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Politik

Neun Jahre Straflager für Kremlgegner Nawalny

22. März 2022

Das Gericht wirft in seinem Urteil Nawalny "groß angelegten Betrug" vor. Der Oppositionspolitiker gilt als bekanntester Kritiker des russischen Staatschefs Wladimir Putin.

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Alexei Nawalny
Alexej Nawalny im Januar aus dem Gefängnis bei einer Gerichtsanhörung per Video zugeschaltetBild: Denis Kaminev/AP Photo/picture alliance

In einem weiteren umstrittenen Prozess gegen den inhaftierten Kremlgegner  Alexej Nawalny hat ein russisches Gericht den 45-Jährigen zu neun Jahren Straflager unter besonders harten Haftbedingungen verurteilt. Zudem soll der Oppositionelle, der als bekanntester Gegner von Präsident Wladimir Putin in Russland gilt, 1,2 Millionen Rubel Strafe (umgerechnet 8200 Euro) zahlen, wie die Agentur Interfax meldete.

In dem als politische Inszenierung kritisierten Verfahren sprach Richterin Margarita Kotowa Nawalny unter anderem wegen Betrugs in besonders großem Umfang schuldig. Der Angeklagte habe sich auf dem "Weg der Täuschung und des Missbrauchs von Vertrauen das Vermögen von Fremden" erschlichen, erklärte Kotowa demnach.

"Putin will Nawalny für immer in Gefängnis halten" 

Das Team des Kremlgegners sieht das Vorgehen der russischen Justiz als weiteren Versuch an, Nawalny mundtot zu machen. Es handele sich um ein von Putin und der Präsidialverwaltung in Moskau gesteuertes Verfahren, sagte die Sprecherin des Oppositionellen, Kira Jarmysch. "Erst hat er (Putin) versucht, Alexej zu töten, und als das scheiterte,  hat er entschieden, ihn für immer im Gefängnis zu halten."

Nawalny-Sprecherin Kira Jarmysch (r.), hier bei einer Anhörung im Moskauer Bezirksgericht Basmanny
Nawalny-Sprecherin Kira Jarmysch (r.), hier bei einer Anhörung im Moskauer Bezirksgericht Basmanny Bild: Basmanny District Court/TASS/dpa/picture alliance

Verantworten musste sich der zweifache Familienvater diesmal wegen angeblicher Veruntreuung von Geldern für seine inzwischen in Russland verbotene Anti-Korruptionsstiftung und wegen Beleidigung einer Richterin in einem früheren Verfahren. Nach Angaben seines Teams hatten ihm bis zu 15 Jahre Haft gedroht. 

Leidensweg des Kremlkritikers seit August 2020

Der Kremlgegner hatte einen Mordanschlag mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok im August 2020 nur knapp überlebt. Präsident Putin wies eine Beteiligung zurück. Die EU hatte wegen des Attentats Sanktionen gegen Russland verhängt.

Nawalny war nach seiner Genesung in Deutschland, wo ihn die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Charité in Berlin besucht hatte, vor mehr als einem Jahr nach Russland zurückgekehrt. Er wurde am 17. Januar 2021 am Flughafen in Moskau festgenommen, weil er gegen Auflagen in einem anderen Strafverfahren verstoßen haben soll. 

Die russische Justiz hatte ihm vorgeworfen, während seiner Genesung in Deutschland in der Heimat gegen Meldeauflagen verstoßen zu haben. Ein Gericht wandelte daraufhin eine Bewährungsstrafe aus einem früheren Verfahren wegen angeblichen Betrugs in Straflager-Haft um. Die mehrjährige Haftstrafe verbüßt er in einem Straflager in Pokrow rund 100 Kilometer östlich von Moskau.

Harte Lagerhaft weit weg von Moskau?

Nawalnys Sprecherin Jarmysch befürchtet, dass er nun als "Wiederholungstäter" eingestuft und in ein Lager mit härteren Haftbedingungen deutlich weiter weg von Moskau gebracht werden könnte. "Es wird dann praktisch unmöglich sein, Zugang und Kontakt zu ihm zu haben." Bisher gelingt es dem Politiker immer wieder, über seine Anwälte Botschaften an die Öffentlichkeit zu bringen. So wurden zuletzt auch Nawalnys Aufrufe zu Protesten gegen Putins Krieg gegen die Ukraine in sozialen Netzwerken verbreitet.

"Nawalny wird sich dieser Herausforderung stellen"

Die Sorge von Jarmysch wird von Sergej Guriew - Professor für Wirtschaftswissenschaften am Zentrum für wirtschaftspolitische Forschung in Paris und ein Freund und Unterstützer Nawalnys - geteilt. Er sei sehr besorgt, dass Nawalny noch mehr leiden müsse, wenn er in eine Hochsicherheits-Strafkolonie verlegt würde, sagte Guriew in einem Interview der Deutschen Welle. Er wisse aber auch, dass Nawalny "ein tapferer und mutiger Mann ist, und ich denke, er wird sich dieser Herausforderung stellen." 

Der Zeitpunkt der Verurteilung Nawalnys sei im übrigen keine Überraschung, so Guriew in dem DW-Interview weiter. Es sei passiert, während die Welt wegen Russlands Einmarsch in die Ukraine wegschaue. Guriew war 2013 aus Russland geflohen. 

sti/se/uh (dpa, afp, ap, rtr, DW)