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Politik

Nord Stream 2: Was Sanktionen bedeuten

Notker Oberhäuser
13. Dezember 2019

Wieder haben die USA im Streit um das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 Sanktionen verhängt. Diesmal traf es die Verlegeschiffe. Was bedeutet das, und welche Ziele verfolgen derartige Sanktionen? Experten geben Antwort.

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North Stream 2 Bau Russland
Bild: Reuters/A. Vaganov

Kurz vor der Fertigstellung drohen dem Pipeline-Projekt Nord Stream 2 Verzögerungen. Die USA haben Sanktionen gegen Unternehmen verhängt, die an der Verlegung der Gas-Rohre mitwirken. Die Autoren des Gesetzes, der Republikaer Ted Cruz und die Demokratin Jeanne Shaheen, sprechen in einer Mitteilung von verheerenden, gezielten Sanktionen gegen die Firmen.

Vor allem richten sich die US-Sanktionen gegen die Betreiber der Verlegeschiffe, Firmen aus der Schweiz und Italien. "Die italienische Firma ist mit ihren Arbeiten bereits fertig", sagt Sascha Lohmann, von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Damit stehe jetzt das Schweizer Unternehmen Allseas vor der Frage, ob es weitermachen kann. "Die Sanktionsdrohung steht im Raum - und Allseas hat handfeste Interessen auch auf dem US-Markt. Konkret ist das Unternehmen im Golf von Mexiko aktiv", sagt Lohmann.

Ukraine-Gespräche werden belastet

Für Michael Harms, den Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft e.V., sind die US-Sanktionen eine Bedrohung für die Energiesicherheit Europas. "Nord Stream 2 ist ein wichtiges Projekt nicht nur für Deutschland und Russland, sondern für Europa insgesamt", sagt er. Es kompensiere die verringerte Gasförderung in Europa und "trägt als Brückentechnologie dazu bei, dass wir uns in Europa in Bezug auf die Klimaherausforderungen besser aufstellen können", erklärt Harms. Langfristig seien die europäische Industrie und Verbraucher von den US-Sanktionen betroffen.

Infografik Nord Stream 2 Pipeline Europa DE

Gleichzeitig torpedieren die US-Sanktionen die Verhandlungen mit der Ukraine über den Gastransport durch die Ukraine, glaubt Harms. "Aktuell laufen intensive Gespräche zwischen Russland und der Ukraine unter der Vermittlung Deutschlands über die Verlängerung des Gastransits", erklärt er. Die Sanktionen seien eine ernsthafte Belastung für diese Verhandlungen, "weil es auf eine konstruktive Haltung der russischen Seite ankommt". Kritiker des Pipeline-Projekts Nord Stream 2 hatten Russland und Deutschland immer vorgeworfen, sie wollten den Gastransit durch die Ukraine umgehen.  

Sanktionen haben nicht nur ein Ziel

Generell drängt sich der Eindruck auf, dass das Instrument der Sanktionen inflationär eingesetzt wird. So haben allein in diesem Jahr die USA Sanktionen unter anderem gegen die Türkei, den Iran, Nordkorea, Venezuela, Hongkong, Syrien oder Burma verhängt oder verlängert. Startups haben daraus bereits ein neues Geschäftsmodell entwickelt. Mit einer Software, die immer auf den neusten Stand gehalten wird, warnen sie deutsche mittelständische Unternehmen vor dem Inkraftreten neuer Sanktionen oder informieren über das Auslaufen der alten.

Aber was bringen Sanktionen? Das Ziel von Sanktionen sei nicht nur eine Verhaltensänderung, sagt Lohmann. "Gerne schauen Beobachter lediglich auf die Auswirkungen im Zielland der Sanktionen: 'Das Verhalten der russischen Regierung hat sich nicht geändert - ergo bringen Sanktionen nichts.' So einfach ist es nicht", sagt er. „Mit Sanktionen verfolgen Länder eine ganze Reihe von Zielen: So werden Dritte davon abgehalten, Geschäfte mit dem Zielland aufzunehmen." Auch würden Botschaften an die eigene Wählerschaft gesendet: Ich handele, ich tue etwas oder ich verteidige unsere Werte, sagt Experte Lohmann.

Berlin SWP Sascha Lohmann
Sascha Lohmann, SWP: "Eine Reihe von Zielen"Bild: Jens Meyer

Bislang galten die Sanktionen gegen die Apartheid-Politik Südafrikas als Paradebeispiel dafür, was Sanktionen bewirken können. So verurteilten die Vereinten Nationen bereits in den 1950er Jahren die Apartheid-Politik Südafrikas. In den 1970er Jahren stieg der Druck auf das Land: Viele Länder boykottierten jegliche Form des kulturellen Austausches mit Südafrika oder ließen südafrikanische Bürger nicht einreisen. Die südafrikanische Wirtschaft litt in den 1980er Jahren zunehmend an den Handelssanktionen, die Europa und die USA verhängt hatten. Ob es am Ende aber die Sanktionen waren, die zur Abschaffung der Apartheid führten, da ist sich die Wissenschaft nicht sicher. Auch Forscher Lohmann glaubt nicht, dass nur die Sanktionen zum Ende des Apartheid-Regimes führten.