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Neun Fakten über die Staatsoper Berlin

Sarah Hucal tlb
29. September 2017

Nach langer Renovierung wird die Staatsoper Unter den Linden jetzt wiedereröffnet. Hier sind Fakten, mit denen Sie bei den Feierlichkeiten glänzen können.

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Die renovierte Staatsoper Unter den Linden in Berlin (Foto: Gordon Welters)
Bild: Gordon Welters

1. Die Staatsoper war einmal das größte Opernhaus Europas

Kein geringerer als Friedrich der Große, ein großer Freund der Künste und Wissenschaften, gab den Bau der Staatsoper einst in Auftrag. 1743 von Friedrichs gutem Freund, dem Architekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, fertiggestellt, war die Hofoper Teil eines groß angelegten Städtebauprojekts, dem Forum Fridericianum, zu dem auch eine Bibliothek, eine Kirche und ein Palais gehörten.

Kaiser Friedrich der Große in einem Ölgemälde. (Bild:picture-alliance/akg-images)
Der Auftraggeber der Staatsoper: Kaiser Friedrich der GroßeBild: picture-alliance/akg-images

Das neoklassische Theater war nach dem Vorbild eines antiken Tempels gestaltet worden und zu diesem Zeitpunkt das größte Opernhaus Europas.

2. Sie ist mehrfach wieder aufgebaut worden

Es heißt, eine Katze hat sieben Leben. Wie viele hat dann die Staatsoper? Das Theater brannte 1843 fast bis auf die Grundmauern nieder und wurde in seinem ursprünglichen Stil wieder errichtet.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Gebäude zweimal massiv beschädigt und anschließend rekonstuiert.

Nachdem 1945 Bomben die Staatsoper das zweite Mal getroffen hatten, wurde der Architekt Richard Paulink mit der Restauration beauftragt; das Opernhaus sollte wieder dem Original aus dem Jahr 1743 entsprechen. Das Resultat war ein ungewöhnlich opulenter Bau nach sozialistischen Standards.

Sowohl für die Neueröffnung 1942 nach der ersten Bombardierung als auch 1955 wählte die Staatsoper Wagners "Meistersinger von Nürnberg" – eine angemessene musikalische Würdigung des Ortes.

3. Die Staatsoper konkurriert in Berlin mit anderen Opernhäusern

Selbst für eine Metropole ungewöhnlich, unterhält Berlin drei staatlich finanzierte Opernhäuser: die Deutsche Oper im früheren Westberlin, die kleinere Komische Oper und die Staatsoper. Das ist mehr als Paris, New York oder London für sich in Anspruch nehmen können.

Die Staatsoper war zu Zeiten der DDR das führende Opernhaus Ostdeutschlands, nach der Wiedervereinigung 1990 wurde sie an die Stadt Berlin übergeben.

Während immer wieder die Frage aufkommt, ob eine Stadt so viele Opernhäuser braucht, können sich die Kulturliebhaber glücklich schätzen.

Baustelle der Staatsoper unter den Linden mit einem Baugerüst. (Foto: picture-alliance / Arco Images / Schoening Berlin)
Überschritten: Ursprünglich sollten die Bauarbeiten drei Jahre dauern, am Ende waren es sieben.Bild: picture alliance/Arco Images/Schoening Berlin

4. Die Staatsoper gastierte einige Jahre in Westberlin

Seit 2010 war das Originalgebäude Unter den Linden für eine umfassende Renovierung geschlossen. Von gelegentlichen Performances auf der Baustelle abgesehen, verlegte die Staatsoper den Großteil der Aufführungen ins Schillertheater im Westen Berlins - nur wenige Meter entfernt von der Deutschen Oper.

Das Ende der Renovierungsarbeiten überschritt den eigentlichen Zeitplan um vier Jahre, dafür soll das Publikum im neuen und verbesserten Bau durch eine atemberaubende Akustik belohnt werden.

Der deutscher Dirigent und Komponist Otto Klemperer hält beide Hände in der Luft und leitet sein Orchester. (Bild: picture-alliance/dpa)
Ins Exil: Dirigent Otto Klemperer floh vor den NazisBild: picture-alliance/dpa

5. Die besten Musiker verließen das Haus im Nationalsozialismus

Nach der Machtergreifung Adolf Hitlers 1933 wurden alle Juden aus dem Ensemble ausgeschlossen. Zahlreiche führende Solisten gingen ins Exil, darunter der Kapellleiter Otto Klemperer.

1934 feierte Alban Bergs atonale Oper "Lulu" ihre Premiere, dirigiert vom musikalischen Direktor Erich Kleiber. Obwohl sie ein Publikumserfolg war, verboten die Nazis das fortschrittliche Stück als "entartete Kunst" und drängten den Komponisten von seinem Posten.

6. Das Haus führte eine lange verloren geglaubte Arbeit eines Holocaust-Opfers auf

Auf der Bühne rief die Staatsoper den Schrecken des Holocausts durch die Oper "Der Kaiser von Atlantis" ins Gedächtnis, die 2013 aufgeführt wurde.

Zu sehen ist das Schauspielensemble der Aufführung "Der Kaiser von Atlantis". (Foto: Barbara Braun)
Verloren geglaubt: "Der Kaiser von Atlantis"Bild: Barbara Braun

Der jüdische Komponist Viktor Ullmann schrieb das Stück, während er im Konzentrationslager Theresienstadt interniert war. Die Handlung erzählt von einem unerträglichen Tyrann und dem unbedingten menschlichen Willen zum Überleben unter düsteren Umständen - und zieht damit Parallelen zum Terror der Nazizeit.

Ullmann wurde in Auschwitz getötet und seine Arbeit war für Jahrzehnte verloren - bis die Partitur plötzlich wieder auftauchte. Die Oper feierte 1976 in Amsterdam ihre Premiere und wurde seitdem weltweit aufgeführt.

7. Die Staatsoper war eine Bühne für Spione

In der DDR wimmelte es nach Erkenntnissen des Historikers Ralf Stabel im Staatsballett von Spionen des DDR-Geheimdienstes. In seinem Buch zum Thema schrieb Stabel, viele Tänzer hätten ihre Kollegen bespitzelt, um die drohende Flucht der besten Tänzer in den Westen zu verhindern. Die Ensemble-Mitglieder waren jedoch nicht als einzige involviert - auch einige der Mitarbeiter im Kartenverkauf und aus dem Management arbeiteten als Agenten.

8. Sie ist berühmt für ihre avantgardistischen Arbeiten

Die Darsteller der Oper "Die Perlenfischer" stehen auf der Bühne der Staatsoper. (Foto: Sophia Kembowski/dpa)
Grenzen überschreiten: Probe von Wim Wenders' "Perlenfischer"Bild: picture-alliance/dpa/S. Kembowski

Die neue Spielzeit beginnt in diesem Jahr mit einer Neuauflage von Schumanns "Szenen aus Goethes Faust", einem eher traditionellen Stück.

Berlins Opernhäuser - die Staatsoper eingeschlossen - stehen im Ruf, innovative Produktionen auf den Spielplan zu nehmen. Gewalt und Nacktheit gelten dafür ebenso als Säulen wie Aufführungen, die Grenzen zwischen der Oper, dem Film und zeitgenössischer Kunst überschreiten.

In diesem Jahr führte der Filmregisseur Wim Wenders hier seine erste Oper "Die Perlenfischer" auf, die der französische Komponist Georges Bizet geschrieben hat.

Dirigent Daniel Barenboim schwingt den Taktstock bei einem Konzert auf dem Bebelplatz in Berlin. (Foto: picture-alliance/Geisler-Fotopress/B. Kriemann)
Auf Lebenszeit: Der künstlerische Leiter Daniel Barenboim leitet sein Orchester 2016 auf dem Bebelplatz bei der "Staatsoper für alle"Bild: picture-alliance/Geisler-Fotopress/B. Kriemann

9. Sie wird von einer zeitgenössischen Größe geführt

In den vergangenen Jahren blühten das Opernhaus und sein Orchester, die Staatskapelle - die drittälteste der Welt -, unter dem Taktstock des argentinisch-israelischen Komponisten Daniel Barenboim regelrecht auf.

Barenboim ist seit 1992 Generalmusikdirektor und Künstlerischer Leiter der Staatsoper, sein Orchester wählte ihn 2000 zum Chefdirigenten auf Lebenszeit. Scheinbar unermüdlich führt der 74-Jährige das Orchester in ein ambitioniertes und anspruchsvolles Programm von Konzerten, Opern und gelegentlichen Open-Air-Performances - so wie am 30. September anlässlich der Wiedereröffnung der Staatsoper mit einem Konzert der Staatskapelle und des Staatsopernchors auf dem Bebelplatz.