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Sieg über Atomkonzern Areva?

Julia Hahn/Gwendolin Hilse27. Mai 2014

Niger ist der viertgrößte Uranproduzent der Welt, doch den Löwenanteil der Gewinne sicherte sich bislang der französische Konzern Areva. Nun hat Niamey neue Regeln für den Abbau durchgesetzt - profitiert die Bevölkerung?

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Niger Uranabbau (Foto: Getty Images)
Bild: Getty Images

Um diese Unterschrift hat die Regierung in Niamey mehr als ein Jahr lang gerungen: Am Montag (26.05.2014) dann hatte der Bergbauminister es schwarz auf weiß: Der französische Atomkonzern Areva baut noch mindestens fünf weitere Jahre im Niger Uran ab - und zwar künftig zu den Konditionen der Regierung in Niamey.

"Nach monatelangen Diskussionen haben wir uns geeinigt", sagte Nigers Minister für Bergbau und industrielle Entwicklung, Omar Hamidou Tchiana, in einer Pressekonferenz. "Mit dem Ergebnis ist jede Seite zufrieden." Jetzt werde ein neues Kapitel in der Geschichte des Uran-Abbaus im Niger aufgeschlagen, betonte Luc Oursel, Vorstandsvorsitzender von Areva.

Uran-Gewinne fließen ins Ausland

Der Areva-Konzern muss künftig statt 5,5 bis zu 12 Prozent Steuern auf das in den Minen gewonnene Uran zahlen - so wie es das nigrische Bergbaugesetz von 2006 verlangt. Für die Regierung in Niamey ist das ein Riesenerfolg, denn bislang profitierte Areva von massiven Steuervorteilen. Der Konzern zahle weder Exportsteuern für das Uran noch Körperschaftssteuer, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters Anfang des Jahres und berief sich dabei auf vertrauliche Dokumente. Laut nigrischem Bergbauministerium gingen dem Staat dadurch jährlich rund 30 Millionen Euro verloren. Niger ist nach Kasachstan, Kanada und Australien der weltweit viertgrößte Uranproduzent.

Niger Niamey Proteste (Foto: DW/Mahaman Kanta)
Ende 2013 demonstrierten viele Bürger gegen den Atomkonzern - Areva sollte endlich mehr Steuern zahlenBild: DWM. Kanta

"Der Staat lässt sich seit Jahren grundlos riesige Geldsummen durch die Lappen gehen", kritisiert der nigrische Aktivist Nouhou Arzika. Er ist skeptisch, ob sich mit dem neuen Vertrag tatsächlich etwas ändert. Denn die beiden Areva-Gesellschaften Somair und Cominak, die das Uran rund um die Stadt Arlit aus dem Boden holen, hatten sich heftig gegen die neuen Spielregeln gewehrt. Nun stimmten sie zu, und bekommen im Gegenzug faktisch die Mehrwertsteuer erlassen.

"Das ist sehr intransparent und wir wissen noch gar nicht, ob die Bevölkerung im Niger und die Arbeiter in den Minen tatsächlich in Zukunft mehr profitieren", so Arzika.

Areva ist mit rund 6000 Beschäftigten der größte Arbeitgeber im Land. Der Energiekonzern baut seit 1968 in Nigers Norden Uran ab, und deckt damit 40 Prozent des gesamten Bedarfs in Frankreich, das nach wie vor fast vollständig auf Atomstrom setzt. Der französische Staat besitzt 80 Prozent der Firmenanteile von Areva und ist damit Hauptaktionär. Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds hat Areva 2013 einen Gewinn eingefahren, der fast doppelt so hoch war wie das Bruttoinlandsprodukt des Niger - insgesamt rund neun Milliarden Euro.

Arm und krank

Wie Peanuts wirken da die 100 Millionen Euro, die der Konzern jetzt zusätzlich für Entwicklungsprojekte im Niger versprach. Von dem Geld sollen etwa Asphaltstraßen zwischen der Uranstadt Arlit im Norden und Tahoua weiter südlich gebaut werden. Doch auf Strom, fließendes Wasser und Arbeit, von der man leben kann, wartet die Mehrheit der rund 17 Millionen Menschen im Land bislang vergebens. Niger belegt den letzten Platz des Human Development Index (HDI) und zählt somit laut Vereinten Nationen zu den ärmsten und am wenigsten entwickelten Ländern der Welt. Mehr als 60 Prozent der Bevölkerung leben hier von weniger als einem Euro am Tag. Dazu kommen die Gefahren für die Gesundheit der Menschen, die in den Uranabbaugebieten leben und arbeiten. Rund um die Minen von Arlit liegen Millionen Tonnen von Abraum - strahlender Müll, der beim Uran-Abbau anfällt.

Areva-Chef Oursel unterschreibt Vertrag mit Nigers Regierung (Foto: DW/Mahaman Kanta)
Niamey hat dem Areva-Konzern - hier vertreten durch Luc Oursel - Zugeständnisse abgetrotztBild: DW/M. Kanta

"Die meisten Menschen wissen doch gar nichts über die Risiken", sagt Idayat Hassan vom Zentrum für Demokratie und Entwicklung im benachbarten Nigeria. "Die radioaktive Verschmutzung in Wasser, Luft und Boden ist hoch, aber wer macht sauber?" Es gäbe zwar internationale Gesetze, aber es mangele am politischen Willen, diese Standards auch umzusetzen, so Hassan.

Bereits 2010 hatten Umweltschützer von Greenpeace in einem Bericht kritisiert, dass die Strahlenbelastung rund um die Minen 500 Mal höher sei als normal. Außerdem decke der Konzern seinen immensen Wasserbedarf mit dem Grundwasser der Region und leite das kontaminierte Abwasser anschließend in naheliegende Seen und Flüsse. In vier von fünf Proben stellten die Aktivisten eine Urankonzentration fest, die weit über dem Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation für Trinkwasser liegt. Dafür bekam Areva 2008 gleich zwei Mal den "Public Eye Award". Damit zeichnen verschiedene NGOs Konzerne aus, die sich ihrer Einschätzung nach besonders verantwortungslos gegenüber Mensch und Umwelt verhalten.

Vorbild für andere Länder?

Der Durchbruch in den Verhandlungen mit Areva sei ein Erfolg, der auch anderen Ländern Mut machen könnte, sich gegenüber ausländischen Investoren durchzusetzen, sagt Hassan. Aber jetzt sei Nigers Regierung am Zug. Präsident Issoufou hatte bei seinem Amtsantritt 2011 versprochen, er werde für wirtschaftlichen Aufschwung sorgen. Er selbst ist Bergbauingenieur, ausgebildet in Frankreich. Zwischen 1985 und 1992 arbeitete er sogar für Areva.

Hassan ist skeptisch: In der ganzen Region, egal ob Nigeria, Niger oder Guinea-Conkary, habe der Rohstoffreichtum noch nicht zu besseren Lebensbedingungen geführt, sagt sie. "Das liegt vor allem an der Korruption, da ist Niger keine Ausnahme. Wie kann denn ein Land einer der größten Uranproduzenten sein und gleichzeitig einer der ärmsten Staaten der Welt?"