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Mladic Gerechtigkeit

26. Mai 2011

Genugtuung für die Angehörigen der Opfer und Zukunftschancen für Serbien: Die Verhaftung von Ratko Mladic kam nicht zu spät, um ein grausames Kapitel des Bosnien-Krieges aufzuarbeiten. Verica Spasovska kommentiert.

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Verica Spasovska, Leiterin der DW Mittel-und Südosteuropa-Programme im Porträt (Foto: DW)
Bild: DW

Es ist ein guter Tag für die Gerechtigkeit und der Beginn eines neuen Kapitels für die Geschichte auf dem Balkan. Sechzehn Jahre nach dem Ende des Krieges in Bosnien-Herzegowina wurde mit Ratko Mladic einer der Schlüsselfiguren der Kriegsgräuel gegen bosnische Muslime und Kroaten endlich gefasst. Es hat lange gedauert, aber für die Angehörigen der Opfer des Massakers von Srebrenica sind diese sechzehn Jahre nur ein Wimpernschlag: Das Trauma von Srebrenica, bei dem mehr als 8.000 Männer ermordet wurden, sitzt tief. Dieses Verbrechen und die dreieinhalbjährige Belagerung von Sarajevo wird General Ratko Mladic vorgeworfen. Mit seiner Ergreifung und mit der rechtsstaatlichen Aufarbeitung seiner Schuld ist jetzt endlich die Voraussetzung dafür geschaffen, dass die Angehörigen der Opfer Genugtuung erfahren.

Was sind die Gründe dafür, dass der mutmaßliche Kriegsverbrecher nach so vielen Jahren der Flucht gefasst wurde? Hinter vorgehaltener Hand hatte es schon lange geheißen, dass die Behörden in Serbien seinen Aufenthaltsort kennen. So ist aus Sarajevo zu hören, dass sich die Regierung in Belgrad entschieden hat, Mladic dingfest zu machen, weil der Druck aus Brüssel auf Serbien immer stärker wurde. Denn die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Kriegsverbrechertribunal ist eine wichtige Voraussetzung für den EU-Beitritt.

Tadics Kalkül

Verica Spasovska, Leiterin der DW Mittel-und Südosteuropa-Programme im Porträt (Foto: DW)
Verica Spasovska, Leiterin der DW Mittel-und Südosteuropa-Programme

Präsident Boris Tadic forderte in der Tat als Gegenleistung für die Festnahme Mladics den raschen EU-Beitritt Serbiens. Seine Partei hat drastisch an Zustimmung im Lande verloren und muss um den Verlust der Macht bei den Parlamentswahlen im kommenden Frühjahr bangen. Mit einem EU-Beitritt, der in greifbare Nähe rückt, hofft Tadic innenpolitisch punkten zu können. Gleichzeitig geht er aber auch ein erhebliches Risiko ein: Nach der Festnahme von Radovan Karadzic im Jahre 2008, einem Weggefährten von Mladic, war es zu erheblichen Krawallen in Serbien gekommen. Diesmal hofft Tadic darauf, dass der in Aussicht gestellte EU-Beitritt die Gemüter beruhigen wird.

Diesen Aufwind braucht Tadic dringend. Denn mehr als die Hälfte der Serben sprach sich unlängst noch gegen eine Auslieferung von Mladic aus. In ihren Augen ist er ein Volksheld und kein Kriegsverbrecher. Der Prozess gegen ihn kann jetzt helfen, das letzte dunkle Kapitel in der Geschichte Serbiens und seiner Nachbarn zu beenden. Weil die Geschichte von Mythen befreit werden und die Wahrheit ans Licht kommen kann. Deshalb ist dieser Tag ein guter Tag für Serbien und für seine Nachbarn. Die internationale Justiz kann einmal mehr beweisen: Für Kriegsverbrecher gibt es kein Entkommen. Egal, wie lange es dauert, bis die Häscher zuschlagen.

Autorin: Verica Spasovska

Redaktion: Hans Sproß