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Kunst verbindet selbst Nordkorea und Südkorea

Elizabeth Grenier rbr
13. Dezember 2018

Teilung, Mauer, Stacheldraht: politischer Alltag zwischen Nord- und Südkorea. Das gemeinsame kulturelle Erbe könnte eine Brücke schlagen und diplomatische Beziehungen fördern. Eine Ausstellung zeigt, wie es geht.

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Nord- und südkoreanische Soldaten überqueren erstmals friedlich die Grenze
Bild: Reuters/South Korean Defence Ministry

Es war eine symbolische Geste: In dieser Woche besuchten Soldaten aus Nord- und Südkorea zum ersten Mal demonstrativ friedlich das gegnerische Territorium. Die Soldaten untersuchten gemeinsam die Demontage von 22 Wachposten - jeweils elf auf jeder Seite - innerhalb der demilitarisierten Zone (DMZ), jener Pufferzone zwischen Nord- und Südkorea. Sie ist weltweit die am stärksten bewachte Grenze. Für den südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in war diese Aktion "ein neuer Meilenstein" in der Geschichte beider Länder, die "in der Vergangenheit unvorstellbar war". Und dennoch ist die Demontage der Posten nur ein Tropfen auf den heißen Stein, denn viele weitere bleiben bestehen.

Symbolische Gesten von Soldaten, die sich die Hand geben und freundlich unterhalten, sollen das Bild verändern, das beide Länder voneinander haben. Das Gemeinsame soll hervorgehoben werden - wie auch in der Ausstellung "Rückkehr von Jeong Seon - Alter Meister, Neue Geister" in Berlin.

Berlin: Kwang Lee, vom Kunstverein 64 e.V.
Kuratorin Kwang Lee: "Jeong Seon war der erste Künstler, der es populär machte, koreanische Landschaften zu malen"Bild: DW/E. Grenier

Ein mythischer Berg

Der Berg Kumgang (dt. Diamantenberg) war schon im Mittelalter eine Inspiration für koreanische Künstler. Jeong Seon (1676-1759) war der Begründer des Malstils "Jinkyongsansu" (dt. wahrer Anblick der Landschaften) und brach damit mit der chinesischen Landschaftsmalerei. "Damals hat sich die gesamte koreanische Kunst an China orientiert. Jeong Seon war der erste Künstler, der es populär machte, koreanische Landschaften zu malen", erklärt die Kuratorin der Ausstellung, Kwang Lee vom internationalen Kunstverein 64.

Da sich der Berg jedoch in Nordkorea befindet, konnten ihn die Südkoreaner, nach der Teilung der Halbinsel 1948, 50 Jahre lang nicht besuchen. Nordkorea erlaubt immerhin seit 1998 südkoreanischen Touristen, den Gipfel zu besuchen.

Geteilte Geschichte erleben

Jeong Seons Ansatz beeinflusst bis heute koreanische Künstler aus dem Norden und dem Süden. Die Berliner Ausstellung in der Vertretung des Freistaates Sachsen ist die erste deutsche Schau, die Werke beider Teile zeigt. Sie präsentiert verschiedene Maler, die sich von den Ideen des alten Meisters inspirieren ließen.

Die Ausstellung in einem Staatsgebäude abzuhalten, zielt darauf, die Beziehungen zwischen Deutschland und Süd- und Nordkorea zu stärken. Deutschlands eigene historische Erfahrung als geteiltes Land und die friedliche Wiedervereinigung sind ein inspirierendes Modell für Nord- und Südkorea.

Berlin: Hartmut Koschyk, Ko-Vorsitzender des Deutsch-Koreanischen Forums
Hartmut Koschyk, Ko-Vorsitzender des Deutsch-Koreanischen ForumsBild: DW/E. Grenier

Zum 30. Jahrestag des Mauerfalls im kommenden Jahr sollen verschiedene Sonderprojekte auf die Verbindungen zwischen den Ländern hinweisen, sagt Hartmut Koschyk, Ko-Vorsitzender des Deutsch-Koreanischen Forums. Ein Beispiel: das digitale Spiel "Mauerspechte - von der DMZ zur Berliner Mauer". Das Spiel macht das Thema Grenze interaktiv erlebbar. Die Spielerinnen und Spieler schlüpfen in die Rolle von Journalisten und müssen eine Zeitung mit Nachrichten rund um die entmilitarisierte Zone in Korea und die Berliner Mauer zusammenzustellen.

Künstlerisch Brücken bauen

Kwang Lee kam vor 20 Jahren zum ersten Mal nach Deutschland, um Kunst in Europa zu studieren. Erst der Künstler Markus Lüpertz, der an der Düsseldorfer Kunstakademie lehrte, brachte sie dazu, über ihre Identität, koreanische Traditionen und die Gemeinsamkeiten in der deutschen und koreanischen Geschichte nachzudenken.

Diese Parallelen existieren laut Kwang Lee auch in der Kunst: Wie in der ehemaligen DDR, so Kwang Lee, würden die Künstler aus Nordkorea unter strenger Kontrolle des Regimes arbeiten und die offizielle Ideologie des Staates fördern. Zum Beispiel seien die Landschaften nordkoreanischer Künstler "nicht so persönlich" wie die südkoreanischen Interpretationen, sagt sie. Die nordkoreanischen Kunstwerke dienten eher als direkte Demonstration der Stärke dieser Berge, so die Kuratorin.

Holzschnitt Yeon-Bok Yoo, DMZ
"DMZ" steht für die demilitarisierte Zone zwischen Nord- und SüdkoreaBild: Kunstverein64 e.V.

Nordkoreanische Künstler arbeiten hauptsächlich in einem riesigen Komplex in Pjöngjang, dem Mansudae Art Studio, das im Grunde eine der größten Kunstfabriken der Welt ist. Rund 1.000 Künstler und 3.000 Assistenten produzieren Werke für das Regime von Kim Jong Un. Sie fertigen Propaganda-Denkmäler und Gemälde an, aber auch die von allen Nordkoreanern getragenen Kim-Anstecker.

Die Art und Weise, wie Kunst in beiden Teilen Koreas gemacht wird, ist unterschiedlich, doch die Hoffnung, dass ein gemeinsames kulturelles Erbe zur Verbesserung der diplomatischen Beziehungen beitragen kann, verbindet. Bei seinem Besuch bei Kim Jong Un in Nordkorea im vergangenen September wurde der südkoreanische Präsident Moon Jae-in durch das riesige Kunststudio geführt. Ins Gästebuch schrieb Moon: "Ich wünschte, Kunst wäre eine Brücke, die Süd- und Nordkorea miteinander verbindet."

Die Ausstellung "Rückkehr von Jeong Seon - Alter Meister, Neue Geister" läuft bis zum 30. Januar 2019 in der Vertretung des Freistaates Sachsen in Berlin.