Neuer UN-Botschafter der USA tritt sein Amt beschädigt an
2. August 2005Jedem, der ein neues Amt antritt, gebührt eigentlich eine gewisse Karenzzeit. Die berühmten 100 Tage, in denen man sich ungestört von politischem Störfeuer in seinem neuen Aufgabenbereich orientieren kann. John Bolton wird diese Schonfrist nicht haben. Dazu tritt er sein Amt zu spät und politisch zu umstritten an.
Ohne Beispiel
Bolton ist der erste UN-Botschafter seines Landes, der nicht durch den Senat bestätigt wurde und dem das Vertrauen, der in außenpolitischen Fragen mit entscheidenden Parlamentskammer versagt blieb, weil Präsident Bush seinen Kandidaten um jeden Preis durchsetzen wollte - trotz erheblicher Bedenken von Teilen der US-Öffentlichkeit.
Weil der Senat sich quer legte und sogar Senatoren aus Bushs eigener republikanischer Partei dem Präsidenten in dieser umstrittenen Personalie die Gefolgschaft verweigerten, hat Bush nun zum äußerten Machtmittel gegriffen, das ihm die Verfassung erlaubt, und Bolton in Abwesenheit des urlaubenden Senats, zum UN-Botschafter ernannt.
UNO-Reform
Die Zeit drängte, denn schon im kommenden Monat trifft sich die UNO zu ihrer nächsten Generalversammlung, bei der die umfassendste Reform in der 60-jährigen Geschichte der Vereinten Nationen ganz oben auf der Tagesordnung steht. Von einer Schonfrist kann schon deshalb nicht die Rede sein.
Nun wird Bolton schnell beweisen müssen, dass ihm zu Unrecht der Ruf eines herrschsüchtigen, kompromisslosen, ja ganz und gar undiplomatischen Politikers vorauseilt. Denn die Vereinigten Staaten sind bei ihren Reformabsichten ebenso auf die Unterstützung anderer Staaten angewiesen wie jedes andere Mitglied der Vereinten Nationen.
Eigensinn
Warum aber, so fragen sich viele UN-Mitglieder im Falle Boltons, sollten sie ausgerechnet einen Mann unterstützen, dem es erklärtermaßen vor allem um die Durchsetzung amerikanischer Wertvorstellungen und Interessen geht? Etwa Friedenseinsätze mit robustem UN-Mandat - immer dann, wenn Amerika die Freiheit und die Menschenrechte bedroht sieht.
Das dürfte kaum durchsetzbar sein, zumal die USA bisher einem erweiterten Sicherheitsrat und damit nicht nur Deutschland, sondern auch Indien und den Ländern Afrikas einen ständigen Sitz verweigern, obwohl gerade diese Länder das Hauptkontingent solcher Blauhelm-Einsätze stellen müssten.
Konsequenzen
Auch innenpolitisch könnte Bushs Durchpeitschen Boltons unangenehme Folgewirkungen haben. Die brüskierten demokratischen Senatoren der Opposition könnten sich genötigt sehen, nun erst recht weitere Kandidaten des Präsidenten zu blockieren. Etwa John Robertson, den Bush für die Nachfolge im Amt eines höchsten Richters am "Supreme Court" vorgeschlagen hat.
Bolton kann ohne Zustimmung des Senats ohnehin nur bis Januar 2007 das Amt eines UN-Botschafters bekleiden, Johnson aber wäre auf Lebenszeit ernannt. Der politische Schaden ist entsprechend größer für Bush. Doch der US-Präsident ist sich in der Personalie Bolton selbst treu geblieben. Politische Rückzieher passen nicht zu ihm und vor der UNO hat Bush wenig Respekt.
Da nutzt ihm das zur Schau gestellte Beharrungsvermögen eher. Nach dem Motto: "Seht her, ich bin genauso unnachgiebig wie mein Kandidat. Entweder die UNO akzeptiert unser Personalangebot und reformiert sich nach unseren Vorstellungen oder sie kann uns gestohlen bleiben."
So gesehen war Bushs Machtwort in Sachen Bolton zumindest konsequent.