Neun Journalisten verklagen Bundespresseamt
10. August 2017Ein Sprecher des Berliner Verwaltungsgerichts teilte auf Anfrage mit, die Journalisten wollten nachträglich feststellen lassen, dass der Entzug der Akkreditierung Anfang Juli rechtswidrig war. Die Kläger müssten allerdings noch Begründungen nachreichen. Anschließend erhalte das Bundespresseamt als Beklagter Gelegenheit, schriftlich auf die Vorwürfe zu antworten. Erst danach könne es zu einer mündlichen Verhandlung kommen, mit der aber nicht mehr im laufenden Jahr zu rechnen sei.
Weder das Bundeskriminalamt noch das Bundespresseamt (BPA) hätten bisher stichhaltige Gründe für die Maßnahme gegen die Journalisten genannt, begründete die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalisten-Union, Cornelia Haß, die Klage. "Jetzt müssen die Gerichte klären, ob der Umgang mit unseren Mitgliedern einer juristischen Prüfung standhält. Ich habe da berechtigte Zweifel." Die Akkreditierungen berechtigten zum Betreten bestimmter, gesperrter Bereiche der Hamburger Innenstadt sowie zum Betreten des Pressezentrums, wo auch Pressekonferenzen stattfanden.
Auf dem G20-Gipfel im Juli hatten 32 überprüfte Journalisten kurzfristig ihre Zulassung wieder verloren. Die Namen standen auf einer Liste, die das Bundeskriminalamt (BKA) an die Polizisten an den Eingängen zum Gipfel verteilt hatte. Neun Journalisten mussten ihre Sonderausweise wieder abgeben, unter ihnen ein freier Mitarbeiter des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" und ein fest angestellter Fotograf der Zeitung "Weser Kurier". Bei 23 weiteren Journalisten geschah das nur deswegen nicht, weil sie nicht am Pressezentrum erschienen waren.
Mysteriöse Neubewertung der Sicherheitslage
Ein Sprecher des Bundespresseamtes sagte jetzt auf Anfrage, kein Antrag für eine Akkreditierung sei bis zum Ablauf der Frist aus Sicherheitsgründen abgelehnt worden. Erst während des Gipfels am 6. und 7. Juli habe eine Neubewertung der Sicherheitslage stattgefunden. Darin seien unter anderem "Entwicklungen der Gipfelsituation und der Gegebenheiten im Pressezentrum" eingeflossen. Auf Anraten und in Absprache mit dem Bundeskriminalamt habe das Bundespresseamt dann entschieden, 32 Personen die Akkreditierung zu entziehen.
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums lagen bei 28 der Betroffenen bereits bei der Akkreditierung Hinweise der Sicherheitsbehörden vor. Die Journalisten seien zunächst trotzdem zugelassen worden, bis neue Erkenntnisse dann zum nachträglichen Entzug geführt hätten. In den anderen vier Fällen seien erst nach Akkreditierung im Schnellverfahren Erkenntnisse deutscher Sicherheitsbehörden gemeldet worden, darunter vom Verfassungsschutz. Einer weiteren Mitteilung zufolge standen auf der Liste des BKA verurteilte linksextreme Straftäter und ein mutmaßlicher "Reichsbürger". Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, hatte den Entzug der Akkreditierungen verteidigt. Anders zu handeln, wäre unverantwortlich gewesen, sagte er.
Der nachträgliche Entzug der Akkreditierungen hatte für Kritik und Spekulationen gesorgt. So gab es Vermutungen über eine Einflussnahme ausländischer Geheimdienste, was die Bundesregierung jedoch zurückwies. Nach ihren Angaben stammen die Erkenntnisse allein von deutschen Sicherheitsbehörden. Bundesinnenministerium und Bundespresseamt hatten den betroffenen Journalisten eine schnelle Aufklärung der Hintergründe zugesagt. Bisher sind dazu allerdings keine weiteren Informationen bekanntgegeben worden.
kle/qu (dpa, afp, epd)