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Politik

US-Russland-Sanktionen mit Fessel für Trump

Michael Knigge
25. Juli 2017

Der US-Kongress hat verschärfte Strafmaßnahmen gegen Russland verabschiedet - die Präsident Trump später nur schwer revidieren könnte. Das Gesetz droht auch, die transatlantischen Beziehungen weiter zu belasten.

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USA Kapitol in Washington
Bild: picture-alliance/dpa

Neue Sanktionen gegen Russland, Iran und Nordkorea

Das US-Repräsentantenhaus hat nahezu einstimmig neue Sanktionen gegen Russland gebilligt. Die Strafmaßnahmen sollen wegen der mutmaßlichen russischen Hackerangriffe während des US-Wahlkampfs sowie der Annexion der Krim-Halbinsel verhängt werden. Das Paket sieht vor, dass die bestehenden Sanktionen gegen Moskau punktuell erweitert und ausgebaut werden. Zugleich stimmte die Kongresskammer auch für neue Sanktionen gegen den Iran und Nordkorea.

Präsident an der kurzen Leine des Parlaments

In ungewohnter Eintracht waren die angestrebten Strafmaßnahmen von den Verhandlungsführern im Kongress parteiübergreifend vorangebracht worden. Besonders pikant: Sie schränken die Vollmachten des US-Präsidenten ein, die Sanktionen später von sich aus zu lockern. Denn ein zentraler Abschnitt des Gesetzes verlangt von Trump, erst die Zustimmung des Kongresses einzuholen, ehe er Änderungen der bestehenden Sanktionen gegen Moskau erwirken könnte. Der Präsident läge damit an der kurzen Leine des Parlaments.

Deutschland | Hamburg - G20 Donald Trump und Vladimir Putin
Donald Trump und Wladimir Putin beim G20-Gipfel in HamburgBild: picture-alliance/AP Photo/E. Vucci

"Eine außergewöhnliche Entwicklung"

Das Weiße Haus hatte sich ursprünglich gegen die neuen Maßnahmen gewandt, signalisiert nun aber vorsichtig Zustimmung. Theoretisch könnte der Präsident gegen das Gesetz sein Veto einlegen. Das allerdings könnte der Kongress mit der parteiübergreifenden Mehrheit wieder aushebeln. Dann müsste das Weiße Haus gegenüber dem Parlament umfassend die Änderung der Sanktionen begründen. Der Legislative blieben dann 30 Tage Zeit, um Trumps Anliegen anzunehmen oder abzulehnen.

Innenpolitisch ist das eine "ziemlich außergewöhnliche Entwicklung" sagt Jeffrey Anderson, Direktor des Zentrums für deutsche und europäische Studien an der Georgetown-Universität. Dass ein republikanisch kontrollierter Kongress - und insbesondere das Repräsentantenhaus, in dem Trump viele Unterstützer hat - einwilligt, dem Präsidenten die Hände zu binden, wäre vor einigen Monaten kaum vorstellbar gewesen. "Das ist ein Zeichen, wie eingeengt Trump beim Thema Russland ist", so Anderson.

"Noch einiges an Arbeit"

"Solange der Deal noch nicht steht, haben wir noch einige Arbeit vor uns," sagte Senator Bob Corker  vor Reportern, er weigerte sich aber, ein Zeitfenster für die Verabschiedung des Gesetzes zu nennen.

Anders als bei anderen Themenfeldern, bei denen Trump von alten Grundlinien konservativer Politik abwich, etwa bei der Einwanderung oder dem Freihandel, ist die republikanische Basis in diesem Fall nicht auf seiner Seite, sagt Marc Lendler, Politologe am Smith College. Wenn es um Russland geht, seien die Republikaner eher bereit, sich mit dem Präsidenten anzulegen und rote Linien einzuziehen.

Ursprünglich gegen den Iran gerichtet

Während die ersten drei Runden der Russland-Sanktionen Moskau für die Annexion der Krim und die Einmischung in der Ostukraine abstrafen sollten, sind die neuen Strafmaßnahmen auch Ausdruck des Unbehagens im Kongresses - angesichts der Zurückhaltung Trumps gegenüber Russland und seiner offensichtlichen Sympathien für Putin.

Ursprünglich war das Sanktions-Gesetzespaket mit Zielrichtung gegen den Iran geschnürt worden. Die auf Moskau gerichteten Bestrafungen kamen erst nachträglich dazu, während zugleich immer neue mögliche Verbindungen zwischen Trumps Umfeld und Russland ans Licht kamen.

Deswegen, meint Lendler, lässt sich das Gesetzesprojekt auch als Botschaft des Kongresses an Trump lesen: Wenn es um Russland gehe, könne der Präsident nicht auf Kooperation zählen.

Konsequenzen über den Atlantik

Die inneramerikanische Debatte um Trumps Beziehungen überlagerte indes, wie stark das neue Gesetzesvorhaben auch das ohnehin stark strapazierte transatlantische Verhältnis weiter belasten könnte. Denn europäische Unternehmen sind deutlich stärker auf gemeinsame russisch-amerikanische Projekte im Energiesektor angewiesen. Vor allem sie träfe ein Passus, der Strafen für Unternehmen vorsieht, die Russland beim Bau von Pipelines unterstützen.

Russland Gasförderung Wladimir Putin
Russlands Präsident Putin bei der Einweihung einer Gaspipeline in Wladiwostok (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/D. Astakhov

Entsprechend kommt aus Österreich und Deutschland, also Ländern mit jeweils großen Energiekonzernen, Protest gegen das Gesetzesvorhaben. Die deutsche Bundesregierung befürchtet, dass das Gesetz den Weg zu Sanktionen auch gegen deutsche Unternehmen ebnen könnte. Diese könnten ebenso wie Firmen in anderen europäischen Ländern wegen gemeinsamer Projekte mit Russland wie etwa der Erdgaspipeline Nord Stream II von Strafmaßnahmen betroffen sein. Deswegen droht die EU ihrerseits mit möglichen Vergeltungsmaßnahmen, sollten europäische Firmen mit US-Strafen belegt werden.

Fehlende Absprachen

Der gegenwärtige Zustand entfremdet die USA und Europa weiter. "Das ist unproduktiv und unnötig", sagt Stephen Larabee, Experte für europäische Sicherheit bei der Rand Corporation. Er wirft der Trump-Regierung vor, in dieser Angelegenheit ihre Hausaufgaben nicht gemacht zu haben. "Natürlich hätten sie sich dabei mit Europa abstimmen müssen. Das aber hätte eine Abstimmung zwischen Weißem Haus, Außen- und Finanzministerium erfordert - und die gibt es nicht."

Bei früheren Russland-Sanktionen hätten die USA und die europäischen Partner gut zusammengearbeitet, ergänzt Jeffrey Anderson. Das enge Verhältnis von Merkel und Obama sei dabei entscheidend gewesen. Das gebe es heute nicht mehr. Stattdessen werde auch hier eine Art "America-First-Politik" betrieben, so Anderson, wobei jene an erster Stelle stehen, die eingeschritten seien, um die US-Demokratie gegen russische Einmischung  zu verteidigen.

Aus Russland selbst hieß es, die Strafmaßnahmen ließen auf absehbare Zeit keinen Raum für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Moskau und Washington. Man werde nicht länger "Perlen vor die Säue werfen", sagte Vize-Außenminister Sergej Rjabkow. Russland habe den USA zudem wiederholt mit Konsequenzen gedroht.