werden, um die Qualität der Kurse zu verbessern. Woher das Geld für all diese Wohltaten kommen soll, ist allerdings noch ungewiss.

Geduldet und ungesichert

Vorschlag Nummer Zwei: Flüchtlinge, die schon viele Jahre in Deutschland leben, sollen dauerhaft bleiben dürfen. Es geht um knapp 200.000 Menschen, die etwa aus Ex-Jugoslawien, aus dem Irak oder Afghanistan geflohen sind. Sie haben kein gesichertes Aufenthaltsrecht, ihre Abschiebung ist lediglich ausgesetzt, wie es im Behördendeutsch heißt. Das bedeutet, sie können aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht abgeschoben werden und sind "geduldet". Die Abschiebung droht ihnen aber trotzdem zu jeder Zeit. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hat eine "vernünftige Lösung" für diese so genannten Altfälle angekündigt.

Das Land Berlin hat bereits konkrete Maßnahmen getroffen. SPD-Innensenator Eberhard Körting hat einen Abschiebestopp für viele Ausländer angeordnet, die bisher in Berlin nur geduldet sind. "Für mich ist der entscheidende Anknüpfungspunkt, weshalb ich vorschlage, so eine Gnadenregelung zu treffen: die Kinder", sagt Körting. "Mir tun die Kinder leid und nicht die Erwachsenen. Und insofern will ich auch eine Regelung haben, die primär auf die Kinder abzielt." Der Berliner Abschiebestopp könnte Schule machen: Im Herbst wollen sich die Innenminister der Länder auf eine einheitliche Regelung für Bürgerkriegsflüchtlinge und abgelehnte Asylbewerber verständigen.

Brain Gain statt Brain Drain

Vorschlag Nummer Drei: Ausländischen Spitzenkräften soll die Einwanderung nach Deutschland erleichtert werden. Im vergangenen Jahr haben sich gerade mal 900 ausländische Fachleute in Deutschland niedergelassen. Und das, obwohl viele Firmen händeringend nach Kommunikations- und IT-Spezialisten suchen. Doch das Zuwanderungsgesetz macht es den Hochqualifizierten schwer: Wer als Nicht-EU-Bürger in Deutschland eine unbefristete Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis erhalten will, muss ein deutsches Unternehmen finden, das ihm mindestens 84.000 Euro Jahresgehalt zahlt. Erst dann gilt er als höchstqualifiziert. Dieses Kriterium können aber nur wenige erfüllen.

Doch die Große Koalition habe das Problem erkannt, sagt Dieter Wiefelspütz: "Ein hervorragender junger Naturwissenschaftler, der verdient noch nicht 80.000 Euro im Jahr. Der hat ein niedrigeres Jahreseinkommen. Wir sollten ihn aber trotzdem für Deutschland gewinnen können, wenn wir ihn hier benötigen. Und da könnten wir die Grenze absenken." Also soll die Gehalteshürde gesenkt werden. Günther Beckstein von der CSU macht dazu einen Vorschlag: "Ich könnte mir vorstellen, dass diese Grenze von 84.000 Euro auf 70.000 Euro heruntergesetzt wird. Allerdings muss sichergestellt sein, dass es sich um Spitzenkräfte handelt."

Geringverdiener unerwünscht

70.000 Euro - das ist immer noch eine Menge Geld. Ein echter Anreiz für ausländische Spitzenkräfte sei das nicht, vermutet Rainer Brüderle von der oppositionellen FDP. "Gerade wenn man die IT-Spezialisten nimmt, Kommunikationstechnologie etwa, aus Indien", sagt Brüderle. "Diejenigen gehen lieber gleich nach Amerika, als in dieses komplizierte, überreglementierte Land Deutschland."

Die Einwanderung von Geringverdienern ist allerdings kein Thema in dieser wortreichen Debatte. Im Gespräch war ein Punktesystem, das ihnen die Einwanderung nach Deutschland möglich machen würde, wenn sie Kriterien wie gute Sprachkenntnisse und eine qualifizierte Berufsbildung erfüllen. Diese Überlegung hätte allerdings keine Chance, umgesetzt zu werden, sagen beide Koalitionspartner.