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Neue Stolpersteine im Nahost-Friedensprozess

Nils Naumann / Kersten Knipp2. April 2014

Die Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern sind vorerst ausgesetzt worden. Wie steht es jetzt um die Chancen des Friedensprozesses? Fragen und Antworten zu den verbleibenden Möglichkeiten des Dialogs.

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Flagge der Palästinenser wird bei Maale Adumim gehisst (Foto: AFP PHOTO/ ABBAS MOMANI (Photo credit should read ABBAS MOMANI/AFP/Getty Images)
Palästinenser-Flagge wird bei Maale Adumim gehisstBild: AFP/Getty Images

Die Friedensgespräche wurden vorerst abgebrochen. Warum?

Im Juli 2013 hatten die Vertreter Israels und der Palästinensischen Autonomiebehörde unter Vermittlung von US-Außenminister John Kerry vereinbart, dass Israel bis zum 2. April 2014 alle 104 palästinensischen Langzeithäftlinge freilassen würde. Im Gegenzug versprachen die Palästinenser, keine weiteren Aufnahmeanträge bei internationalen Organisationen zu stellen. Im Oktober 2011 hatte Palästina die Vollmitgliedschaft bei der UNESCO beantragt und erhalten.

Bislang kamen 78 Häftlinge in mehreren Schritten frei. Der Vereinbarung entsprechend hätte die letzte Gruppe am vergangenen Wochenende aus dem Gefängnis kommen sollen. Das geschah nicht. Daraufhin unterzeichnete der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, Aufnahmeanträge an 15 internationale Organisationen sowie verschiedene internationale Verträge. Dazu gehörte auch die Genfer Konvention, die eine Klage gegen Israel vor dem Internationalen Strafgerichtshof erleichtern könnte.

Wie steht es um die Chance zur Fortsetzung der Gespräche?

Der Abbruch der Gespräche ist nicht endgültig. Er hoffe, dass US-Außenminister Kerry seine Vermittlungen in den nächsten Tagen weiterführe, erklärte Jasser Abed Rabbo, der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation. Auch Abbas selbst sagte, die Palästinenser seien bis zum "letzten Tag" gesprächsbereit - gemeint ist damit der 29. April, der Termin, an dem die Gespräche offiziell enden. Kerry selbst rief beide Seiten dazu auf, "sich während der laufenden Verhandlungen zurückzuhalten." Palästinenserpräsident Mahmud Abbas habe ihm versichert, er wolle bis Ende April weiterhin mit Israel verhandeln, erklärte Kerry. Belastet wird das Verhältnis der beiden Gesprächspartner durch den Umstand, dass die israelische Regierung am Dienstag (01.04.2014) erneut den Bau von mehr als 700 Wohnungen im Viertel Gilo von Ost-Jerusalem ankündigte. Um die Gespräche dennoch voranzutreiben, hat Kerry nun die mögliche Freilassung eines seit 30 Jahren in den USA inhaftierten Spions ins Spiel gebracht, der dem israelischen Geheimdienst zugearbeitet hatte.

Was ist das Hauptziel der Friedensgespräche?

Noch immer die Zwei-Staaten-Lösung. Die Palästinenser wollen im Westjordanland, in Ost-Jerusalem und im Gaza-Streifen einen eigenen Staat mit uneingeschränkter Souveränität errichten. Israel befürchtet allerdings Sicherheitsprobleme und fordert die Entmilitarisierung eines Palästinenserstaates sowie die Kontrolle seines Luftraums und seiner Außengrenzen. Israelisches Militär soll jahrzehntelang entlang des Jordantals stationiert werden.

Zwei Drittel der israelischen Bevölkerung, so eine aktuelle Umfrage, befürworten die Zwei-Staaten-Lösung. Auch Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat mehrmals erklärt, er unterstütze die Gründung eines unabhängigen, in friedlicher Koexistenz mit Israel lebenden Palästinenserstaates. In Netanjahus Koalition gibt es allerdings eine ganze Reihe von offenen Gegnern der Zwei-Staaten-Lösung. "Die Kraftprobe kommt, wenn es um die Durchsetzungen von konkreten Entscheidungen geht", erklärt der Politikanalyst Hanan Chrystal.

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu (Foto: LI TIBBON/AFP/Getty Images)
Im eigenen Lager unter Druck: Benjamin NetanjahuBild: AFP/Getty Images

Auch die im Gaza-Streifen regierende palästinensische Hamas lehnt die Zwei-Staaten-Lösung ab. Palästinenserpräsident Abbas habe kein Recht, im Namen des palästinensischen Volkes zu verhandeln, sagte Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri.

Palästinenserpräsident Abbas fordert von Israel die Anerkennung der Grenzen von 1967. Warum ist diese Forderung für die Palästinenser so wichtig?

Israel hatte 1967 das Westjordanland, Ost-Jerusalem und den Gaza-Streifen besetzt. Die Palästinenser wollen ihren Staat in diesen Gebieten errichten. Den Gazastreifen hat Israel bereits 2005 geräumt. Westjordanland und Ost-Jerusalem aber sind in den vergangenen Jahren zum Ziel jüdischer Siedler geworden. Inzwischen leben dort rund 600.000 jüdische Israelis. Die Siedlungen zerschneiden das palästinensische Gebiet. Völkerrechtlich sind sie illegal. Wenn Israel die Grenzen von 1967 akzeptieren würde, müssten die Siedlungen geräumt werden.

Israelische Siedlung Ofra bei Ramallah im Westjordanland (Foto: REUTERS/Baz Ratner)
Ein Stein des Anstoßes: Israelische Siedlung Ofra bei Ramallah im WestjordanlandBild: Reuters

Wie könnte eine Lösung des Siedlungsproblems aussehen?

Israel will nicht auf seine Siedlungen verzichten. Die israelische Regierung möchte die Siedlungen dauerhaft dem eigenen Territorium zuschlagen. Eine mögliche Lösung wäre ein Landtausch. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat seine Bereitschaft dazu erklärt. Israel lehnt das allerdings bisher ab. Besonders kompliziert ist die Situation in dem von Israel besetzten und annektierten Ost-Jerusalem. Dort leben inzwischen rund 200.000 israelische Siedler. Israel betrachtet Jerusalem als seine "ewige und unteilbare" Hauptstadt. Dagegen wollen die Palästinenser Ost-Jerusalem zur Hauptstadt ihres eigenen Staates machen.

Was ist mit den palästinensischen Flüchtlingen?

In den Nachbarländern leben rund fünf Millionen Palästinenser. Die meisten sind Nachkommen der rund 760.000 Palästinenser, die im Zuge der Staatsgründung Israels 1948 flohen oder vertrieben wurden. Die palästinensische Führung besteht offiziell auf einem Rückkehrrecht für die Flüchtlinge und ihre Nachkommen - auch auf das Territorium Israels. Dadurch würden die Juden in Israel zur Minderheit werden. Die israelische Regierung ist gegen ein Rückkehrrecht. Stattdessen sollen die Flüchtlinge in einem palästinensischen Staat unterkommen.

Wie steht es um eine Ein-Staaten-Lösung - also dass Israelis und Palästinenser in einem gemeinsamen Staat leben?

Gegen sie sprechen sich sowohl Israelis als auch Palästinenser mehrheitlich aus. Nach einer Umfrage der Hebräischen Universität in Jerusalem aus dem Jahr 2013 lehnen 63 Prozent der Israelis sowie 69 Prozent der Palästinenser eine solche Lösung ab.